Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
sagte ihr, dass du noch ausreiten wolltest und ich dich zu ihr schicken würde, wenn du zurückwärst, aber du kamst nicht. Ich saß hier wie auf glühenden Kohlen“, sagte sie vorwurfsvoll.
„Es tut mir echt leid.“ Ich seufzte, als ich ihr müdes Gesicht sah. „Du hast auch kein Auge zugetan, oder?“
Sie schüttelte den Kopf. „Irgendwann gegen Mitternacht klopfte Atalante nochmal, weil sie dachte, ich hätte vergessen, dir Bescheid zu geben, und sie war natürlich entsetzt, dass du immer noch nicht wieder da warst.“
„Was hast du ihr gesagt?“
„Gar nichts. Ich konnte mir ja nicht irgendwas ausdenken, denn ich wusste nicht, was du ihr erzählen würdest, wenn du zurückkommst. Deswegen habe ich einfach die Wahrheit gesagt, nämlich, dass ich keine Ahnung hätte, wo du abgeblieben seist. Also beschloss sie, hier zu warten.“ Sie rieb sich erschöpft die Augen. „Was für eine entsetzliche Nacht.“
Das konnte ich mir vorstellen. Meine Mutter, einem Tobsuchtsanfall nahe und gleichzeitig verrückt vor Sorge war bestimmt alles andere als eine angenehme Gesellschaft, wenn man eigentlich schlafen wollte.
„Danke, dass du nichts gesagt hast.“
„Was hätte ich denn sagen sollen? Ich wusste doch wirklich nicht, wo du warst.“
„Du weißt, was ich meine.“
„Und du weißt, wie ich dazu stehe. Ich schneide mir eher die Zunge ab, als dass ich dich verrate.“
Ich wusste, sie tat es nicht, um mir einen Gefallen zu tun, sondern, um mich nicht zu verlieren, und das war Grund genug, um ihr dankbar um den Hals zu fallen. Das war sogar ein Riesengrund.
Die darauffolgenden zehn Stunden verbrachte ich in tiefem, traumlosem Schlaf.
Abends vernahm ich erleichtert, dass eine unserer Patrouillen den Lagerplatz der Vatwaka gefunden und inspiziert hatte, allerdings war der Stützpunkt bei ihrer Ankunft verlassen gewesen und sie hatten keinen Anhaltspunkt über den Verbleib der Männer entdecken können. Neben Kampfspuren hatten sie im Wald auch Blutspuren vorgefunden, diese hatten sie verfolgt, bis sie sich am Flussufer verloren. Aus dem Rucksack waren verdreckte Kleidung, ein Kompass, ein Messer und ein Solarladegerät zum Vorschein gekommen. Polly war vor allem an Letzterem interessiert, um ihren GemPlayer noch exzessiver betreiben zu können, und riss sich alles unter den Nagel, sobald sich der Aufruhr über die Angelegenheit gelegt hatte.
Die offizielle Mutmaßung lautete, dass die Vatwaka Themiskyra ausspionieren hatten wollen, dann aber über die genaue Strategie in Streit geraten waren. Dieser hatte zu Kampfhandlungen geführt und dazu, dass sie ihre Mission bis auf weiteres abgebrochen hatten. Während Atalante diese Ergebnisse nach dem Abendessen vortrug und mich dann vor allen Amazonen für meinen Einsatz lobte, fühlte ich mich so elend, wie selten zuvor.
Verräterin! giftete mich meine innere Amazone an, während ich mich zu einem bescheidenen Lächeln zwang.
Doch als Tetra danach zu mir kam, um mir zu sagen, wie toll ich das alles gemacht hätte, ertrug ich die Heuchelei nicht länger und floh unter halbherzigen Entschuldigungen in unser Zimmer.
In dieser Nacht spazierte ich allein durch den Wald. Ich hatte meine Taschenlampe nicht dabei, doch der Mond warf sein silbernes Licht auf die Baumkronen, deren Äste sich im milden Wind wiegten und Mondstrahlen auf dem Waldboden tanzen ließen. Aber ich hatte das Gefühl, auch dort, wo sie nicht aufkamen, jedes Detail sehen, oder besser spüren zu können. Die Luft war schwer vom Duft blühender Fliederbüsche und ich konnte bereits das Rauschen des nahen Flusses hören.
Auf einmal hatte ich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein und fuhr erschrocken herum. Doch da war nichts. Nur Dunkelheit, und der Laut war verstummt. Es war still. Zu still. Zikaden und Eulen waren in Schweigen verfallen und nicht einmal mehr der Wind strich durch die Blätter. Angestrengt blickte und fühlte ich in die Finsternis um mich herum. Der Wald war plötzlich wie erstarrt. Als würde er lauernd auf den Augenblick warten, in dem ich einen Fehler machte, und dann zum Sprung ansetzen. Ich schauderte und wandte mich wieder um, um meinen Weg fortzusetzen, eiliger jetzt, und ich fragte mich, wieso ich Hekate nicht mitgenommen hatte.
Damit sie nicht gestohlen wird , erinnerte mich mein Verstand.
Stimmt ja.
Ich begann zu laufen und registrierte, dass meine Füße keine Geräusche auf dem Boden machten. Das war zwar eine der Fähigkeiten, die ich mir im letzten Jahr
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