Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
zögerte. „Ist er noch am Leben?“
„Ja, es geht ihm gut. Er arbeitet jetzt in der Färberei und nicht mehr auf dem Feld.“
„Das war ein schöner Mashim“, seufzte sie inbrünstig auf und starrte an die Wand, als hätte sich dort ein Bild vom jungen Dante manifestiert. Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen, als sie plötzlich befahl: „Bring mich zu ihm.“
Kapitel 16
„Wie bitte?“ Ich riss die Augen auf.
„Na los, schwing die Hufe!“ Das war schon eher die Philippa, die ich kannte, aber was sie dem hinzusetzte, passte nicht: „Hol den Rollstuhl und fahr mich zu Dante. Hurtig!“
„Philippa, das geht nicht. Ich muss hier im Krankenhaus bleiben, falls Taminee mich braucht.“
„Unsinn. Die verwirrte Schnecke wird gar nicht bemerken, wenn wir kurz weg sind.“
„Aber es ist viel zu spät!“
„Es kann nicht später als elf sein. Das ist keine Zeit für Dante, er hat früher die halbe Nacht vor meinem Fenster verbracht und zu mir hinaufgestarrt.“
Ich musste mich setzen. „Wenn du ihn so toll fandst, warum hast du seinem Werben dann nicht nachgegeben?“
„Bist du so dämlich oder tust du nur so? Ich bin eine Amazone! Was hätte ich denn tun sollen? Aber jetzt, wo sie mich einfach hierher abgeschoben haben, tanze ich nicht mehr nach ihrer Pfeife. Es kümmert ohnehin niemanden mehr, was ich tue und lasse. Los jetzt, Bastardprinzessin.“
„Nenn mich nicht so!“, fuhr ich sie an.
Sie sah mich listig an. „Aha. Ein Druckmittel. Ich werde allen erzählen, dass du eine Bastardamazone bist, wenn du mich nicht augenblicklich zu Dante bringst.“
Empört holte ich Luft. „Das ist unglaublich.“
„Ich mache ernst. Bastardprinzessin.“ Daran ließ ihr entschlossener Gesichtsausdruck keinen Zweifel.
Ich sah meine Felle davonschwimmen und gab nach. „Na gut. Aber Taminee nehmen wir mit. Weiß Artemis, was sie sonst anstellt.“
Keine fünf Minuten später war ich mit den beiden alten Damen in der Halle angelangt. Philippa hatte ich in ihren Rollstuhl verfrachtet und mit einer Wolldecke zugedeckt, Taminee trug ihren besten Schlafrock und Winterpantoffeln und schien sehr aufgeregt über unseren kleinen Ausflug zu sein.
„Seid leise, okay? Ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich das hier erklären soll, wenn uns jemand entdeckt …“
„Das ist dein Problem. Wenn wir erwischt werden, schiebe ich alles auf dich und deine zweifelhafte Herkunft, Bas-“
„Ruhe jetzt!“, zischte ich leise und rollte sie auf die gläsernen Schiebetüren zu.
Sie glitten zurück – und in diesem Moment trat Tetra aus dem Produktionsgebäude gegenüber. Wir erstarrten, deutlich sichtbar in der hellerleuchteten Halle. Aber sie sah nicht zu uns herüber, sondern ging schnellen Schrittes über den Hof und verschwand in der Kardia. Ich atmete auf und schob Philippa in Windeseile zum Weg, der zu den Arbeiterquartieren führte. Taminee wackelte brav hinter uns her. Die Räder des Rollstuhls knirschten viel zu laut auf dem Kiesboden, fingen sogar leicht zu quietschen an. Ich schwitzte Blut und Wasser und als wir endlich vor Dantes Hütte standen, machte ich drei Kreuze. Doch schon kamen neue Zweifel auf. Nicht nur Dante wohnte da, sondern auch Louis. Und ich war definitiv nicht in der Verfassung für eine herzzerreißende Begegnung …
„Klopf schon an“, knurrte Philippa ungeduldig. „Ich bin alt! Siehst du nicht, dass mir die Zeit davonläuft? Also, hast du schon mal so eine verschlafene Trantüte gesehen!“
Bevor sie das ganze Viertel zusammenschreien und mich der Mut vollends verlassen konnte, ging ich die Stufen zur Tür hinauf und klopfte an. Taminee folgte mir und setzte sich gemütlich auf die Bank, die auf der kleinen Veranda stand.
Louis öffnete. Er sah gut aus. Gut und überrascht und wütend und mein Herz blieb stehen. Nur kurz.
„Was –“
„Ist Dante noch wach?“, fragte ich geschäftsmäßig, um sofort klarzustellen, dass es nicht um uns ging.
„Ja?“ Seine Verwirrung wuchs zusehends, als er einen Blick auf meine beiden Begleiterinnen warf.
Ich half Philippa aus dem Rollstuhl und die Stufen hinauf. Louis trat auf die Veranda, damit ich sie durch die Tür bugsieren konnte.
„Dante? Du hast Besuch.“ Ich ließ Philippa am Tisch gegenüber von Dante hinsetzen, der sie wie vom Donner gerührt ansah, dann machte ich, dass ich wieder nach draußen kam. Den Rest mussten die beiden selbst hinbekommen. Louis schien zu derselben Einsicht zu kommen, er blickte etwas ratlos zu
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