Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
Schlacht und … Ein kleines Lächeln stahl sich auf meine Lippen, das so schnell verschwand, wie es gekommen war.
Ich konnte mich nicht überwinden, Atalantes Kleidung anzuziehen, und ich schätze, ich wirkte selbst ziemlich durchgeknallt, als ich, in wallende weiße Handtücher gehüllt, im Zimmer hin- und hereilte und alle Regale durchsuchte, bis ich auf eine Schale mit Erdnüssen stieß. Sie waren alt und verstaubt, aber ich schlang sie hinunter, als gäbe es kein Morgen.
Vielleicht gibt es kein Morgen, dachte ich düster, während ich mich an die Wasserleitung hängte und den leicht ranzigen Geschmack der Nüsse mit ein, zwei Litern Wasser hinunterspülte.
Zurück im Schlafzimmer, dessen ursprüngliches Chaos ich durch meine Nahrungssuche noch vermehrt hatte, sah ich mich erneut um. In meinem Hinterkopf klopfte eine Erinnerung an, aber ich war so durcheinander, dass ich einen Augenblick brauchte, bis ich begriff, worin sie bestand.
Die Clans. Wenn Atalante wirklich schriftliche Informationen über sie besaß, mussten sie hier sein. Irgendwo. In diesem Durcheinander. Ich wusste, dass es mir nicht möglich war, Louis im Moment zu helfen. Aber vielleicht konnte ich meine unsägliche Situation dafür nutzen, Anhaltspunkte über den Verbleib seiner Familie väterlicherseits zu finden, die ihm zumindest später helfen konnten.
Eilig, aber erfolglos wühlte ich mich durch einen hohen Papierstapel, der unter dem Nachttisch lag, und gefühlte zwanzig kleinere auf dem Tisch und im Schrank. Ein Buch nach dem anderen zerrte ich aus dem Regal, blätterte es durch und warf es danach achtlos zur Seite. Anschließend nahm ich mir die Kommode vor. In der untersten der vier Schubladen kam mir schließlich ein dickes Buch unter, dessen titelloser dicker Ledereinband fleckig und abgegriffen war, genauso wie der Schnitt, der seitlich fünf Register aufwies. Diese waren handschriftlich mit den römischen Ziffern I bis V gekennzeichnet.
Aufregung kribbelte mir durch den Bauch. Ich dachte an eine Notiz, die ich einige Monate zuvor in Atalantes Jahresbuch entdeckt hatte.
Leonore • V S.
Ich schlug das Buch dort auf, wo der Abschnitt V begann. Das griffige Papier hatte eine grobe Struktur und die geschwungene Schrift, die es bedeckte, wirkte altertümlich und war schwer zu entziffern, obwohl sie sehr ordentlich aussah. Die Seite war in Großbuchstaben mit dem Wort SAVERI überschrieben. Darunter, kleiner, Riparbaro .
Und wiederum darunter … Namen. Frauennamen, fein säuberlich untereinander aufgereiht. Durch einen feinen Strich wurden sie von Daten abgetrennt, die rechts davon standen. 12. Tag im Blütenmond 5722. 19. Tag im Fliedermond 5722. 2. Tag im Fliedermond 5722. Immer wieder Fliedermond und Blütenmond, bisweilen auch Regenmond und seltener ganz andere Monde. Bei etwa der Hälfte der Zeilen waren die Daten eingeklammert. Doch nicht alle der Zeilen waren beschriftet, ein paar waren ganz leer. Und vier zeigten neben dem Datum ein kleines, hochkant stehendes Kreuz. Daneben eine weitere Namenspalte, die jedoch auch nur zum Teil gefüllt war.
Die Daten erschlossen sich mir als Geburtstage, die ohne Klammern als die der Mädchen, deren Namen daneben aufgeführt waren, die eingeklammerten als die der namenlosen, abgeschobenen Jungen. Die leeren Zeilen zeigten an, dass kein Kind empfangen wurde. Und die kleinen Kreuze … das waren offenbar die Kinder, die es nicht geschafft hatten, am Leben zu bleiben.
Klopfenden Herzens schlug ich weitere Seiten um. Die Handschriften veränderten sich im Laufe der Jahrhunderte, die kleinen Kreuze wurden seltener, doch die Systematik blieb gleich.
„Zu welchem Jahr muss ich?“, überlegte ich laut und versuchte, mich zu konzentrieren. Diese Jahreszahl-Verschiebung zwischen dem Amazonenkalender und dem gregorianischen Kalender bereitete mir immer noch Kopfzerbrechen.
6304 … 6305 … 6306
Und dann fand ich es.
Leonore | 2. im Blütenmond 6306 †
Laut diesen Aufzeichnungen hatte Leonore also am 2. Tag des Blütenmonds ein Mädchen geboren, das gestorben war. Aber ich wusste es besser … Stand das S für Saveri ? War das der Name des Clans? Ich versuchte mich daran zu erinnern, was bei Maja gestanden hatte. Sie hatte ich ebenfalls als Louis' mögliche Mutter in Betracht gezogen, bevor ich in Erfahrung bringen konnte, dass sie gar kein Kind bekommen hatte.
Maja • II R.
Wieder begann ich zu blättern, diesmal nach vorne. Abschnitt II. 6306. Maja. Daneben eine leere Zeile ohne
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