Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Selbstsicherheit hätte mir geholfen, die Nervosität zu unterdrücken, die langsam in mir aufstieg. Vermutlich hätte ich froh sein sollen, dass ich überhaupt etwas fühlte, aber im Augenblick war mir einfach nur schlecht.
„Bedenkt aber auch, dass ihr eine Aufgabe habt, eine Mission. Und eine kleine Meinungsverschiedenheit mit eurem jeweiligen Mashim ist kein Grund, sie vorzeitig abzubrechen. Es ist euch nur erlaubt, euch dreimal als Yashta zu melden, verschwendet eure Chance also nicht. Die 'Shimet haben zwar in mancher Hinsicht mehr Erfahrung als ihr“, jetzt wandte sie sich ruckartig von mir ab, „aber sie wissen auch nicht, was sie zu erwarten haben und sind genauso nervös wie ihr. Macht es ihnen also nicht zu schwer. Versucht, höflich zu sein, seid nicht ungeduldig mit ihnen, lasst sie zu Wort kommen, solche Sachen. Hört ihnen zu, wenn sie etwas erzählen, und versucht, Interesse zu zeigen. Wie auch immer, ihr sollt wissen, dass ihr von Themiskyra vollen Rückhalt erwarten könnt, egal, was passiert.“
Ich war mir nicht sicher, ob das ihr Standardtext war, oder ob sie nur so dick auftrug, weil sie mich das alles wissen lassen wollte. Victoria wackelte aufgeregt neben mir auf der Couch hin und her und machte mich zusätzlich nervös. Irina hingegen wirkte vollkommen gelassen. Ich schätze, bei ihr war es wirklich der Kinderwunsch, der sie trieb.
„Wenn ihr noch Fragen habt, könnt ihr euch gerne an mich wenden – oder an eine der früheren Yashti. Sie werden euch sicher gerne weiterhelfen“, versicherte uns Atalante, bevor sie uns entließ.
Ich dachte an meine Cousine Padmini, aber ich wusste nicht, was ich sie hätte fragen sollen. Sie jedoch besuchte mich, am Tag von Yazama selbst.
Als sie an die Tür pochte, stand ich gerade vor meinem Kleiderschrank. Das hatte ich auch schon die vergangenen eineinhalb Stunden getan – dennoch war meine lederne Reisetasche bis auf meinen Waschbeutel und den kleinen Dolch mit dem Hirschhorngriff vollkommen leer. Ich starrte nur in die Dunkelheit des Schrankinneren und versuchte seit geraumer Zeit, meinen Fluchtreflex zu unterdrücken. Polly war noch unterwegs und half bei den Vorbereitungen, aber sie wäre mir ohnehin keine große Hilfe gewesen, sondern hätte mich mit wortlosen Ich hab's dir doch gleich gesagt, es ist eine Schnapsidee -Blicken in den Wahnsinn getrieben.
Auch nachdem meine Cousine eingetreten war, konnte ich meine Augen nur mit Mühe von den mehr oder weniger ordentlichen Kleiderstapeln lösen. Ich wandte mich um und sah, dass sie ihre Tochter auf der Hüfte sitzen hatte. Mit ihrem schwarzen Lockenkopf und den dunkelblauen, langbewimperten Augen konnte man der kleinen Ama jetzt schon ansehen, dass sie einmal mindestens so hübsch wie ihre Mutter werden würde.
„Was willst du hier?“, fragte ich ungehalten. Ich hatte keine Lust auf einen weiteren Pep talk.
Sie grinste mich an. „Das ist mein Text.“
„Dieses Jahr ist es meiner.“
„Und, schon gepackt?“ Sie reckte den Hals, um einen Blick in meine Tasche zu werfen.
„Fast.“ Schnell stellte ich mich vor das Gepäckstück, doch Padmini hatte schon gesehen, dass darin gähnende Leere herrschte.
Sie seufzte gespielt genervt auf, drückte mir meine Nichte in den Arm und schob mich zur Seite. „Ich sehe schon, du kommst überhaupt nicht zurecht. Lass mich mal.“ Ohne auf meinen Protest einzugehen, durchwühlte sie die Fächer und legte nach und nach Kleidungsstücke in die Tasche, wesentlich sorgsamer, als sie selbst vor zwei Jahren gepackt hatte. „Ich meine, im Grunde brauchst du ohnehin nicht viel zum Anziehen.“
Das war das Letzte, was ich hören wollte, aber mir fehlte die Bewegungsfreiheit, um mir beide Ohren zuzuhalten. Ama war inzwischen ziemlich schwer geworden und ich das ungleichmäßig verteilte Gewicht nicht gewöhnt, deswegen setzte ich mich auf mein Bett. Sie entwand sich aber nicht wie sonst meinem Griff, um sich todesmutig auf den Boden zu stürzen und sich dann, godzillagleich in Anmut und Zerstörungswut, über den Raum herzumachen, sondern blieb auf meinem Schoß sitzen. Hochkonzentriert sah sie an mir hoch, dann streckte sie ihren kleinen Zeigefinger aus und tippte überraschend vorsichtig auf den goldenen Anhänger mit der Hirschkuh, den ich stets trug.
„Ell!“, sagte sie. Zumindest klang es so.
Offenbar auch für Padmini. Sie fuhr herum und rief enthusiastisch: „Ell, sie hat Ell gesagt! Hast du das gehört?“ Schnell lief sie zu uns und gab
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