Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Treppenschachts wider und fast erwartete ich ein Empfangskomitee aus Schatten, als wir durch eine Tapetentür traten. Doch der Gang lag verlassen vor uns.
Wir hielten uns nicht damit auf nachzusehen, was hinter den Türen lag, die auch diesen Flur säumten. Mein Ziel befand sich einen Quergang weiter und nachdem ich dort um eine Ecke gespäht hatte, wusste ich, dass meine Vermutung richtig gewesen war. Vor einer breiten Tür waren zwei weitere Wachen postiert, die sich entspannt unterhielten. Das Gebäude mochte gut gesichert sein, aber selbst für eine große Wachmannschaft war es einfach zu ausladend, um den Überblick zu behalten. Offensichtlich hatten sie von der Auseinandersetzung im Erdgeschoss überhaupt nichts mitbekommen.
Wir entledigten uns ihrer auf die bewährte stille Art und Weise und stürmten in den großen Prunkraum. Vor dem offenen, marmorummantelten Kamin, auf dessen Sims kleine Statuen, Mörser und Schalen aufgereiht waren, stand ein einzelner, kahlköpfiger Mann mit dem Rücken zu uns. Sobald er unser Eindringen bemerkte, fuhr er herum und zog sich im selben Moment seine Kapuze über, sodass sein Gesicht nur noch mundabwärts zu erkennen war, während der Rest im Schatten verborgen war.
„Arkadier“, sagte er nur. Ich erkannte die Stimme wieder, deren Kälte mir einen Schauder über den Rücken jagte. Er war der Mann gewesen, der mich vor der Residenz angesprochen hatte.
„Arich Llandre?“, fragte ich.
„Ja“, erwiderte er mit einer Mischung aus Stolz und Unwillen.
Das war Nias Stichwort. Sie jagte ihm einen Pfeil in den rechten Oberschenkel, allerdings einen von der rustikalen Sorte, nicht einen der kleinen, die sie für die Betäubungsschüsse verwendet hatte. Llandre gab ein unterdrücktes Keuchen von sich. Er taumelte auf einen Sessel zu, hielt sich an der Lehne fest und riss sich mit einem Fluch das Geschoss aus dem Fleisch. „Euch dürfte klar sein, dass ihr dieses Gebäude nicht lebend verlassen werdet“, knurrte er schwer atmend. „Ich brauche nur nach den Wachen zu rufen und –“
„Diese Wachen?“, erkundigte sich Ces interessiert, der noch an der Tür stand. Er trat einen Schritt auf die Seite und gab den Blick auf die beiden narkotisierten Männer frei. „Oder die zehn bis zwanzig, die im Erdgeschoss liegen?“
Der Mund des Kuttenmannes wurde zu einem schmalen Strich. Er begann, sich hinkend rückwärts zu bewegen, doch Will schnitt ihm den Weg ab und auch Munin, Nia und ich zogen den Kreis enger um ihn. Ces schloss die Tür und bezog neben mir Posten. Nur Chiara schritt in aller Ruhe zum Kamin und fing an, nach und nach die erbeuteten Umhänge mit spitzen Fingern ins Feuer zu werfen.
„Wo ist Verne?“, fragte ich und bemühte mich dabei um die gefährliche Ruhe , die Atalante so perfekt beherrschte.
„Ich weiß es nicht“, stieß Llandre hervor und beugte sich vor, um einige Lagen Stoff seines Umhangs auf die Wunde zu pressen. „Das werdet ihr bereuen …“
„Nimm die Kapuze ab“, befahl Nia. Als er nicht reagierte, schoss sie einen weiteren Pfeil ab, der knapp an seinem Kopf vorbeisauste und sich in einen Wandfries hinter ihm bohrte. „Jetzt.“
Widerstrebend richtete er sich auf und zog den Stoff nach hinten weg. Dabei enthüllte er sein Gesicht, das jünger war, als ich erwartet hatte, aber dennoch gezeichnet. Über seine linke Seite zog sich unter einer leeren Augenhöhle eine tiefe Narbe bis zum Kinn. Das andere Auge jedoch enthielt genug Bosheit für zwei. Kein Wunder, dass er die Kapuzenumhänge zur Uniform erklärt hatte, sein Anblick war definitiv verzichtbar.
„Wo ist Verne?“, wiederholte Will und packte ihn am Kragen seiner Kutte, doch Arich schwieg mit erstarrtem Gesichtsausdruck.
„Offensichtlich hat er kein Interesse am Gegengift“, ließ Munin verlauten, zuckte mit den Schultern und wandte sich zum Gehen. „Soll er sterben, wir finden Verne auch so.“
„Gegengift?“, ächzte Llandre und zerrte an Wills Händen.
„Du müsstest es eigentlich schon merken.“ Munin hob vorsichtig den Pfeil auf, den Llandre wutentbrannt von sich geschleudert hatte. Versonnen betrachtete er die Spitze durch die blauen Gläser seiner Sonnenbrille. „Dein Mund wird trocken, deine Beine schwer, ausgehend von der Wunde in deinem Oberschenkel, und es bereitet dir zunehmend Probleme, zusammenhängende Gedanken zu fassen.“
Llandres sehendes Auge zuckte und Schweißperlen traten auf seine Stirn. Ich merkte ihm an, dass er alle Symptome durchging
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