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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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beobachtete ich, wie er das Brot vorsichtig aus dem Papier wickelte, dann setzte ich mich unter meinen Mittagsbaum und sah ihm möglichst unauffällig dabei zu, wie er mein Pausenbrot verspeiste. Der Anblick erfüllte mich mit Befriedigung und minderte mein schlechtes Gewissen, das in den Tagen zuvor immer wieder in mir aufgewallt war. Ich hätte nicht gedacht, dass er mir die Geschichte abkaufen würde. Doch wie ich ihn einschätzte, hätte er es nie angenommen, wenn er gewusst hätte, dass ich es für ihn mitgebracht hatte.
    Er hatte schneller aufgegessen als ich und so kam er auf dem Weg zur Erntemaschine an mir vorbei, blieb aber kurz stehen.
    „Danke“, sagte er, wie immer distanziert und ohne die geringste Spur eines Lächelns, aber es klang ehrlich.
    Ich blieb in meiner Rolle, winkte ab. „Nichts zu danken. So muss ich es nicht wegwerfen.“
    Wir begannen wieder zu arbeiten. Gefühlte fünftausend gepflückte Äpfel später wagte ich eine weitere Frage, ohne mich nach ihm umzusehen. „Wie alt bist du?“
    „Warum willst du das wissen?“ Seine Stimme klang jetzt nicht mehr so wütend wie am Anfang, hatte aber einen resignierten Unterton angenommen. Ich war mir nicht sicher, ob das eine Verbesserung war.
    „Weil ich versuche, mit ein klein wenig Konversation das bisschen Hirn, das mir die Sonne noch nicht weggebrutzelt hat, am Laufen zu halten.“
    Keine Reaktion.
    „Wenn du nicht mit mir sprechen willst, fange ich an, mit mir selbst zu reden.“
    Es kam immer noch nichts und ich setzte meine Drohung in die Wirklichkeit um.
    „Hallo Ell! – Oh hallo Ell! Du auch hier? Na so was. – Und was machst du so? – Äpfel pflücken. – Ist ja ein Ding, ich auch! – Sag, hast du schon jemals so einen schönen Apfel gesehen? – Ja! Da! – Toll! – Und da! – Ui! – Und dort! – Wahnsinn! – Und da ist noch einer!“
    So plapperte ich noch eine Weile weiter und kommentierte jedes Abpflücken mit einem begeisterten Ausruf. Ich vermutete, dass ich ihn unglaublich damit nervte, aber das war meiner Meinung nach nur fair. Irgendwann gingen mir Inspiration und Euphemismen aus.
    „Ich glaube, das Unerfreuliche bei Gesprächen mit sich selbst ist, dass man nichts neues erfährt.“ Ich seufzte. „Also, Louis, sag mir, was würde ich erfahren, wenn du dich mit dir selbst unterhalten würdest?“
    Zu meiner Überraschung ging er tatsächlich darauf ein – nur auf eine andere Art, als ich erhofft hatte.
    „Louis, ist dir schon aufgefallen, dass das Klischee anscheinend wirklich stimmt, dass Frauen die ganze Zeit reden müssen? – Ja, jetzt wo du es sagst … – Furchtbar anstrengend, oder? Autsch! He!“ Er fuhr zu mir herum und rieb sich den Hinterkopf da, wo mein wohlgezielter Apfel ihn getroffen hatte. Kurz befürchtete ich, dass er jetzt sauer sei und wieder komplett verstummen würde, aber als ich einen Anflug von Humor in seinen Augen sah, flammte meine Empörung wieder auf.
    „Das ist ganz und gar nicht lustig und überhaupt nicht fair.“ Aufgebracht baute ich mich Louis gegenüber mit verschränkten Armen auf meiner Hebebühne auf. „Ich habe in den letzten vier Tagen ungefähr zehn Sätze gesprochen. Noch weniger und ich rede irgendwann rückwärts.“
    Er schüttelte den Kopf über diese Logik, sagte: „Zwanzig“, und begann wieder zu pflücken.
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es die Auskunft auf die Frage nach seinem Alter war. Meine Güte, wenn ich jetzt für jedes Wort, das er mir zur Antwort gab, so ein Theater inklusive Apfelwurf machen müsste, würde die Konversation doch ein wenig mühsam werden.
    Ich kombinierte die gesammelten Informationen der letzten zwei Tage und schloss daraus: „Dann bist du schon mit fünf Jahren hierhergekommen?“
    „Nein.“
    „Nicht.“
    „Nein. Ich bin hier geboren worden. Aber seit ich fünf bin, arbeite ich hier“, sagte Louis nüchtern.
    Mit fünf Jahren ab aufs Feld? War das überhaupt erlaubt? „Dann sind deine Eltern auch hier?“
    Er antwortete nicht. Mal wieder. Doch ich würde jetzt nicht aufgeben. Ich wollte die ganze Wahrheit.
    „Ich schenke dir einen Apfel, wenn du mir die Geschichte erzählst.“ Das war witzig gemeint, führte jedoch leider nicht zum gewünschten Erfolg.
    „Es ist keine schöne Geschichte und es ist nicht nötig, dass du deinen hochwohlgeborenen Amazonenkopf damit belastest“, sagte Louis schroff und kletterte nach unten, um die Maschine anzuhalten und seine Äpfel vom Korb in die Kiste

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