Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
nicht mehr zurückkehrte.“
Fast wäre das auch geschehen, dachte ich beinahe wehmütig. Wie würde mein Leben dann aussehen?
Atalante fuhr fort und riss mich aus den Gedanken: „Doch ihr Plan ging nicht auf, ich kam zurück nach Themiskyra. Sie hat sich nie damit abgefunden. Aber mach dir ihretwegen keine Gedanken. Wenn du dich an den Plan hältst, wird nichts passieren. Ich hoffe, die anderen Frauen haben dich freundlicher aufgenommen?“
Ich nickte. „Ja, sehr. Und es ist alles so … komfortabel hier.“
Sie zog spöttisch einen Mundwinkel nach oben. „Wenn du vor zwei Jahren hierher gekommen wärst, hättest du das nicht gesagt. Da wäre dir unser Lebensstandard wie das finsterste Mittelalter vorgekommen.“
„Naja, so halb. Es ist eine ungewohnte Mischung.“ Ich dachte an das Solarfeld und den Segway. „Aber die Duschen sind fantastisch.“
„Keine Duschen mehr in Citey?“, fragte sie mitfühlend.
„Kein fließend Wasser, kein Trinkwasser, kein Strom.“ Aber ich wollte nicht über meine Heimatstadt reden. Das lag hinter mir. Ich wollte diese neue Welt verstehen. „Hast du gewusst, dass es irgendwann so weit kommen würde – oder warum wart ihr so gut vorbereitet?“
„Naja, die Prognosen, was die Endlichkeit des Erdöls anbelangt, waren ja weithin bekannt. Die meisten Menschen waren nur zu bequem, sich damit zu befassen.“ Ihr Ton war anklagend, aber ich hatte keine Lust, mich schuldig zu fühlen. Ich konnte ja nichts dafür – ich war ja gerade mal fünfzehn gewesen, als es mit der Welt bergab ging. „Und dass es mit dem Raubbau der sogenannten zivilisierten Welt an der Natur nicht immer so weitergehen konnte, war auch klar. Irgendwann schlägt sie zurück oder das System wird so dekadent, dass es sich selbst von innen heraus zerstört.
Aber wir waren nicht speziell auf den Verfall vorbereitet. Wir leben schon lange so. Früher hatten wir natürlich kein Solarkraftwerk, aber glaub mir, wir können auch ohne Strom bestens leben. Die Natur gibt uns alles. Wir nehmen nur, was wir brauchen, und niemals zu viel. Alles bleibt im Gleichgewicht“, erklärte sie mit einer allumfassenden Geste.
„Aber habt ihr nicht versucht, den anderen Menschen euren Standpunkt klarzumachen und sie vielleicht zu warnen?“, wollte ich wissen. Wer so überlegen war, musste doch auch ein wenig Sendungsbewusstsein an den Tag legen.
„Viele andere haben das getan – ohne Erfolg. Die Amazonen schätzen die Unabhängigkeit. Und damit meine ich nicht nur die von endlichen Ressourcen, sondern auch die von Politik und Staat. Früher hat es natürlich immer wieder idealistische Versuche gegeben, die Politik im Positiven zu beeinflussen, aber solange die Welt von 'Shimet beherrscht wird, ist wohl nicht mit Einsicht zu rechnen.“
Was den Einklang mit der Natur anbelangte, konnte ich ihr zustimmen, aber ich stellte fest, dass es mich störte, wenn sie schlecht von Männern sprach. Wahrscheinlich weil ich es als Angriff gegen meinen Vater empfand, wenn sie so verallgemeinerte. Bei den anderen Amazonen war es mehr oder weniger okay, aber die kannten ja meinen Papa nicht. Nun, vielleicht ist es nicht logisch zu erklären, aber ich hatte ein ungutes Gefühl im Bauch und widersprach insofern, als ich anmerkte: „Momentan wird sie nur vom Chaos beherrscht, keine Politiker weit und breit.“
„Ja, aber ihre Gier nach immer mehr Macht und Geld und ihre Selbstüberschätzung hat die Apokalypse erst herbeigeführt“, gab die Unbeugsame ohne zu zögern zurück.
Das erinnerte mich an etwas anderes, was ich noch fragen wollte. „Apropos Geld – wie konntet Ihr das Gelände hier kaufen, ohne finanzielle Mittel?“
„Oh, wir verfügen über reichlich finanzielle Mittel“, versetzte sie. „Wir hatten seit jeher Grundbesitz – Großgrundbesitz, um genau zu sein, du hast die Ländereien ja vielleicht schon gesehen, die zu Themiskyra gehören. Aber die Städte dehnen sich immer weiter aus und um unser Leben so zu führen, wie wir es gewohnt sind, müssen wir dann und wann umsiedeln in entlegenere Gegenden. Zu diesem Zeitpunkt ist das Land aber aufgrund der Stadtnähe schon viel mehr wert, als zu dem Zeitpunkt, zu dem wir es erworben haben, und wir können es mit Gewinn wieder verkaufen. Wenn du das ein paar Jahrhunderte lang praktizierst, sammelt sich einiges an Kapital an.“ Sie blickte aus dem Fenster. „Durch den Verfall wurde der Prozess zwar aufgehalten, aber das ist mir ganz recht, denn ich bin froh, wenn wir
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