Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
einen Brief zurückgelassen. Außerdem würde sie nicht wollen, dass du alleine losziehst.“
Ich war mit meinem Latein am Ende. Er ließ mir keine andere Wahl. Ich griff zum Schwert, doch ehe ich es ziehen konnte, war er mit einem großen Schritt bei mir und umschloss meine Hand mit der seinen. Ziemlich fest. Und ziemlich schmerzhaft, denn der Schwertknauf drückte sich mir in die Handknochen. Ces' gute Laune war wie weggewischt.
„Wag es nicht noch einmal, mich zu bedrohen“, knurrte er. „Nie wieder.“
Wir starrten uns ein paar Sekunden lang wütend an, dann siegte der Schmerz.
„Dann komm eben mit, verdammt“, brachte ich gepresst hervor und er ließ los.
Ich spielte mit dem Gedanken, ihm einfach etwas über den Schädel zu ziehen, wenn er mir den Rücken zuwandte, aber stattdessen knetete ich nur meine rechte Hand, um wieder Gefühl hinein zu bekommen. Wahrscheinlich war es wirklich sinnvoller, nicht alleine aufzubrechen, aber mir graute davor, ständig auf Ces' Ehrenkodex und Befindlichkeiten Rücksicht nehmen zu müssen. Ich musste einfach darauf hoffen, dass er bald die Lust an dem Trip verlieren würde, wenn er feststellte, dass ihm das Leben fernab von Riparbaros gemütlicher Sorglosigkeit nicht zusagte.
„Mit dem größten Vergnügen.“
„Woher wusstest du überhaupt, dass ich heute Nacht aufbrechen würde?“, wollte ich wissen, als ich mein Gepäck auf Hekates Rücken befestigte.
„Ich kenne dich zwar noch nicht lang, aber lang genug, um zu wissen, dass so eine überstürzte Aktion genau dein Ding ist. Gio hat mir erzählt, dass du die Suche hier aufgibst. Außerdem ist dein Zimmer über meinem und ich habe dich hin- und herlaufen hören. Vom Schrank zum Bett und zurück, immer wieder. Da wusste ich, dass du packst.“
Er holte Sirio und ich sah, dass auch er bereits mit diversen Gepäckstücken beladen war. Wir führten die Aspahet über das Gras, damit ihr Hufschlag die Bewohner des Baumhauses nicht weckte, und saßen erst vor der steinernen Brücke auf. Dann wechselten wir einen kurzen Blick.
„Los?“
„Los.“
Die erste Zeit ließ ich Cesare voranreiten, da seine Ortskenntnis verhinderte, dass wir irgendwo abrutschten und im Wasser landeten. Obwohl der Mond schien, schaffte es sein Licht kaum durch die Bäume, deshalb nahmen wir unsere Taschenlampen zu Hilfe – ich meine gute, alte, treue Schütteltaschenlampe und Ces seine spritzwassergeschützte Premium-Drehtaschenlampe aus Polycarbonat. Nachdem wir die Flussauen hinter uns gebracht hatten, übernahm ich wieder die Führung.
„Wohin reiten wir?“, fragte Cesare nach einer Weile.
Ich zögerte kurz, denn mir war klar, dass ich mir mit meiner Antwort die Chance nahm, meine unfreiwillige Reisebegleitung doch noch irgendwo abzuschütteln. Aber ich wollte ihn nicht anlügen und er wusste, dass ich nicht ins Blaue hinein ritt, sondern ein Ziel hatte. „Citey.“
Citey. Der letzte Ort auf der Welt, an den ich zurückkehren wollte. Ich dachte, ich hätte ein für alle Mal abgeschlossen mit der verdammten Stadt, die meinen Vater auf dem Gewissen hatte. Meine Freunde. Mein altes Leben. Der enge, graue Ort, dem meine Mutter entflohen war. Der leuchtende, pulsierende Ort, der für Louis stets ein Faszinosum gewesen war, ein Traum, sein Ziel. Natürlich. Citey .
„Citey?“, echote Ces. „Das schaffen wir doch nie in der restlichen Zeit. Da suchen wir uns ja dumm und dämlich.“
„Bei meinem letzten Besuch war die Stadt vergleichsweise entvölkert“, formulierte ich vorsichtig. „Warst du mal dort?“
„Ja, als Teenager. Wir haben mit der Familie einen Trip dorthin gemacht, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Die Stadt ist cool.“
„Seitdem hat sie sich ein wenig verändert.“ Und ich war auch nur auf dem Stand von vor vier Jahren. Mir graute bei dem Gedanken, wie sich Citey seither weiterentwickelt haben mochte.
„Und du glaubst, er ist dort?“
„Ich hoffe es zumindest. Louis wollte immer nach Citey. Wenn er sich Dante nicht verpflichtet gefühlt hätte, wäre er schon lang dorthin gezogen. Trotzdem war ich davon überzeugt, dass er sich zuerst nach Riparbaro aufmachen würde. Es lag ihm so viel daran, etwas über seine Herkunft herauszufinden. Verdammt!“
„Was?“
„Ich habe das Bild vergessen … Louis’ Phantombild, das Lilja für mich angefertigt hat.“ Ich hätte mich in den Hintern beißen können. Die Zeichnung lag sorgfältig gefaltet unter meinem Kopfkissen, wo ich sie immer in Griffweite
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