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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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schlechtes Gewissen bekommen hatte. Statt zur Erntemaschine zurückzukehren, blieb ich stehen und begann, mein Pferd zu streicheln.
    Ich mache verdammt nochmal das Beste draus.
    „Also, nochmal von vorne. Ich möchte hiermit klarstellen, dass ich nicht frage, um Interesse zu heucheln, sondern nur, weil ich neugierig bin und du mich mit der einen oder anderen Antwort vor dem grausamen Tod durch Langweile beim Apfelpflücken bewahren kannst.“ Ich sah ihn nicht an, sondern konzentrierte mich ganz auf Hekates seidiges Fell. Das, was mich eigentlich interessierte, konnte ich nicht fragen, nämlich was geschehen war, dass er mich plötzlich wieder so abweisend behandelte. Aber es war besser, wenn ich mich damit gar nicht so genau befasste. Sowohl für meinen Verstand, als auch für mein Herz.
    Ich vernahm ein Geräusch, das ich nicht einordnen konnte, bis mir klar wurde, dass es wohl so etwas wie ein leises, sarkastisches Lachen war, und blickte auf.
    Er sah mich kopfschüttelnd an. „Du bist eine seltsame kleine Amazone.“
    Das war eigentlich eine üble Beleidigung, aber vielleicht hatte er ja recht. Außerdem war ich dankbar, dass er überhaupt reagierte, und beschloss, sie ihm dieses eine Mal durchgehen zu lassen.
    „Wie lange arbeitest du schon für die Amazonen?“, fragte ich erneut.
    Er schien mit sich zu kämpfen, was ich nicht verstand, immerhin war das eine vergleichsweise einfache Frage. „Über fünfzehn Jahre“, antwortete er schließlich widerwillig und machte sich auf den Weg in Richtung Erntemaschine.
    Schnell lief ich ihm hinterher und versuchte dann, mit ihm Schritt zu halten, während ich ihn von der Seite ansah. Ich suchte nach Spuren, die sein genaues Alter verrieten, aber seine sonnengebräunte Haut machte es mir schwer.
    „Dann musst du ziemlich früh damit angefangen haben“, stellte ich fest.
    „Jep.“ Mehr kam nicht.
    „Ich bin erst fünf Monate hier“, sagte ich, weil ich das Gefühl hatte, im Ausgleich auch etwas von mir preisgeben zu müssen, und er erwiderte: „Ja, ich weiß.“
    Als ich ihn überrascht anblickte, sah ich ihm an, dass er seine Worte bereute.
    „Ich habe dich gesehen“, erklärte er mit einem Schulterzucken.
    „Ja, ich weiß“, sagte nun ich. „Ich habe dich auch gesehen.“ Du hast ausgesehen, als wolltest du mich am liebsten sofort wieder aus der Stadt jagen, dachte ich, wollte aber nicht auf Konfrontationskurs gehen.
    Wir waren an der Maschine angekommen und begannen wieder mit der Arbeit. Wir unterhielten uns nicht mehr, aber das Schweigen kam mir ein klitzekleines bisschen weniger bedrückend vor.
     
    Am nächsten Morgen fiel mir das Aufstehen leichter als am Vortag. Ich hatte eine Mission. Beim Frühstück am nächsten Tag machte ich zwei belegte Brote, die ich in Butterbrotpapier eingepackt zur Plantage mitnahm. Meinen Schwestern gegenüber rechtfertigte ich den reichhaltigen Proviant, indem ich auf meinen immensen Appetit hinwies, den ich bei Gartenarbeit angeblich grundsätzlich entwickelte. Louis und ich schwiegen uns den gesamten Vormittag an, aber ich hatte mich daran gewöhnt und beschäftigte mein Gehirn mit der Frage, wie ich Louis dazu kriegen würde, mein Zweitbrot anzunehmen, ohne dass es wie eine peinlich-mitleidige Geste meinerseits aussah. Weil mir nichts einfiel, zögerte ich die Mittagspause hinaus, bis mein Magen so laut knurrte, dass Louis es gehört haben musste.
    Diesmal war er es, der fragte: „Pause?“
    Ich seufzte und nickte.
    Bei den Pferden angekommen, packte ich meine Brote aus und warf ihm einfach eins davon zu.
    Er fing es, fragte aber im selben Moment scharf: „Was soll das?“
    „Wir sollen mehr zu essen mitnehmen, weil es wohl ein paar Fälle von Unterzucker gab, aber ich denke, es lag eher an der Hitze, und wenn ich dieses Brot auch noch esse, werde ich zu fett“, plapperte ich ohne Sinn und Verstand los und nestelte an meiner Satteltasche herum, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. Schnell setzte ich hinzu: „Du musst es selbstverständlich nicht essen. Wenn du es nicht willst, schmeiße ich es weg.“
    Das würde ich natürlich nie im Leben tun; ich hatte nach dem Verfall Entbehrungen genug erlebt, die für immer dafür sorgen würden, dass ich mich eher überfraß, als ein unverdorbenes Nahrungsmittel wegzuwerfen. Ich konnte mir vorstellen, dass er mich für diesen letzten Satz noch mehr verachtete, als er es ohnehin tat, aber das konnte ich in diesem Moment nicht ändern. Aus dem Augenwinkel

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