Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
kühl mit, dass sie keine Zeit hätte und schickte mich mit der Aufforderung weg, am nächsten Morgen noch einmal wiederzukommen.
Wie ich befürchtet hatte, stellte sich tags drauf heraus, dass Areto mir nicht helfen konnte – oder wollte. Und es war kaum zu übersehen, dass ihr das eine tiefe Befriedigung verschaffte.
„Arejaiti war ursprünglich mit dir eingeteilt, aber sie hat sich vor zwei Tagen bei der Jagd einen Bänderriss zugezogen“, ließ meine Tante mich wissen, nachdem sie die Einsatzliste durchgegangen war.
Arejaiti würde die nächsten Wochen also in der Klinik mit Krücken und nicht auf der Hebebühne mit Kernobst verbringen. Pech für sie, Pech für mich und Pech für Louis. Nur Areto konnte sich an meinem Missvergnügen weiden.
„Du wärst heillos überfordert gewesen, wenn ich dich alleine mit der Apfelernte betraut hätte. Deswegen musste ich dir kurzfristig einen der Arbeiter zuteilen“, erklärte Areto mir, so, als wäre das eine gute Nachricht, für die ich ihr hätte dankbar sein müssen. Aber genauer betrachtet war ich ihr wohl wirklich zu Dank verpflichtet, denn wenn ich die nächsten vier Wochen ganz alleine hätte Äpfel pflücken müssen, hätte ich nach spätestens fünf Tagen angefangen, den Früchten Namen zu geben und mich mit ihnen zu unterhalten. In Anwesenheit von Louis würde ich diesen Drang wohl unterdrücken müssen.
Ich nickte tapfer, verabschiedete mich und trottete in den Stall. Immerhin hatte ich meine Hekate. Zwar sprach auch sie nicht mit mir, aber sie ließ mich auf andere Weise wissen, dass sie meine Anwesenheit schätzte.
Langsam ritt ich zur Apfelplantage; ich hatte es nicht eilig, dort anzukommen. Als ich abstieg, sah ich, dass Louis schon vor Ort und damit beschäftigt war, die große Kiste mit den am Vortag gepflückten Äpfeln zum Hauptweg zu schleppen. Als Zeichen des guten Willens lief ich zu ihm und half ihm mit der Kiste. Danach fasste ich mir ein Herz und versuchte es nochmal.
„Guten Morgen, übrigens.“
Diesmal konnte er meinen Gruß nicht ignorieren, aber er nickte mir nur düster zu, ohne auch nur den Hauch eines Lächelns erkennen zu lassen. Ich schüttelte resigniert den Kopf und wir machten uns schweigend an die Arbeit. Meine Arme schmerzten von der gestrigen Pflückarbeit, aber ich hatte gelernt, locker in den Schmerz hineinzutrainieren , wie Andromache, meine Schwertkampftrainerin es nannte.
Der Tag zog sich in die Länge und sein einziger Höhepunkt war, dass zwei Amazonen die große Apfelkiste mitnahmen und uns eine leere daließen.
„ Here we are now, entertain us!“, begrüßte mich Polly abends in unserem Zimmer.
„Hä?“ Vermutlich wieder ein Oldie.
„ Never mind. “ Sie winkte ab, kramte ihren GemPlayer wieder unter dem Kopfkissen hervor und stöpselte sich höflicherweise nur halb ein, um sich nebenher mit mir unterhalten zu können. „Wie war's heute bei den Äpfeln?“
„Es ist so unglaublich ööööde“, beschwerte ich mich. „Und wie war's bei dir und den Kartoffeln?“
Polly hatte es wirklich gut, sie arbeitete mit Corazon zusammen und hatte nicht nur das Glück, dass sie den ganzen Tag miteinander plappern und kichern konnten, sondern auch, dass ihre Erntemaschine scheinbar alle Arbeit für sie erledigte. Victoria war bei der Logistik gelandet und mit ihren Kolleginnen dafür zuständig, die Ernte von den Feldern abzuholen, zu sortieren und einzulagern. Auch sie beklagte sich darüber, dass es langweilig sei, aber hey, sie kam wenigstens herum und war nicht gezwungen, zehn Stunden am Tag von einem mundfaulen Schn… 'Shim mit Verachtung gestraft zu werden.
Polly lachte. „Großartig war's!“
Sie holte weit aus und erzählte mir vergnügt, wie sie sich heute einen Spaß daraus gemacht hätten, Kartoffeln in die Luft zu werfen und im Flug mit Pfeilen zu beschießen. Areto, die zufällig vorbeigekommen sei, hätte das aber nicht halb so lustig gefunden, deswegen hätten sie Ärger bekommen, was meine Schwester aber anscheinend nicht sehr beeindruckt hatte.
„Vor allem waren die Kartoffeln noch total erdig und der ganze Dreck ist beim Werfen auf uns herunter gerieselt.“
„Das klingt, als sei es ein großer Spaß gewesen!“, sagte ich ein wenig zweifelnd, aber wahrscheinlich war ich nur neidisch. Und frustriert, dass Louis mich hasste, und wütend auf mich selbst, dass mir das nicht egal war.
Am nächsten Tag schaffte ich es nicht, aufzustehen. Eine tiefgehende Frühherbstdepression
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