Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
ich doch den einen oder anderen Fauxpas.
„An Yazama feiern wir den längsten Tag des Jahres, danken Artemis für die Blüte des Eari und erbitten uns eine sonnige Hama sowie eine ertragreiche Triga“, erklärte Polly und es klang mal wieder, als hätte sie sich genau diese Worte schon oft anhören müssen und sie dabei auswendig gelernt. „Außerdem werden an diesem Tag die Frauen zu den 'Shimet geschickt, um Themiskyra neue Kinder zu schenken. Das sind die Yashti.“
Aha, das Zuchtprogramm , dachte ich mir, sprach es aber wohlweislich nicht aus. Einer von Atalantes strengen Blicken reichte für den ganzen Tag.
„Polly, es wird schon lange niemand mehr geschickt “, sagte Tetra und wandte sich mit einem Lächeln an mich. „Die Frauen, die sich eine Tochter wünschen, können sich zur Verfügung stellen.“
„Du bist aber noch viel zu jung“, mischte sich Atalante hastig ein und setzte sich aufrecht hin.
„Pff“, machte ich und verdrehte die Augen. „Das Letzte, wofür ich jetzt Zeit hätte, wäre ein schreiendes Baby, um das ich mich Tag und Nacht kümmern müsste.“
„Wohl wahr“, nickte Atalante und lehnte sich wieder beruhigt zurück.
„Und wie läuft das dann ab?“, fragte ich.
„Ich darf davon ausgehen, dass dir die Prozesse, die gemeinhin als das Wunder des Lebens bekannt sind, geläufig sind?“, fragte meine Mutter und hob spöttisch eine Augenbraue. Polly schien das alles ungemein lustig zu finden.
„Das meine ich doch nicht!“ Ich war drauf und dran, wirklich sauer zu werden, aber Tetra hatte Verständnis und schaltete sich ein.
„Es werden entsprechende Arrangements mit den Familien der jungen Männer getroffen. Die Yashta und der ausgewählte Mashim ziehen zusammen in ein eigens dafür vorgesehenes Sommerhaus, das etwa einen halben Tagesritt von hier entfernt ist. Sobald sie sicher ist, dass sie schwanger ist, kehrt sie nach Themiskyra zurück, spätestens aber nach zwei Monaten.“
„Warum sollte sich irgendein Mann darauf einlassen?“, fragte ich. „Wenn es ein Junge wird, hat er das Kind am Hals und keine Mutti ist da, um sich um den Kleinen zu kümmern.“
„Die Familien der Kindsväter erhalten Vergünstigungen in Form von Nahrung, Land oder Jagdrechten“, erklärte Atalante.
„Verstehe.“ Ich nickte.
„Aber um auf deine ursprüngliche Frage zurückzukommen“, sagte Tetra zu meiner Mutter, „Padmini hat sich letzte Woche kurzfristig gemeldet. Wir haben für dieses Jahr also drei Yashti.“
„Unsere Padmini?“, hakte ich ungläubig nach. Ich konnte sie mir kaum als fürsorgliche Mutter vorstellen. Polly sah auch etwas überrascht aus der Wäsche.
„Warum nicht?“, fragte Atalante zurück. „Sie ist alt genug und wenn es ihr Wunsch ist, nehmen wir ihr Angebot gerne an.“
Wenn , dachte ich. Irgendwie hatte ich da meine Zweifel.
Die Vorfreude auf die Sonnenfeier sorgte für ausgelassene Stimmung bei den Frauen. Alle verfügbaren Arbeitskräfte wurden von ihren alltäglichen Tätigkeiten abgezogen, um bei den Vorbereitungen in der Küche und auf der Waldlichtung zu helfen, wo das Fest stattfinden würde. Die Ideenreiche Paz stellte Kleider für die drei Yashti her, schlichte, bodenlange Gewänder aus hellem Stoff, weit geschnitten, damit sie beim Reiten nicht behinderten. Ich ging ihr dabei zur Hand und hatte das Gefühl, dass es ihr Spaß machte, zumindest einmal im Jahr andere Kleidungsstücke zu fertigen.
Am Tag der Sonnenfeier selbst bat mich Tetra, ihr dabei zu helfen, große Körbe mit Speisen aus den Vorratskammern zu holen und auf Karren zu verladen, und zum ersten Mal bekam ich die gut gefüllten Speisekammern der Amazonen zu Gesicht.
Mein Herz sah seine Stunde gekommen. Es würde keine merken, wenn du ein paar Sachen mitgehen ließest. Zum Beispiel vier Äpfel und ein Glas Aprikosenkompott …
Das ist nicht nötig, gab mein Verstand sofort zurück. Du bist ihm nichts schuldig. Das hat er selbst gesagt. Also: Weitergehen, es gibt hier nichts zu sehen.
Naja, ich würde die Sachen schon gern zurückgeben, die ich geklaut habe, dachte ich. Und hier ist alles in Hülle und Fülle vorhanden … Außerdem hat das nichts mit dem Höhlenweibchen zu tun, versicherte ich meinem Verstand. Es geht einfach um Gerechtigkeit.
Beim nächsten Gang in die Vorratskammer steckte ich eilig ein paar Sachen in einen Stoffbeutel und versteckte ihn in einem kleinen Raum mit Putzutensilien. Sobald die Pfeilsichere mich entlassen hatte und außer Sichtweite
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