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Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Titel: Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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leichtsinniger Bruder sie einmal dazu überredet, einen solchen Trank zu sich zu nehmen. Als arglose Dreijährige hatte Rian zugestimmt und war gleich darauf als Eichhörnchen auf der Flucht vor Katzen, Hunden und Krähen gewesen. Die Rückwandlung hatte erhebliche Schwierigkeiten mit sich gebracht, weil der Giftmischer – ein gleichaltriger Spielgefährte – gepfuscht hatte. Kaum hatte Rian ihre Gestalt zurück, war das Donnerwetter ihres Vaters gefolgt – es hatte noch drei Tage nachgehallt. Und Hausarrest hatte es außerdem gegeben.
    »Wie soll ich es als Fisch über die Reling schaffen?«
    »Na, ich werde mit einem großen Kochtopf bereitstehen und dir etwas Starthilfe geben«, antwortete Alriego und tätschelte Rian freundschaftlich die Wange.
    Doch als die Prinzessin nach der Phiole greifen wollte, schüttelte er den Kopf. »Bis es so weit ist, verwahre ich den Trank für dich, damit ihn dein übereifriger gefiederter Freund nicht zufällig entdeckt.«
    »Er wird uns alle ins Verderben reißen mit seinen verdammten Stürmen!«, zischte der Krakenköpfige, während er mit all seinen Armen an einem Tau zerrte, um es wieder in der Halterung an der Brüstung festzuzurren. »Wenn dieser verfluchte Korsar so weitermacht, weckt er die Bestie!«
    Der Himmel hatte sich verfinstert. Nachtschwarze Wolkenberge ballten sich über der See zusammen. Donner um Donner hallte zwischen ihnen wider. Blitze zuckten durch die Düsternis, erleuchteten für wenige Augenblicke das wogende Meer und ließen die prall gefüllten Segel der aufholenden
Jolly Joker
gespenstisch aufleuchten.
    Alriego hatte mit seiner Prophezeiung nicht übertrieben, Aruns Schiff habe die
Schöne Molly
noch vor dem Abend eingeholt. Regen hatte eingesetzt, peitschte über das Deck, umspülte die Stiefel der Piraten und durchnässte ihre Kleidung. Triefend und mit grimmigen Gesichtern kämpften die Seeräuber darum, die Segel nicht zu verlieren, den Kurs zu halten und in den Strudeln der aufgewühlten See nicht zu kentern.
    »Wir sind verloren! Allesamt sind wir verloren!«, rief der Elf mit dem Korallengesicht. »Das Monster wird kommen und uns in den Abgrund reißen!« Immer lauter schrie er seine Angst hinaus. Längst hatte er die Kurbel, mit der das Seil für die große Ladeluke festgemacht wurde, losgelassen und die Arme in den Himmel gereckt. »Wir werden alle sterben!«
    »Und du wirst der Erste sein, wenn du nicht sofort dein Maul hältst!«, sagte der Froschfingrige knurrend, packte ihn am Kragen und zog ihn dicht an sein bleiches aufgedunsenes Gesicht mit den blauen Lippen und glasigen Augen heran. »Noch einen Ton, und ich werfe dich über Bord – als Vorspeise, sollte Arun tatsächlich den Wiking-Drachen rufen.«
    Ein blubbernder Laut war alles, was das eingeschüchterte Korallengesicht zurückgab, bevor es sich wieder an die Arbeit machte.
    Rian war nass bis auf die Haut. Sie stand am Treppenaufgang und beobachtete voller Hoffnung und Angst zugleich, wie die Welt sich in ein tobendes Tier verwandelte. Wasser, Himmel, die beiden Schiffe … alles hing zusammen, bewegte sich, tanzte und rieb sich aneinander. Die
Schöne Molly
mit ihren riesigen Ausmaßen und den mehrstöckigen Decks bäumte sich auf und kämpfte gegen die schäumenden Wellenkämme an, die ihr den Weg zu versperren schienen. Das Schiff der Verfolger war dagegen klein und erinnerte in seiner Form an einen Delfin im Sprung. Trotz der tief ins Wasser getauchten Nase schwebte es geradezu auf den Wellen und steuerte unbeirrt auf sein Ziel zu.
    Immer wieder trat die Prinzessin an die Reling und starrte trotz des peitschenden Regens in die Dunkelheit hinaus, um nach der Insel Ausschau zu halten. Alriegos Plan hatte so einfach und gut geklungen. Das rettende Ufer hatte nah gewirkt, fast in Reichweite. Doch im Sturm waren die sanften Wellen zu meterhohen Brechern geworden.
    Wie soll ich das schaffen?
, dachte Rian bang.
Wie soll ich in dem Getöse die Richtung finden und gegen den Strom anschwimmen?
    Sie war keine Nixe oder Nymphe. Zwar hatte sie gern und oft in den Seen und Bächen Earrachs gebadet, aber niemals hatte sie sich solch einer Herausforderung gegenübergesehen. Der Trank mochte ihr den passenden Körper verleihen, aber würde sie ihn auch nutzen können? Würde ihr ein Instinkt sagen, wie sich ein Fisch durch das Wasser bewegte? Und falls sie diesen Instinkt fand … Würde sie sich darüber selbst vergessen? Mit wachsender Verzweiflung schlang sie die nasse Marabufeder-Stola

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