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Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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erworben hatte, aber jetzt legte ich es gar nicht darauf an. Testweise stieg ich auf einen Zweig und sah ihn brechen, aber ich hörte es nicht.
    Oh Göttin, ich bin taub, stellte ich mit Entsetzen fest. Spontane Gehörlosigkeit.
    „Oh Göttin, ich bin taub“, sagte ich und vernahm erleichtert den Klang meiner Stimme, der seltsam hohl in der Stille widerhallte. Dann stimmte wohl etwas mit meinen Füßen nicht.
    Egal, Hauptsache, sie laufen.
    Wohin laufen sie?
    Ich wusste es nicht. Warum war ich überhaupt unterwegs? Warum hatte ich noch gleich den sicheren Hort Themiskyras zu so nachtschlafender Zeit verlassen? Wohin wollte ich?
    Zu Louis. Er würde wissen, was mit dem Wald und meinen Füßen los war. Ich kämpfte mich durch das Dickicht zum Fluss, joggte am Ufer entlang und nahm aufatmend Louis' Silhouette wahr. Er saß auf dem umgestürzten Baumstamm und wartete auf mich, schien mich aber auch nicht zu hören, denn er blickte mir nicht entgegen, sondern ins absolut geräuschlos tosende Wasser. So schnell es ging, balancierte ich über die Rinde der Rotbuche.
    „Louis!“, rief ich. „Meine Füße sind kaputt!“
    Als er zu mir aufsah, wich ich vor Schreck so abrupt zurück, dass ich beinahe die Balance verlor. Es war nicht Louis. Es war Lenno.
    Mit einem Aufschrei wirbelte ich herum, rannte voll Panik zurück in Richtung Ufer, glitt dabei mit meinen defekten Füßen auf dem Baumstamm aus, spürte, wie mir die verwitterte Rinde die Haut am Unterschenkel aufriss, fing mich in letzter Sekunde, bevor ich in den Fluss fallen konnte, hetzte weiter, während meine Gedanken rasten.
    Woher kennt er diesen Ort? Er kann ihn nicht kennen. Niemand kennt ihn! Nur Louis und ich. Wo ist Louis?
    Der Baumstamm war viel länger, als ich ihn in Erinnerung hatte, aber endlich erreichte ich sein Ende, sprang auf den Kiesboden am Flussrand und hastete weiter, ohne mich noch einmal umzusehen. Von hier aus kam ich nicht zurück in den Wald, da Felsen ihn vom Flusslauf trennten, also musste ich erst noch ein Stück weiter stromaufwärts laufen. Die anhaltende Geräuschlosigkeit irritierte mich, ich konnte nicht abschätzen, ob Lenno mir folgte und wenn ja, wie nahe er schon war. Deswegen rannte ich einfach was das Zeug hielt, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass sich mein Herz vor Anstrengung und Angst bald überschlagen würde.
    Endlich hatte ich die Findlinge hinter mich gebracht und konnte in den Wald einbiegen, und mit einem Mal wurde mir ein Detail bewusst, das ich übersehen hatte.
    Lenno ist tot. Er kann gar nicht am Fluss sitzen. Er kann mir gar nicht hinterherlaufen. Wer war das dann, wenn nicht Lenno? Oder, wenn er es war, wo sind wir dann hier? Ist das die Hölle? Ich blieb stehen und sah mich vorsichtig nach meinem potentiellen Verfolger um. Nichts. Nur gespenstische Stille. Aber die Anspannung wich nicht von mir.
    Ich muss weg. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.
    Wohin?
    Nach Themiskyra.
    Wo ist Themiskyra?
    Ich drehte mich wieder um und hielt die Luft an. Etwa fünf Meter von mir entfernt, in einem der Mondlichtflecken auf dem Boden lag eine schlafende Gestalt, die ich zuvor übersehen haben musste. Zuversicht durchrieselte mich. Ich erkannte die Person und diesmal war ich ganz sicher, dass ich mich nicht täuschte. Louis lag entspannt auf der Seite und hatte einen Arm ausgestreckt und den Kopf darauf gebettet. Haarsträhnen hingen ihm über die geschlossenen Augen und ich sah, wie sich sein Brustkorb mit jedem ruhigen Atemzug hob und senkte. Ich lächelte. Jetzt wusste ich, wo ich hinmusste. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, doch plötzlich stellte sich mir jemand in den Weg – erschien vielmehr aus dem Nichts.
    Atalante! Obwohl sie im Dunkel stand, konnte ich sie ganz genau sehen. Ihr Umhang und ihre langen, offenen Haare wehten in einem Wind, den ich weder hören noch spüren konnte, ihre Miene war unerbittlich und ihre Augen eiskalt. Sie streckte mir ihren Zeigefinger entgegen.
    „Verräterin!“, zischte sie.
    Schuld senkte sich zentnerschwer auf mich. Ich wollte ihr alles erklären und suchte verzweifelt nach Worten, aber dann fiel mein Blick auf Louis und ich bemerkte mit Grauen, dass sich eine Blutlache um ihn herum gebildet hatte. Überdeutlich sah ich, wie sie sich auf dem Waldboden rasch vergrößerte und kleine, zähflüssige Bäche bildete, die nicht versickerten. Ich konnte keine Verletzung erkennen, dennoch wurde mir klar, dass er nicht mehr atmete. Ein Schluchzen entrang sich meiner Kehle, als

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