Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
nehmen. Bring mich nach Riparbaro. Bitte“, setzte ich hinzu und ließ das Schwert sinken.
Er blickte mich lange an. Schließlich fluchte er leise etwas Unverständliches. „Na gut. Ich weiß, ich werde es bereuen. Aber was soll's.“ Ruckartig wandte er sich ab und hob seine Sporttasche auf den Tisch. „Tu mir den Gefallen und begib dich nicht unnötig in Gefahr. Ich trage die Verantwortung für dich.“
Mit Mühe unterdrückte ich einen bissigen Kommentar. „Wie willst du mich denn beschützen? Kannst du überhaupt kämpfen?“
Er wirkte beleidigt. „Natürlich.“
Ich sah ihm dabei zu, wie er aus seiner tadellosen TrailGod TM -Tasche eine Jacke aus feinstem, cognacfarbenem Lammleder nahm und hineinschlüpfte. „Du siehst nicht so aus, als hättest du jemals für irgendetwas kämpfen müssen.“
„Musste ich auch nicht. Es gehört zu den Dingen, die ich lernen musste, um mich auf das hier vorzubereiten.“
Verstand ich nicht. „Was hast du denn erwartet, als du hierher kamst?!“
„ Das mit Sicherheit nicht. Aber so meinte ich es nicht. Amazonen sind aktive, selbstbewusste Frauen und sie verlangen nach einem Partner, mit dem sie ihre Kräfte messen können.“
„Wo hast du denn das gelesen?“, schnaubte ich.
„Wenn ihnen nicht langweilig werden soll, müssen wir ihnen mehr bieten, als interessante Gesprächsthemen und fabelhaften, stundenlangen, hemmungslosen –“, sein kurzzeitiger Triumph, mir was reinwürgen zu können, prallte an meinem vollkommen unbeeindruckten Blick ab, „… Humor“, schloss er und räusperte sich. „Und so ein kleines Gefecht zwischendurch klärt den Kopf und schürt die Leidenschaft.“
„Aha.“
Während ich die Kerzen löschte und das Sommerhaus absperrte, belud Cesare unsere Aspahet und führte sie aus dem Stall. Offenbar hatten Hekate und der Braune, den er mir als Sirio vorstellte, sich tatsächlich mit einander angefreundet und wirkten sehr innig – was man von ihren Reitern nicht behaupten konnte, gemessen an den Blicken, mit denen Cesare mich zu erdolchen versuchte. Ich ignorierte sie und saß auf.
„Erst mal weiter am See entlang“, ordnete ich an. Vor Riparbaro hatte ich noch ein weiteres Ziel.
Der warme Sommerwind trieb mich voran und unzählige Sterne funkelten am klaren Himmel. Eine Weile ritten wir schweigend im Mondlicht nebeneinander her.
„Was musstest du denn noch alles lernen? Kartentricks? Origami? Modernen Ausdruckstanz?“, fragte ich irgendwann.
„Mach dich nur lustig“, knurrte er, hatte dann offenbar aber doch das Gefühl, sich erklären zu müssen. „Der Wohlstand der Clans basiert seit Jahrhunderten darauf, dass sie ihre Pflichten den Amazonen gegenüber erfüllen. Selbstverständlich wird alles unternommen, um diesen Status zu halten. Deswegen gibt es Regeln. Den Kodex. Und eine Ausbildung, die sicherstellt, dass der Besuch des Sommerhauses ein Erfolg wird, auf der ganzen Linie. Dazu gehört neben umfassendem Allgemeinwissen auch das Erlernen verschiedener Musikinstrumente, Fremdsprachen, gängiger Gesellschaftstänze, Kampfkünste et cetera. Wir unternehmen alles, dass eine Yashta sich in unserer Gegenwart wohlfühlen kann.“
„Alles?“
„Selbstverständlich.“
„Also, ich gerate ja erst in Wallung, wenn der Mann ein Hühnerkostüm trägt, auf einem Bein durchs Haus hüpft und dabei Ziehharmonika spielt …“
„Du bist blöd.“ Aber im Augenwinkel sah ich, dass er grinsen musste.
„Fremdsprachen?“
„Qui.“
„¿Hay un médico a bordo?“, testete ich mein Urlaubsspanisch an ihm.
„Desde luego, también nos han enseñado como podemos realizar medidas de soporte vital básico, el tratamiento y la terapia de enfermedades corrientes y operaciones quirúrgicas sencillas. Por cierto, tu acento suena fatal, cariño.“
Ich kleidete meine Verständnislosigkeit in ein zustimmendes Nicken.
„Was wir im Sommerhaus tun – eigentlich tun sollten, ist lebenswichtig für meine Familie, verstehst du das?“, fragte er eindringlich.
„Ja. Und es tut mir leid, dass es nicht so gelaufen ist, wie es sollte. Ich werde dafür sorgen, dass es keine Konsequenzen für dich und deinen Clan hat.“
„Wie willst du das anstellen?“ Er schien wenig überzeugt.
„Innerhalb von zwei Monaten werde ich Louis bestimmt finden. Bis dahin wird mich keiner vermissen. Keiner außer deiner Familie wird je davon erfahren, dass du mir den Weg gezeigt hast.“
Binnen einer halben Stunde erreichten wir Victorias Sommerhaus.
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