Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
war in sich zusammengesackt. Seine blutverschmierten, zusammengebundenen Hände waren von der Wunde gerutscht und offenbarten den Riss in seinem Hemd und den großen feuchten Fleck auf dem Stoff rund herum. Ich ging in die Hocke, leuchtete dem Bärtigen direkt mit der Taschenlampe ins Gesicht und drückte ihm die Schneide an den Hals.
„Was hattet ihr vor?“, zischte ich.
Er blinzelte, versuchte, dem grellen Licht auszuweichen, aber ich verfolgte ihn mit dem Lichtkegel.
„Was macht ihr hier?“, fragte ich weiter. „Wen spioniert ihr aus?“
Der Typ schwieg, wirkte aber in keinster Weise beeindruckt. In seiner Miene konnte ich immer noch Reste seiner ursprünglichen widerwärtigen Selbstüberschätzung erkennen.
Er nimmt mich nicht ernst, stellte ich fassungslos fest. Ich musste stärkere Geschütze auffahren.
„Du glaubst, ich ziehe das nicht durch.“ Mit einem schnellen Blick auf Bunck stellte ich sicher, dass dieser immer noch ohnmächtig war. „Dann sieh dir mal deinen Kollegen an. Der war auch nicht besonders kooperativ.“
Ich drückte den Dolch etwas fester gegen seine Halsschlagader, lenkte seinen Kopf zur Seite, sodass Bunck in sein Blickfeld geriet. Die Hybris wich gemeinsam mit der Farbe aus seinem Gesicht. Bevor er realisieren konnte, dass sein Kumpel noch atmete, riss ich ihn an den Haaren wieder zu mir herum.
„Also? Was ist hier los?“ Als immer noch nichts kam, verlieh ich meiner Forderung mit dem Dolch etwas Nachdruck. Er zuckte zurück, kam mir aber nicht aus, da ich immer noch seinen wirklich ekelerregenden Haarschopf in der Hand hatte. Ich sah, dass ich bereits die Haut angeritzt hatte. Ein kleiner Tropfen Blut rann ihm in den Kragen. Dann noch einer. Und noch einer. In immer schnellerer Folge tropften sie herab und sowohl Bob als auch ich wurden langsam nervös.
„Jetzt sag schon.“
„Wir waren lediglich zufällig in der Gegend“, knurrte er schließlich. Ich atmete auf und reduzierte den Druck des Dolchs etwas.
„Klar.“
„Wirklich. Wir sahen die Felder und folgten den Karren, bis wir das Kraftwerk fanden. Und euch Walküren.“
Ich entschloss mich, diesen Fauxpas großmütig zu ignorieren. „Und dann?“
„Heng und ich sahen uns das Gelände genauer an. Bunck blieb zurück, um die Gefilde hier zu inspizieren.“
„Und mein Pferd zu stehlen.“
Der Bärtige zuckte mit den Schultern. „Sei's drum.“
„Und weiter?“
„Nichts.“
Ich sah mich gezwungen, noch etwas Blut herabtröpfeln zu lassen, bis Bob wütend hervorstieß: „Herrgott, wir dachten, es gäbe vielleicht etwas zu holen.“
„Und?“
„Nichts und ! Wir kehrten zurück und den Rest kennst du.“
„Wie lang seid ihr schon hier?“
„Vor ein paar Wochen waren wir schon mal in der Gegend und haben uns ein bisschen umgesehen, aber wir sind erst vor zwei Tagen wieder hierher gekommen.“
Die Erkenntnis goss sich wie ein Eimer kalten Wassers über mir aus. Die Männerstimmen in der Nacht, bevor Louis mich gefunden und mir seine Liebe gestanden hatte. Keine Einbildung, keine Ausgeburt meines verwirrten Geistes, sondern, kaum weniger beunruhigend, bittere Realität.
„Wie viele seid ihr?“
„Wie viele?“ Bob sah mich irritiert an. „Drei. Nun, jetzt wohl zwei.“ Er sagte das ohne großes Bedauern. Anscheinend war das Trio eine reine Zweckgemeinschaft, die Verluste als gegeben hinnahm.
Ich drehte Bobs Arm herum, sodass die Tätowierung sichtbar wurde. „Ihr wart nur zu dritt, habt aber ein Bandentattoo?“, fragte ich ungläubig. Das Wort Cheops stand auch auf seinem Unterarm, wie bei Bunck unterbrochen von der schwarzen Pyramide.
„Das ist alt.“
Mein Blick suchte Louis'. Spricht er die Wahrheit?
Seine Kopfbewegung sagte: Frag weiter.
„Wo ist euer Lager?“
Er machte eine vage Kopfbewegung gen Norden.
„Wo da?“, bohrte ich weiter.
„Zwischen ein paar Felsen, wenige Meter vom Fluss entfernt. Etwa zwanzig Minuten Fußmarsch von hier“, beschrieb er unwillig.
„Was war der Plan? Wieso seid ihr zurückgekommen? Was hättet ihr gemacht, wenn ich euch nicht … gestoppt hätte?“
„Es gab keinen Plan, verdammt“, sagte Bob heftig.
Mehr Druck auf den Dolch, mehr Blut. Er begann zu schwitzen. Ich auch.
„Was erwartest du von mir, Mann … Mädchen!“, verbesserte er sich. In seinen Augen sah ich ein Quäntchen Panik aufflackern. „Zu dritt wären wir nie in diese Festung gekommen. Soll ich dir jetzt erzählen, dass wir einen eurer Karren überfallen wollten, um
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