Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
widmen.“
Natürlich. Jetzt wurde für meinen Geschmack doch ein bisschen viel über meinen Kopf hinweg entschieden und das weckte meinen Widerspruchsgeist, deshalb fragte ich herausfordernd: „Wieso all der Kampfsport, Schwerter, Pfeil und Bogen? Ich dachte, das Klischee der kämpfenden Mannweiber entspricht nicht der Wahrheit?“
Frida ließ sich nicht provozieren. „Der Kampfsport stählt den Körper und weckt den Geist. Abgesehen davon: Was glaubst du, wie schnell unsere kleine Stadt gerade in diesen Zeiten von machthungrigen, selbstüberzeugten 'Shimet eingenommen wäre, wenn wir uns nicht zu wehren wüsst en? Wenn du in der Welt zurechtkommen möchtest – und das ist es, was du hier lernen sollst – musst du dich wehren können. Da draußen überleben können. Dich und deine Ehre verteidigen können.“
„Ich verstehe.“ Das tat ich tatsächlich und ich seufzte. Ich hatte am eigenen Leib erfahren, was es hieß, wenn man sich nicht wehren konnte, und ich wollte niemals mehr in solch eine Situation kommen. Und sollte das bedeuten, dass ich jeden Tag vor Sonnenaufgang Tang Lang Quan oder Krabi Krabong würde trainieren müssen, dann würde ich das eben durchziehen. Aber auch wenn ich es lernen wollte , hieß das noch nicht, dass ich es auch konnte . Die anderen Mädchen hatten einen himmelweiten Vorsprung und trotz aller Sportlichkeit bezweifelte ich, dass das Power-Ausbildungsprogramm, das mir Frida in Aussicht stellte, Wunder wirken würde. Ich muss wohl wenig selbstsicher aus der Wäsche geschaut haben, denn die Zungenfertige lächelte plötzlich.
„Nur Mut. Es ist noch keine Meisterin vom Himmel gefallen. Du musst nur einfach die zwölf Jahre, die du vertrödelt hast, wieder aufholen.“
Ich holte gerade Luft, um eine entrüstete Erwiderung von mir zu geben – von wegen vertrödelt! , da sah ich, dass sie mir zuzwinkerte und meine Empörung fiel in sich zusammen. Frida marschierte wieder nach vorne und baute sich vor der Tafel auf.
„Troja!“, rief sie und das allgemeine leise Gemurmel ebbte wieder ab. „Was wisst ihr darüber?“ Sie ignorierte die Finger, die in die Höhe schossen – zu denen meiner definitiv nicht gehörte. „Ell?“
Mir wurde warm. „Äh … Ich habe mal den Film gesehen.“ Fades Epos von anno dazumal mit mittelalterlichen Spezialeffekten , doch das sagte ich lieber nicht, weil mich ohnehin schon alle ansahen, als käme ich vom Mars. Frida bemühte sich um eine geduldige Miene und fragte: „Und wie wurde in diesem Film das Eingreifen Penthesileas ins Kampfgeschehen im Vergleich zu Kleists gleichnamigem Werk interpretiert?“
Gar nicht? Ich zermarterte mir mein Gehirn, aber ich erinnerte mich an keine Penthesilea. Also sagte ich einfach das, was sie hören wollten. Keine würde überprüfen können, ob es die Wahrheit war. „Sie hat sie alle weggeputzt. Penthesilea und ihre mutigen Schwestern blieben alleine auf dem Schlachtfeld übrig. Siegreich und besudelt vom Blut des Feindes“, kopierte ich Pollys Worte. Den Kleist ließ ich außen vor, ich wollte mich nicht noch weiter aus dem Fenster lehnen.
Frida nickte beifällig und ließ endlich die zu Wort kommen, die wirklich etwas zu sagen hatten.
Der Vormittag verging wie im Flug. Als der Gong ertönt war und die jungen Amazonen aufsprangen, um aus dem Unterrichtsraum hinaus in die Sonne zu fliehen, kam Frida noch einmal zu meinem Tisch.
„Als kleine Zusatzlektüre zu den Themen Geschichte und Religion empfehle ich dir diese Werke.“ Sie wuchtete mir drei dicke gebundene Bücher auf den Tisch, die mindestens hundert Jahre alt aussahen. „Wenn du Nachschub brauchst, kommst du zu mir oder holst dir neue Bücher aus der Bibliothek.“
Ich nickte nur und verbiss mir die Bemerkung: Stimmt, da ist ja noch eine Viertelstunde Freizeit übrig, die ihr noch gar nicht für mich verplant habt . Wenn ich jeden Abend ein Kapitel lesen würde, wäre ich bereits in gefühlten siebenundzwanzig Jahren damit fertig. Und dennoch, trotz all meiner innerlichen Aufsässigkeit, brannte ich darauf, mehr zu erfahren. Ich wollte so gerne einen neuen Platz für mich in der Welt finden, einen Ort, wo ich dazu gehörte. Zähneknirschend bedankte ich mich, hievte die Bücher hoch, balancierte noch Block und Stift darauf und lief den anderen hinterher.
Erhitzt und froh kehrte ich abends nach der Reitstunde in unser Zimmer zurück und drückte voller Energie die vor dem Kleiderschrank herumlungernde Polly ans Herz.
„Uääh“, machte
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