Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
besonders und zog sich darum immer in ihr Muschelschalen-Haus zurück, wenn jemand kam. Irgendwann hat Enibararas jüngster Sohn Maramen, der auch nicht allzu gern mit Leuten zusammen war, sie gerochen. Enibarara forderte Eigigu daraufhin auf, zu ihr zu kommen. Sie gefiel Maramen, und Maramen gefiel ihr, und seither leben sie gemeinsam im Mond. Sie sind vom Strand aus auf einer silbernen Wolke hingeflogen oder etwas in der Art.«
»Die Geschichte klingt ganz schön durcheinander«, fand Pirx. »Vor allem das mit der Mutter. Jagt das Mädchen einfach wieder weg, obwohl es am Bein verletzt ist. Warum macht sie das?«
Rian kniff die Augen zusammen. »Vielleicht wollte sie, dass sie die Wunde wäscht. Aber das hätten sie einfacher haben können, denn es hat doch jeder Wasser im Haus. Vielleicht ist Salzwasser besser, wenn Menschen Wunden haben. So viel besser, dass es die zusätzliche Qual des verwundeten Mädchens aufwog. Oder …« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Oder aber sie hatte gar keine Wunde. Möglicherweise war ihr Bein aus einem anderen Grund blutig, und sie sollte am Strand bleiben, damit sie sich dort regelmäßig im tieferen Wasser waschen konnte, bis die Blutung gestillt war. Viele Menschen glaubten früher, solches Blut würde die Häuser beschmutzen. Das könnte es erklären.«
Pirx starrte Rian mit großen Augen an. »Und könnte sie mit dem blutigen Wasser den Baum gewässert haben? Und das hat das Portal zu Enibararas Heim geöffnet?«
»Es wäre denkbar. Frauenblut hat starke Magie. Sie könnte ihre magischen Fertigkeiten unbeabsichtigt auf diese Weise eingesetzt haben. Oder auch absichtlich, weil sie sich ungerecht behandelt fühlte und wegwollte. Manchmal können Menschenkinder mit starkem Willen auf diese Weise ihre Magie wecken.«
»Aber wenn das nur
ihr
Weg in diese Welt war, hilft es uns nicht weiter«, merkte Grog an.
Rian rieb sich über das Kinn und sah auf das Meer hinaus. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wir sollten im Auge behalten, dass Eigigu vermutlich Magie mit ihrem Blut gewirkt hat, um von einer Welt in die andere zu gelangen. Und möglicherweise kennt sie einen Weg, mit ihrem Blut innerhalb unserer Welt zu reisen. Vielleicht kommt sie so zum Mond, wenn sie unterwegs ist.«
Pirx schob seine Mütze zurecht. »Und was ist mit dem anderen? Dem, laut dem dir das den Weg öffnet, was du bist?«
»Was ich bin, öffnet mir den Weg … Zum einen bin ich ebenso wie Eigigu eine Frau. Wäre sie keine gewesen, hätte sie vermutlich nie die Kraft ihres Blutes entdeckt, also könnte das ein wichtiger Punkt sein. Zudem … Das mit der Muschel kommt mir seltsam vor. Vielleicht ist sie nicht nur eine Frau, sondern sogar ebenso wie ich eine Jungfrau gewesen. Vielleicht hat der scheue Maramen sie genau deshalb haben wollen. Weil nur eine Jungfrau mit ihm zum Mond kommen konnte.«
Die Mondsichel war inzwischen ein Stückchen weitergewandert, und ihr Licht warf ein von den Wellen zerrissenes silbernes Band über das Wasser. Rian starrte darauf und schlug sich plötzlich gegen die Stirn.
»Natürlich! Die Mondpfade … Wie begriffsstutzig bin ich eigentlich? Nur Frauen können die Mondpfade gehen, und das Einzige, wofür meine verdammte Jungfernschaft gut ist, besteht darin, dass ich sie jederzeit rufen kann! Und dafür brauche ich tatsächlich mein Blut.«
»Du meinst …« Grog wirkte etwas verlegen, als er andeutungsweise zwischen seine Beine deutete.
Rian lachte auf. »Nein, solches Blut muss es nicht unbedingt sein. Aber Salzwasser verstärkt diese Wirkung, weshalb man meist Tränen benutzt. Meerwasser könnte mit so starkem Blut aber vielleicht auch ausreichen, um einen Mondpfad zu öffnen – und die können sich sogar zwischen den Welten erstrecken. Eigigu hat gar kein normales Portal verwendet, sondern von Anfang an ihre Affinität mit dem Mond genutzt! Vielleicht passten sie und Maramen genau deshalb auch so gut zusammen.« Rian klatschte in die Hände und strahlte.
»Das klingt gut«, stimmte Grog zu. »Sicher ist es den Versuch wert. Also nehmen wir den Mondpfad.«
Rians Lächeln floh, und sie strich über Grogs Schulter. »Ich sagte doch, nur Frauen können die Mondpfade benutzen. Ihr werdet hier auf mich warten müssen.«
Der Grogoch stöhnte auf. »Jetzt haben wir uns gerade wiedergefunden, und da willst du schon gehen?«
»Ich komme ja zurück«, tröstete Rian. »Aber es gibt eben Dinge, die ich allein tun muss. Ihr passt inzwischen auf, dass der Pfad
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