Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
zwischen den Regalreihen abtauchte. Ein Hauch von Hoffnung hob mein Herz.
Auch der Andrakor vor mir hatte inzwischen begriffen, dass etwas nicht nach Plan lief. Er sah sich um und der Druck auf meine Halsschlagader ließ ein klein bisschen nach.
Jetzt, ordnete mein Verstand an.
Ich sammelte Kraft und ballte die Fäuste, machte mich bereit, die Hand mit dem Messer von mir wegzudrücken und dann mit dem Knie kräftig …
Er wurde mit soviel Schwung von mir weggerissen, dass ich selbst den Halt verlor und auf die Knie fiel. Fassungslos sah ich zu, wie sein Kopf in die Front der Glastheke einschlug und einmal quer über die gesamte Breite des Tresens gezogen wurde, bevor der Schatten ihn wieder losließ. Stöhnend brach der Typ auf dem Boden zusammen und blieb dann reglos liegen. Auch der Mann, der zwischen den Regalen weiter vorn lag, gab keinen Laut von sich. Langsam wandte sich der Schatten zu mir um.
Louis, wisperte mein Herz und schlug noch schneller, falls das physikalisch überhaupt möglich war.
Tu doch nicht so überrascht, schnaubte mein Verstand. Du hast ihn doch in der ersten Sekunde erkannt.
Louis wischte sich die Hände an der Hose ab und kam auf mich zu. Er wirkte unglaublich wütend und ich hatte das Bedürfnis, mich entweder unsichtbar zu machen oder mich ihm um den Hals zu werfen, um seinen Zorn auf diese Art von mir abzuwenden. Nichts davon war notwendig.
Ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus und vertrieb den Ärger. „Alles okay?“, fragte er und hielt mir seine Hand hin. Das Höhlenweibchen schmolz dahin. Ich lächelte zurück und hob meine Hand –
Halt. sagte mein Verstand. Halt, halt, halt. Hast du schon jemals in Betracht gezogen, aus deinen Fehlern zu lernen? Er hat dich mal wieder gerettet, na und? Kein Grund, jetzt den Kopf zu verlieren.
Gerettet? schnaubte meine innere Amazone. Unnötig. Ich hatte alles im Griff.
Ich atmete tief durch. Alles. Im. Griff.
Ich ließ die Hand sinken, stützte mich stattdessen damit am Boden ab und stand ohne seine Hilfe auf.
„Ja. Danke“, sagte ich kühl und runzelte meine Stirn. „Wieso bist du hier?“
„Ich bin euch nachgeritten. Ihr wart so … seltsam und ich hatte ein ungutes Gefühl.“
Er wusste, dass ich in Gefahr bin. Er hat es gespürt! flatterte mein Herz.
„Es wäre nicht nötig gewesen, dass du dich einmischt.“
Das Lächeln verschwand. „Ell, der Typ war drauf und dran, dir die Kehle durchzuschneiden –“
„Und ich war drauf und dran, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.“
„Klar.“ Die Skepsis in seinem Blick machte mich, machte meine innere Amazone rasend.
„Hör verdammt noch mal auf, mich zu retten!“, schnappte ich und verschränkte die Arme.
Auch seine Wut war zurückgekehrt. „Dann hör du verdammt nochmal auf, dich in Gefahr zu begeben! Bleib zu Hause bei deinen Schwestern in deiner ach so heilen, glücklichen Welt.“
Ich hätte heulen können, so unendlich erleichtert war ich und zugleich so zornig. Und von meinem Herzen und meinem Verstand erhielt ich im Dauerbeschuss völlig entgegengesetzte Regieanweisungen. „Ich gehe, wohin ich will. Keiner verlangt, dass du mitkommst und den Helden spielst“, fauchte ich, aber damit konnte ich ihn nicht treffen. Er wusste mindestens genauso gut wie ich, dass ich alleine keine Chance gehabt hätte.
„Was machst du überhaupt hier!?“ Er gestikulierte in der Gegend herum. „Im Dunkeln? In einer verlassenen Stadt?“
„Wir haben einen Film angesehen.“
Er holte Luft, um zu einer hitzigen Erwiderung anzusetzen, stieß sie nach einer verblüfften Pause jedoch wieder aus. „Einen Film ?“, erkundigte er sich ungläubig.
„Ja, bewegte Bilder, gepresst auf eine spiegelnde Scheibe, weißt du?“, sagte ich giftig. In meiner Angst, dass mein Herz etwas Unbedachtes tat, wurde ich richtig gemein. „Weil ich Geburtstag habe. Was ist so komisch?“
Die Anspannung war aus seinem Gesicht gewichen. Er lachte auf – und brachte mich damit aus dem Konzept. Nur so kann ich erklären, wie passieren konnte, was geschah, und warum mein Verstand es soweit kommen lassen konnte.
Louis zog mich an sich und küsste mich.
Auf den Mund.
Einfach so.
Ohne Vorwarnung.
Mir blieb die Luft weg.
Zuerst war ich wie erstarrt. Alle streitenden Parteien in mir waren schlagartig verstummt, stattdessen durchströmte mich ein leises, wohltuendes Summen, dort, wo ich Louis' Berührungen spürte, an meiner Wange, meinem Rücken, auf meinen Lippen. Es schien unter
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