Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
zufrieden: „Siehst du, jetzt ist die Zeit viel schneller vergangen“, und schaltete die Maschine ab.
Er ging nicht darauf ein, sondern besah sich die Reihen von Apfelbäumen. „Morgen dürften wir mit den Äpfeln fertig werden.“
„Was kommt danach?“, fragte ich und verstand das unruhige Gefühl zuerst nicht, das mich beschlich.
Freu dich, sagte mein Verstand. In absehbarer Zeit bist du mit dem Apfelpflücken durch!
Das ist aber nicht der Punkt, mischte sich mein Herz ein.
Es war die Tatsache, dass ich nicht wusste, ob wir ein Team bleiben würden, die mich beunruhigte. Jetzt, wo ich endlich begonnen hatte, ein bisschen hinter Louis' Fassade zu blicken, wollte ich noch mehr herausfinden. Vielleicht würde ich dann auch irgendwann seine Reaktion bei unserer ersten Begegnung verstehen können.
Er zuckte mit den Achseln. „Zwetschgen, Birnen, womöglich Trauben.“
Das sagte nichts darüber aus, wer dieses Obst mit wem pflückte–
– aber was spielt es schon für eine Rolle. Du hast weit Wichtigeres zu tun, als hinter das Mysterium geheimnisvoller Erntehelfer zu kommen.
Wir gingen zu den Pferden, ich saß auf und wartete, dass auch Louis sich auf den Rücken seines Aspa schwang. Aber er stand nur da, hielt es am Zügel und wartete.
„Was ist?“, fragte ich.
„Was soll sein?“, fragte er zurück und ich weiß nicht, ob er wirklich so begriffsstutzig war oder nur so tat.
„Reiten wir nicht zurück?“
Er runzelte die Stirn. „Zusammen?“
„Warum nicht, wir haben ja auch den ganzen Tag zusammen gearbeitet.“
„Das ist etwas anderes. Du bist noch nicht so lange hier, deswegen hast du das vielleicht noch nicht begriffen: Wir leben zwar beide hier, aber in zwei verschiedenen Welten. Diese zwei Welten überschneiden sich nur minimal an einigen wenigen Punkten. Die Feldarbeit ist einer davon, zusammen reiten definitiv nicht.“
„Weil es uns nicht zusteht“, sagte ich ironisch und äffte damit seine und Tetras Worte nach.
Härter setzte er hinzu: „Außerdem habe ich nichts dagegen, alleine zu reiten. Da habe ich meine Ruhe.“
Das Wort endlich sparte er sich, aber ich hörte es auch so heraus. Eigentlich wollte ich sagen, dass mir das egal war, weil ich meine Welt dort überschneiden ließ, wo ich es wollte, und mir nicht irgendwelche überholten Klassenvorstellungen aufpfropfen ließ. Aber seine Unfreundlichkeit machte mich wütend, deswegen schüttelte ich resigniert den Kopf und ritt grußlos davon.
Ich galoppierte im Licht der tiefstehenden Sonne über die Felder. In meinem Kopf wirbelten Gedankenfetzen über das zuletzt geführte Gespräch herum. Es war mir bewusst, dass ich ungerecht war, immerhin hielt er sich lediglich an die Regeln, mit denen er offensichtlich aufgewachsen war. Aber es ärgerte mich einfach, dass man diese Regeln nicht hinterfragte, zumal sie anscheinend mit einigen Ungerechtigkeiten einhergingen, wenn ich mir Louis' Kleidung und sein Mittagessen im Vergleich zu meinem ansah. Das war wohl das Problem mit Jahrtausende alten Kulturen – sie gingen nicht mit der Zeit. Zumindest nicht genug.
Nach dem Abendessen suchte ich Areto auf, die neben ihrer Haselmaus-Freundin auf einer Couch im Atrium saß. „Mit den Äpfeln werden wir morgen im Laufe des Tages fertig. Wo soll ich denn danach hin?“
Sie maß mich mit einem überraschten Blick und stellte fest: „Schon? Da warst du ja recht schnell.“
„Wenig Ablenkung ist das Geheimnis, schätze ich“, antwortete ich mit unbegeisterter Miene.
Sie klappte eine Ledermappe auf, holte eine Liste hervor und fuhr mit dem Zeigefinger darauf herum.
„Hm, du kennst dich ja mit der Maschine inzwischen aus, deswegen würde ich vorschlagen, dass du bei den Birnen weitermachst. Das ist die Plantage daneben, etwas weiter südlich.“
Ich nickte. Äpfel, Birnen, mir war alles einerlei. Nur eins war mir nicht ganz so einerlei.
„Mit wem werde ich im Team sein?“, fragte ich und fühlte mich unbehaglich. Wie schön wäre es, mit einem der Mädels arbeiten zu können. Und andererseits …
Areto schien mir meine Befangenheit anzumerken und missinterpretierte sie. Mit schlecht verhohlenem Bedauern sagte sie: „Leider, leider arbeiten deine Schwestern nicht ganz so flink wie du. Sie sind noch nicht frei, du wirst also in derselben Teamkonstellation wie bisher weiterarbeiten müssen.“
Unerklärliche Erleichterung strömte durch meine Adern. „Okay“, sagte ich mit einem kleinen Lächeln, das ich aber sofort aus
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