Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
hindurch. Du kannst es nicht wieder gut machen. Alles war umsonst.
Mechanisch stieg ich vom Kutschbock, ohne den Blick von Louis abzuwenden. Er sah anders aus. Nicht nur wegen der kürzeren Haare. Nicht nur wegen der offensichtlich maßgeschneiderten Uniform, die ihm verdammt gut stand, ihn jedoch viel unnahbarer erscheinen ließ als die abgewetzte Arbeiterkleidung, in der ich ihn kennengelernt hatte. Nicht nur, weil er mich nicht mehr liebte. Nein, er wirkte einfach so viel härter und verbitterter – und schon, als wir noch zu Hause gewesen waren, war er kaum jemand gewesen, den ich als Sonnenschein bezeichnet hätte. Und trotzdem … liebt e ich ihn. Auch, wenn es so wehtat, dass ich kaum atmen konnte.
„Was habt ihr geladen?“, wollte er in schroffem Tonfall wissen.
„Metallteile. Schrott. Eine Solaranlage“, hörte ich Will antworten.
„Ich will die Ware sehen.“ Celeste machte Anstalten, um den Planwagen herumzugehen, aber Louis hielt sie mit einer Handbewegung auf.
„Ich mach’ das schon. Durchsuch du das Mädchen.“
Will raunte mir hastig etwas zu, aber ich bekam es nicht mit, genauso wenig wie Celestes Leibesvisite, die ich regungslos über mich ergehen ließ. Ich begriff nicht, was passiert war.
Natürlich tust du das, sagte mein Verstand. Was hast du denn erwartet? Er hat deinetwegen so viel aufgegeben. Und so viel Zeit ist seither vergangen …
Aber ich muss doch zumindest mit ihm reden!
Ich drehte den Kopf und sah, dass Louis Will schon nach Schusswaffen durchsucht hatte. Nun schlug er die Plane zurück und beugte sich über die Ladefläche. Will wirkte wie versteinert. Ihm musste inzwischen klar geworden sein, was in mir vorging. Er bemerkte meinen Blick und nickte mir zu, wie um mich aufzumuntern, aber ich war ja noch nicht mal mit dem Begreifen durch.
„Alles klar, der Wagen ist sauber“, ließ Louis verlauten, bevor er mit großen Schritten zu seinem Pferd zurückging und sich auf dessen Rücken schwang.
„Die Kleine auch“, berichtete Celeste und stieg ebenfalls auf. „Dann hat sich dein Informant wohl getäuscht.“ Sie wedelte gnädig mit der Hand und ließ ihr Aspa antraben. „Ihr könnt weiterfahren.“
Stopp. Warte. Panisch stolperte ich einen Schritt auf Louis zu. Ich kann nicht zusehen, wie er ein weiteres Mal wegreitet … nicht einfach so.
Doch er wendete bereits sein Pferd und knurrte nur: „Hau schon ab.“ Er sah mich nicht mal richtig an dabei.
„Aber –“
Will packte mich am Arm. Auch er war offenbar ziemlich durch den Wind. „Los, weg hier“, zischte er und zog mich wieder auf den Wagen. Und ich … ließ mich ziehen.
Was willst du tun? Ihm hinterherlaufen? Dich vor ihm in den Staub werfen? höhnte meine innere Amazone. Kommt doch gar nicht in Frage. Er liebt dich nicht. Deine Entscheidung damals war richtig, das ist jetzt wohl mehr als offensichtlich. Polly ist wichtiger als dieser 'Shim. Was hast du alles für ihn aufgegeben?! Er hat es nicht verdient.
Will trieb gehetzt die Pferde an, schien es eilig zu haben, möglichst viel Distanz zwischen Louis und mich zu bringen. Ich sah mich nach ihm um, sah ihm nach, bis die Dunkelheit ihn verschluckte, bis die Dunkelheit mich verschluckte.
Die Fahrt zu unserem Kunden ging an mir vorüber, ohne, dass ich mich im Nachhinein an irgendetwas erinnern konnte. Es war dunkel und kalt, überall. Mein Herz fror nicht ein, aber ich wünschte es mir fast. Stattdessen tat es einfach höllisch weh.
Mit dem Typen, dem wir die Kisten lieferten, hatte Will anscheinend eine Auseinandersetzung, einzelne aufgebrachte Worte und Satzfetzen drangen an mein Ohr ohne einen Sinn zu ergeben, aber ich suchte ihn auch nicht.
Nachdem Will wieder auf den Kutschbock gestiegen war, grinste er mich an. „Alles gut.“
Nichts war gut. Und ich sah auch keinen Weg, wie es jemals gut werden könnte.
Zurück bei der Fabrikhalle half ich Will wie betäubt dabei, die Pferde abzuschirren. Ich spürte seine Blicke, war jedoch unfähig zu reagieren, und sobald die Arbeit getan war, kletterte ich die Treppe ins Dachgeschoss des Stalls hoch und setzte mich aufs Fensterbrett. Ich konnte jetzt unmöglich mit der Anwesenheit von Shirokkos Leuten und Chiaras Perfektionismus umgehen. Ihren Fragen, ihrem Mitleid, ihren Aufmunterungsversuchen.
Nur ein Hauch von Licht drang hier herauf, doch er reichte, um mein Spiegelbild in der Glasscheibe zu erkennen. Ich suchte nach der starken Frau, die ich im Fenster von Atalantes Studierzimmer gesehen
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