Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
Um noch etwas Zeit zu gewinnen und weil ich an meiner Mutter nicht vorbei kam, die trotz ihrer kleinen Gestalt mit ihrer Präsenz den gesamten Gang einzunehmen schien, setzte ich mich auf den Boden neben den Rucksack. Sie sah mir erstaunt zu, aber ihre Zornesfalte hatte sich noch nicht geglättet.
„Ich wollte eigentlich nur den Kopf freibekommen von Tetras endlosen Listen und bin Richtung Norden durch den Wald geritten, parallel zum Fluss. Dort habe ich zwischen ein paar Felsen einen fremden Lagerplatz gefunden“, erklärte ich, inspizierte aber eingehend die Riemen des Rucksacks, statt meine Mutter anzusehen. Ich befürchtete, dass sie meine Lügen bemerken würde, wenn ich ihr in die Augen blickte. „Dort habe ich mich umgesehen, aber plötzlich kamen drei Andraket …“
Ich hörte, dass sie scharf die Luft einsog, und wagte doch einen schnellen Blick nach oben. Die Zornesfalte war einigen Sorgenfalten gewichen, aber sie unterbrach mich nicht.
„Ich musste mich schnell verstecken und habe mich hinter einen der Felsen zurückgezogen. Ja, und da saß ich quasi in der Falle, weil es keinen anderen Ausgang als quer durch ihr Lager gegeben hätte. Mit zweien hätte ich es bestimmt locker aufnehmen können, aber drei waren mir dann doch zu viele, um eine Konfrontation zu riskieren.“
„Gut so“, erwiderte Atalante knapp und ich rückte unauffällig meinen Umhang zurecht, um sicherzustellen, dass die wunden Stellen an meinem Hals verborgen blieben.
„Also musste ich abwarten, bis sie heute Morgen ihren Stützpunkt verließen, und konnte dann erst zurückkommen. Den Rucksack haben sie zurückgelassen. Ich weiß nicht, ob er uns etwas nützt.“
„Wo ist dieses Lager?“, wollte meine Mutter wissen.
„Zu Pferde etwa zehn Minuten von der Gumpe am Fluss entfernt.“ Ich betete, dass der Bärtige mich nicht angelogen hatte, als er mir die Stelle beschrieben hatte.
„Das müsste zu finden sein.“ Sie hielt mir die Hand hin und ich ließ mich von ihr hochziehen. Kurz sah sie mir in die Augen und einen Moment lang war ich davon überzeugt, dass sie mich durchschaut hatte, aber dann schlang sie ihre Arme um mich und ich musste einen Schmerzenslaut unterdrücken, als sie meine geschundenen Glieder an sich drückte.
„Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht“, flüsterte sie und in ihrem Blick blitzte kurz die Angst auf, die sie um mich ausgestanden haben musste.
„Es tut mir leid“, erwiderte ich mit belegter Stimme und es war ehrlich gemeint. Es tut mir leid, dass ich dir nicht die Wahrheit sagen kann, dass ich bei Nacht und Nebel herumschleichen muss, dass ich die schönste Erfahrung meines Lebens nicht mit dir teilen kann, aber es sind deine Gesetze, die mich dazu treiben. Nichts davon konnte ich ihr sagen, alles, was ich herausbrachte, war: „Ich wollte dir eine Nachricht senden, aber ich hatte kein Netz.“ Sie blickte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. „Entschuldigung, bin übermüdet.“
„Das ist verständlich. Am besten legst du dich gleich hin. Du bist heute vom Unterricht und deinem Dienst freigestellt.“
Ich bedankte mich und wollte schon in unser Zimmer schlapfen, da fiel mir noch etwas ein. „Ich brauche ein Schwert.“
Atalantes Blick nach zu urteilen erwartete sie noch eine Erklärung, deshalb fuhr ich fort: „Ich sehe nicht ein, mich von diesen Typen in meiner Bewegungsfreiheit einschränken zu lassen, aber so richtig sicher ist es da draußen wohl auch nicht mehr. Mir wäre wohler, wenn ich entsprechend bewaffnet wäre.“
Damit rannte ich offene Türen ein. Atalante nickte und in ihrem fast unsichtbaren Lächeln konnte ich eine Spur von Stolz erkennen. „Ich rede mit Clonie. Geh nachmittags zu ihr, wenn du dich ausgeschlafen hast und besprich die Details mit ihr.“
„Wann hat Atalante meine Abwesenheit bemerkt?“, fragte ich, als ich mit Polly alleine war. Ich wusste, dass ich ein weiteres Mal gegen unsere Abmachung verstieß, wenn ich ihr nicht erzählte, was wirklich passiert war, aber ich brachte es nicht fertig. Ich fürchtete ihren Zorn darüber, dass ich nur wegen Louis keine Verstärkung hatte holen können, und ihre Verachtung dafür, dass ich die Männer am Leben gelassen hatte.
„Uff.“ Polly rollte mit den Augen. „Sie kam irgendwann nach dem Abendessen an und wollte etwas mit dir besprechen, keine Ahnung, um was es ging.“
Vermutlich um meine Arbeit in der Verwaltung, insbesondere die Ausarbeitung meiner Strategie. Ich nickte nur.
„Ich
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