Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
entschuldigenden Lächeln.
Suradet schien über diesen Eingriff so verdutzt, dass er den Walrossmann gewähren ließ. Er gab den zappelnden Späher frei und brüllte gleich darauf umso wütender Befehle und Kommandos über das Deck.
»Sei klug, Elfenprinzessin«, flüsterte Alriego, nachdem er sie ins Unterdeck und in seine Kombüse gezogen hatte. »Sei klug und mach dich bereit.«
»Bereit wofür? Was habt ihr mit mir vor?«, wisperte Rian ebenso leise, obwohl sie innerlich immer noch vor Wut kochte.
»Was flüstert ihr da herum?«, krächzte Schnickschnack, der nach wie vor auf Rians Schulter hockte.
»Ich sagte doch, wir werden Kartoffeln schälen«, gab der Walrossmann zurück. »Es stört dich hoffentlich nicht, wenn ich derweil meinen kleinen Freund hier aus seinem Käfig lasse.«
Mit diesen Worten öffnete Alriego das Gitter einer kleinen Box, die auf dem Boden stand. Wie zur Antwort ertönte daraufhin ein durchdringendes Schnurren, dann schob sich das Köpfchen einer schlitzäugigen Siamkatze aus der Öffnung, gefolgt von einem langbeinigen, eleganten Körper, der sich an der Kante der Box entlangrieb.
Wie vom Blitz getroffen fuhr Schnickschnack bei dem Anblick in die Höhe. »Nimm sie weg!«, zeterte er. »Nimm die gefräßige Katze weg!«
Der Walrossmann dachte gar nicht daran. Amüsiert strich er dem Vierbeiner über den Rücken und sagte zu Rian: »Darf ich vorstellen, dass ist Sisyphos. Ich habe sie so genannt, weil für eine Katze die Arbeit auf so einem großen Schiff nie aufhört. Es gibt immer irgendein Rattenvieh, das einem die Vorräte oder aber den letzten Nerv kostet.«
»Das wirst du bereuen! Das sag ich der Hexe! Dann wird sie dich in eine Maus verwandeln und dich an deine eigene Katze verfüttern!« Der Papagei flatterte hektisch aus der Kombüse, während Sisyphos ihn ins Visier nahm und auf die nächsthöhere Kiste sprang.
Der Walrossmann lachte schnaubend und hielt sich den Speckbauch. Sobald Schnickschnack nicht mehr zu sehen war, begann er Töpfe und Pfannen, die sich in dem kleinen stickigen Raum stapelten, zur Seite zu schieben. Wie ein Bagger arbeitete er sich mit seinen Flossenhänden durch Stapel von Blechtellern und Besteckkörben vorwärts, bis er an einer ebenso vollgestopften Regalwand ankam. Ein kurzer spitzbübischer Blick über die Schulter noch, dann hob er den Deckel eines riesigen Schmortopfes, in den ein ganzes Schwein gepasst hätte, griff hinein und kramte darin herum. Schließlich zog er ein violett glitzerndes Fläschchen hervor.
»Habe ich der alten Sibyll aus ihrem Vorrat stibitzt«, flüsterte er mit einem Zwinkern.
Rian schaute ihn misstrauisch an. »Und was bewirkt der Trank?«
Der Walrossmann wackelte mit seinem borstigen Schnurrbart. Mit der Schürze, die er sich um den Bauch gebunden hatte, rieb er den Staub sorgsam von der zierlichen Phiole. »Ich bin kein Alchemist. Meine Süppchen würze ich mit Kräutern, nicht mit magischen Essenzen.«
Er hielt die Flasche vor die geöffnete Herdklappe, in der das Feuer fröhlich vor sich hin knisterte. »Aber mit den Jahrhunderten erlebt man so manches Abenteuer und lernt dies und das.«
Rian konnte sehen, wie die violette Flüssigkeit in der Phiole winzig kleine Blasen warf.
»Wir werden bald an der Insel der Schwangeren Frau vorbeifahren«, setzte Alriego seine Erklärungen fort. Sein zuerst schwärmerischer Ausdruck wurde ernster. »Deine Freunde werden bis dahin dicht hinter uns sein, denn Arun ist mit den Winden im Bund. Keiner steuert sein Schiff so schnell wie dieser Teufelskerl, ganz egal wie sehr Suradet die Leute an Deck herumscheucht und wie groß unser Vorsprung ursprünglich gewesen sein mag.«
Rian nickte gespannt, während die Katze leise schnurrend um ihre Beine strich.
»Wenn die Insel also an Steuerbord auftaucht, kommt deine Chance. Dann trink den Inhalt dieses Fläschchens. Er wird dich in einen kleinen Fisch verwandeln und dir ermöglichen, hinüber an den Strand zu schwimmen, ohne dass man etwas bemerkt. Aber sei gewarnt. Der Zauber wirkt nur eine sehr begrenzte Zeit. Wenn du es bis dahin nicht geschafft hast, dem Sog der Meeresenge zu entfliehen, wird er dich mit sich reißen, und du erreichst das Ufer nie. Schwimm um dein Leben, Prinzessin der Crain! Sonst wartet am Ende dieser Reise der Tod auf dich.«
Die Prinzessin dachte einen Moment nach. Es gefiel ihr nicht sonderlich, die Gestalt zu wechseln, weil damit immer erhebliche Risiken verbunden waren. Als Kind hatte ihr
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