Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
wa!« Der runzelige Papagei schnappte nach Luft, plusterte sich auf und wedelte mit den zerrupften Flügeln. »Zerfließen wirst du, wenn du ihn siehst, jawohl. Genau wie Molly.«
»Und wer ist diese Molly, bitte schön? Oder besser gesagt, wo ist sie denn hin, wenn das hier ihr Kleid ist, wie Sibyll sagt? War sie so betört von deinem Piraten, dass sie sich bei der erstbesten Gelegenheit über Bord stürzte?«
Auf einen Schlag ließ Schnickschnack die Flügel hängen und nestelte mit seiner Schnabelspitze an ein paar Daunenfedern auf seiner Brust herum. »Molly Gru war die größte Piratin aller Zeiten. Schneidig wie der Nordwind, überschäumend wie die Gischt im größten Sturm, tiefgründiger als das Meer selbst. Und schön war sie. Schön wie ein Nachthimmel voller Sternschnuppen.« Der Papagei quäkte, plusterte sich im nächsten Moment wieder auf und verkündete lautstark: »Dem Käpt’n haben ihre Locken gefallen, geliebt hat er sie – die Locken und Molly Gru!«
Mit einem kräftigen Flügelschlag war er in der Luft und schoss krakeelend auf die Prinzessin zu. »Aus der Bahn! Hier kommt der weltwunderbarste Lockendrehermeister!«
»Bleib mir vom Leib, du Ausgeburt eines tausendzüngigen Höllengeiferers!«, rief Rian. Wild schlug sie mit der einen Hand in der Luft um sich und versuchte mit der anderen, ihre weißblonde Struwwelmähne vor dem Schnabel des Papageien in Sicherheit zu bringen. »Meine Haare sehen gut aus, wie sie sind. Und von einem durchgeknallten Vogel lasse ich mir sicher keine Löckchen drehen!«
Laut gackernd und krächzend kreiste Schnickschnack um die Prinzessin. Immer wieder hackte er mit dem Schnabel in die Lücke zwischen ihren fuchtelnden Händen und rupfte an einer ihrer kurzen Strähnen.
»Na warte, du Biest!« Rian stürzte zur Truhe, schlug den Deckel zurück und griff wahllos nach allem, was sie zu fassen bekam. Stück für Stück schleuderte sie dem kleinen Quälgeist entgegen. »Wenn ich dich erwische, reiße ich dir die wenigen Federn, die du noch hast, einzeln aus!«
Bücher schlugen krachend gegen die Wand und landeten auf dem Fußboden. Die Porzellanuntersetzer schossen durch die Luft und zerschellten mit lautem Scheppern, doch der Papagei war zu flink und wich Rians Angriffen geschickt aus. Sobald auch die eingerollten Karten und Trinkpokale verschossen waren, flüchtete Rian zum Bett, griff nach einem Ende der Stola und zog den Rest des Tuches wie ein Fangnetz in einem Halbkreis durch die Luft.
Das half! Der Papagei stürzte samt Tuch zu Boden, strampelte und versuchte sich kläglich jammernd daraus zu befreien. Doch Rian war sofort zu Stelle. Geschickt schnürte sie das Tuch zu einem Bündel, steckte die Hand hinein, umklammerte den Schreihals fest und zog ihn heraus.
»Nicht, nicht! Du zerquetschst mich!«, zeterte Schnickschnack.
»Und wie ich das mache, wenn ich nicht ein paar Antworten von dir erhalte!«, drohte Rian.
Sie liebte Vögel, und im Baumschloss hatte man sie oft »Herrin der Vögel« genannt. Die kleinen Flatterwesen waren ihre Freunde und Verbündeten. Aber nun hatte sie genug – noch dazu, da dieser zerrupfte Federball kein wahres Leben besaß.
»Gut, gut«, wimmerte der Kleine. »Ich rede ja.«
»Warum haben mich Sibyll und dieser Suradet entführt?« Hart pikte sie dem Papagei gegen die Brust.
»Zufall. Hätte auch jede andere treffen können, die in den Laden gekommen wäre.«
»Und wo bringt er mich hin? Was hat er vor?«
»Na, du bist vielleicht ein dummes Stück«, krächzte der Papagei und verrenkte sich den Hals bei dem Versuch, ihr in den Finger zu beißen. »Nach Langkawi, wohin denn sonst?«
Rhiannon wollte gerade zu ihrer nächsten Frage ansetzen, als sie den Riegel draußen hörte. Einen Augenblick später sprang die Tür auf, und Sibyll stand mit gegen die Hüften gestemmten Händen auf der Schwelle. »Was ist denn hier los? Den Radau hört man ja bis in die Kombüse!«
Nachdem Rian sich die Haare wieder in Form und das Kleid in Ordnung gebracht hatte, führte Sibyll sie hinaus. Es ging durch einen düsteren Gang, eine schmale Treppe hinauf und hinaus an Deck.
Die Sonne war noch nicht untergegangen, und die Prinzessin staunte nicht schlecht, als sie sah, wer sich alles auf dem Schiff tummelte. »Das sind ja Elfen!« Bisher war sie davon ausgegangen, sich in der Gewalt menschlicher Piraten zu befinden, die sich – vielleicht mithilfe von Handlangern – Elfenmagie bedienten. Aber dieses war ein Elfenschiff!
»Was hast
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