Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
sie, unbegeistert über meine verschwitzte Liebesbekundung, und teilte mir dann mit: „Wir müssen was Schönes anziehen, es wird Atalantes Rückkehr gefeiert.“
Da ich es von früher gewohnt war, einen viel besser gefüllten Kleiderschrank zu besitzen, was jede Menge Entscheidungsschwierigkeiten mit sich brachte, fiel es mir hier leicht, etwas Passendes zu finden. Corazon hatte mich nach dem Mittagessen zur Schneiderei geschleift und die Ideenreiche Paz, Irinas Mutter, die diesem Sektor vorstand, hatte mir säckeweise Kleidung mitgegeben, die jedoch eher von der praktischen Sorte war. Für wirklich schön befand ich nur eine bestickte, türkisfarbene Leinenbluse und die zog ich an.
Nach dem Abendessen löste sich heute die Gesellschaft nicht auf, wie ich es sonst erlebt hatte. Die Amazonen schienen auf etwas zu warten und verharrten auf ihren Plätzen. Als Atalante aufstand, wurde es schnell still und alle reckten die Hälse. Meine Mutter bedankte sich bei Artemis für das Mahl und auch bei den Amazonen, die zur Zubereitung beigetragen hatten. Dann berichtete sie kurz von ihrer Reise. Sie war in Dangkulo gewesen, einer kleineren Gemeinschaft von ungefähr dreißig Amazonen, die zwei Tagesritte entfernt und weniger abgeschieden vom Rest der Welt als Themiskyra lag, wie Corazon mir erklärte.
„Es geht den Amazonen dort soweit gut, aber sie haben seit dem Verfall Probleme mit Übergriffen von herumziehenden Vatwaka, die ihnen den Wohlstand neiden.“
„Herumziehende was ?“, flüsterte ich Polly zu.
„Vatwaka“, raunte sie zurück. „Wörtlich böse Männer . Randalierer. Plünderer. Schurken. Marodeure, wie du sie nennst.“
„Manche der Banden haben sich inzwischen zusammengeschlossen und eine Stärke erreicht, die eine verstärkte Wachsamkeit erforderlich macht“, fuhr Atalante fort. „Ich hoffe, dass wir vor derlei verschont bleiben werden, aber ich wollte euch diese Informationen nicht vorenthalten für den Fall, dass auch Themiskyra irgendwann mit diesen Problemen zu kämpfen haben sollte oder wir den Schwestern zu Hilfe kommen müssen.“
Es brandete Gemurmel auf, das Atalante jedoch mit einer Handbewegung zum Verstummen brachte.
„Bevor wir über die Sache diskutieren, habe ich noch eine weitere Mitteilung zu machen.“ Ihr Blick fiel auf mich und ich spürte Nervosität in mir aufsteigen. „Eine glückliche Fügung hat mir meine Tochter wieder gebracht. Eine Tochter, von der ich bis gestern nichts wusste.“
Freudig überraschte Ausrufe waren zu vernehmen und die Hälse reckten sich nun nach mir. Atalante ging um den Tisch herum auf mich zu. Verlegen stand ich auf. Ich hasste es, so im Mittelpunkt zu stehen. Und die kritischen Blicke aus der Reihe der älteren Amazonen machten mich nicht gerade mutiger.
„Eine weitere Tochter? Wie das?“, durchschnitt auf einmal eine harsche Stimme das Raunen. Eine hochgewachsene Frau mittleren Alters mit rabenschwarzen, kinnlangen Haaren hatte sich von ihrem Platz erhoben. Man konnte erkennen, dass sie einmal sehr schön ausgesehen haben musste, aber etwas in ihrem durchdringenden Blick machte mir Angst. Und auch in Atalantes Augen schien für einen Moment ein Funke von Furcht aufzublitzen. Doch sie hatte sich fast augenblicklich wieder im Griff und wandte sich der anderen Amazone zu.
„Das kann ich dir erklären, liebe Areto. Wie von meiner Mutter beschlossen empfing ich nach der Sonnenfeier im Jahr 6309 ein Kind. Zu dieser Zeit …“
„Wie von Alkippe beschlossen?“, unterbrach Areto sie. Das Misstrauen in ihrer Stimme war mit Händen greifbar. Auch die beiden Frauen links und rechts von ihr musterten mich skeptisch. „Das wäre mir neu. Sie hat immer alles mit mir besprochen, und davon war nie die Rede gewesen.“
„Kein Wunder. In diesem speziellen Fall konnte die Weitblickende deinen wertvollen Rat leider nicht in Anspruch nehmen, werte Base. Du warst zu dieser Zeit in Viesca, wenn ich dich erinnern darf“, schoss meine Mutter zurück. „Doch woher rührt deine Skepsis? Bezweifelst du etwa, dass Aella meine Tochter ist? Verlangst du einen Gentest? Den kann ich gerne veranlassen, wenn du mir irgendeinen Grund nennen kannst, Sieggewärtige, warum um alles in der Welt ich ein fremdes Mädchen hier einschleusen sollte.“
Areto verzog das Gesicht, erwiderte aber nichts mehr und ließ sich langsam wieder auf ihren Platz zurücksinken.
Die Unbeugsame lächelte ihr gütig zu, dann begann sie zu erzählen und trug dabei die Geschichte, die
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