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Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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aber Louis winkte ab.
    „Notwehr“, erklärte er. „Außerdem sind die Typen zäh. Mach dir keine Sorgen.“
    „Meinst du, sie kommen wieder?“
    „Vorerst bestimmt nicht.“
    Plötzlich hatte ich eine Idee. „Morgen suche ich ihr Lager. Dann kann ich Atalante wenigstens davon erzählen. Sie muss doch zumindest erfahren, dass sich hier Vatwaka herumtreiben.“
    „Gut. Ich komme mit.“
    „Gut.“
    Auch das war vielleicht ein stillschweigender Kompromiss. Er verzichtete darauf, mich darauf hinzuweisen, dass er es für zu gefährlich hielt, mich alleine dorthin gehen zu lassen, und ich band ihm dafür nicht auf die Nase, dass ich seines Schutzes nicht bedurfte.
     
    Wir verbrachten den Rest der Nacht am Fluss. Ich war hundemüde und wusste, dass Polly vor Sorge und Ärger vermutlich im Viereck sprang und die durchwachte Nacht tags drauf ihren grausamen Tribut fordern würde, aber ich konnte mich nicht von Louis losreißen. Seine Nähe beruhigte mich mehr denn je und ich brauchte Zeit zum Nachdenken, die ich zu Hause nicht hatte.
    Erst als der Himmel hinter den Bäumen jenseits des Flusses heller wurde und die Sterne verblassen ließ, brachen wir auf. Hand in Hand schlugen wir uns durch das Gebüsch, bis wir wieder an die Stelle kamen, an der Stunden zuvor der Kampf stattgefunden hatte. Wir pfiffen nach unseren Pferden, die brav angetrabt kamen, aber auch etwas müde wirkten. Ich konnte vor Erschöpfung kaum noch laufen und fiel halb über einen großen weichen Gegenstand, der auf dem Boden lag. Hengs Rucksack aus olivgrüner LKW-Plane. Ich hatte keine Kraft, mich jetzt mit dessen Inhalt zu befassen, deswegen setzte ich ihn einfach auf und schwang mich auf den Rücken meiner Aspahi.
    „Wer zuerst?“, fragte ich Louis.
    „Du. Ich reite direkt zum Feld, alles andere wäre Zeitverschwendung.“
    „Oh“, sagte ich und fühlte einen Stich schlechten Gewissens. „Das tut mir leid.“ Ich musste ja nur im Klassenzimmer und in der Bibliothek rumhängen und versuchen, die Schnarchgeräusche leise zu halten. Aber die Aussicht auf zwölf Stunden Feldarbeit hätte mir jetzt den Rest gegeben.
    „Wieso?“ Louis hatte Boreas am Zügel zu mir geführt und sah mit einem Strahlen zu mir auf, das meinen Salsaschmetterlingsschwarm in wilden Aufruhr versetzte. „Ich hatte einen in großen Teilen sehr angenehmen Abend mit der tollsten Amazone der Welt. Und wenn alles nur ein Traum war, war es der Beste, den ich je hatte.“
    „Du lernst schnell.“ Ich beugte mich zu ihm herab und küsste ihn. „Bis bald.“
    Ich musste mich zwingen, mich von ihm loszureißen, aber das anschwellende Gezwitscher der Vögel machte mir mit aller Deutlichkeit klar, dass es höchste Zeit war, heimzukehren.
    Erleichtert stellte ich fest, dass die Stadt noch schlief, abgesehen von den zwei Wächterinnen, die mich am Tor neugierig musterten. Der Hof lag noch verlassen vor mir, als ich aus dem Stall trat. Trotzdem warf ich mir sicherheitshalber einen Zipfel meines Umhangs so über die Schulter, dass die Würgemale von dem weichen Leder verdeckt wurden. Ich huschte ins Haus und schlich lautlos die Treppe hoch. Oben angelangt wandte ich mich nach links, um zu unserem Zimmer zu laufen, sah auf und blieb wie angewurzelt stehen.
    Atalante stand vor mir. Sie hatte ihre Arme verschränkt und musterte mich mit finsterer Miene. Obwohl sie blass war und Schatten unter den Augen hatte, die tags zuvor noch nicht dagewesen waren, gelang es ihr, eine so deutlich spürbare Aura von drohendem Unheil auszustrahlen, dass es mir heiß und kalt zugleich den Rücken hinablief.
    Hinter ihr konnte ich im Türrahmen zu unserem Zimmer Pollys bleiches, schuldbewusstes Gesicht erkennen.
    „Wo warst du?“, fragte meine Mutter mit einer Ruhe, die mir Angst machte.
    Mein müdes Gehirn kämpfte angestrengt gegen die Übernächtigung an. Wo war ich? Wo, verdammt war ich? Ich sah hilflos zu meiner Schwester, aber Atalante stellte sich zwischen uns und unterbrach unseren Blickkontakt.
    „Im Wald“, murmelte ich schließlich erschöpft.
    „Die ganze Nacht?“ Sie zog eine zweifelnde Augenbraue in die Höhe. „Weißt du eigentlich, wie spät es ist? Und was hast du da überhaupt dabei?“ Sie reckte ihren Hals, um den verdreckten grünen Rucksack in Augenschein zu nehmen, den ich immer noch geschultert hatte.
    Ergeben ließ ich ihn zu Boden sinken und plötzlich setzten sich meine grauen Zellen in Gang und in meinen Gehirnwindungen eine Geschichte wie ein Lügenpuzzle zusammen.

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