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Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme

Titel: Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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nicht gut, sein Herz an jemanden zu verschenken. Es macht verletzlich und angreifbar.«
    Rian nickte langsam. Auch Bandorchu hatte immer wieder ihren Finger in diese Wunde gelegt. Mehrfach hatte sie versucht, Rian und David einzufangen, um sie als Pfand gegen Fanmór zu verwenden. Und nun war Talamh in ihren Fängen, und zumindest Nadja und David waren erpressbar geworden.
    »Aber Molly Gru rührte etwas in unserem Käpt’n, als wir sie damals im Meer entdeckten. Eine Menschenfrau, halb tot auf einem Stück Holz schwimmend. Die einzige Überlebende eines Handelsschiffs, das im Sturm gekentert war. Sie konnte uns sehen, uns wahrnehmen, konnte in die andere Welt blicken. Eine Grenzgängerin, eine mutige noch dazu. Nachdem wir sie an Bord geholt und sie die Vielgestalt erblickt hatte, lachte sie, anstatt zu schreien. Ein warmes, liebenswertes Lachen, dem sich keiner entziehen konnte. Wir retteten sie und sie blieb. Als die gute Seele auf der
Grausamen Lady,
wie unser Schiff damals hieß. Ein halbes Jahrhundert lang segelte sie mit uns, und vielleicht wäre es mithilfe von Sibylls Tränken noch ein ganzes geworden, wenn wir nicht in diesen unsäglichen Sturm geraten wären. Heute gibt unser Käpt’n Arun die Schuld. Doch wer damals dabei war, der wird noch heute beschwören, dass jener Sturm den Mühlsteinen des Mahlstroms selbst entsprungen sein musste.«
    Rian schluckte und blickte den Smutje mitfühlend an, der sich mit dem Ärmel über das Walrossgesicht wischte. »Dann ist sie also ertrunken?«
    Alriego schüttelte den Kopf und schnäuzte in seine Flosse. »Nie wieder habe ich die Welt dermaßen dunkel und kalt erlebt. Der Wind blies so stark, dass sich das Meer zu einem einzigen Strudel formte. Um uns herum toste das Wasser ohrenbetäubend laut, sodass man die Schreie der über Bord Gegangenen nicht hörte. Die
Grausame Lady
torkelte wie betrunken zwischen den Wellenbergen hin und her, doch Molly stand an der Seite unseres Käpt’ns am Ruder und lachte. Ja, so war es, das schwöre ich! Ihr fröhliches Lachen war das Einzige, was den Sturm übertönte. Und während es uns die Kraft gab durchzuhalten, lockte es gleichzeitig etwas aus den Tiefen an, was schlimmer war als der Sturm.«
    Ein weiteres Mal wischte der Walrossmann mit dem Arm die nassen Schatten der Erinnerung beiseite, bevor er fortfuhr. »Schwarz wie der Tod selbst und mit Augen wie rot glühende Kohlen stieg ein leibhaftiger Wiking-Drache aus dem Schlund des Strudels empor. Sein schlangenhafter Körper trotzte den Gewalten, und mit Flügelschwingen, die den Himmel ausfüllten, glitt er die Wand aus Wasser hinauf. Sobald er das Schiff erreicht hatte, seinen glühenden Rachen aufriss und wir die Hölle in seinem Maul auflodern sahen, war es wiederum Molly, die sich aus der Erstarrung löste. Ihr Lachen verhallte. Sie warf Suradet einen letzten Blick zu, ergriff die große Harpune und schwang sich an einem losen Tau hinüber – mitten hinein in das nach Pech und Schwefel stinkende Verderben.
    Das Letzte, was wir von ihr sahen, war ihre flackernde Silhouette. Mit beiden Händen rammte sie dem Drachen den Fanghaken in den Kiefer. Dann schloss das Monstrum sein Maul. Es wand sich, krümmte sich vor Schmerzen, peitschte mit seinem Schlangenkörper durch das Wasser und zerschmetterte das Schiff mit einem letzten Hieb, bevor es zurück in den Abgrund fiel.
    Noch einen ganzen Tag und eine ganze Nacht tobte der Sturm, während die überlebende Mannschaft sich an die wenigen Planken klammerte, die von der
Grausamen Lady
übrig waren. Es mag Einbildung oder Wunschtraum gewesen sein, doch während jener Stunden hörten wir alle Molly Grus Lachen aus weiter Ferne. Nachdem sich der Sturm gelegt hatte und wir gerettet worden waren, zogen die Männer das Kleid aus den Fluten, das du nun trägst.«
    Rhiannon schüttelte sich. »Das ist wirklich eine sehr berührende Geschichte«, flüsterte sie.
    Für eine Weile schwiegen die beiden, während hinter ihnen an Deck die Mannschaft jeden Hebel in Bewegung setzte, um das Wettrennen mit dem Piraten Arun zu gewinnen.
    »Also hat Suradet tatsächlich eine Menschenfrau geliebt?«
    Alriego nickte. »Manche behaupten, ihm sei sogar eine Seele gewachsen. Doch wenn das wahr ist, hat er sie danach an ein weiteres Untier verloren.«
    Rian blickte ihn fragend an, doch der Walrossmann starrte in Gedanken versunken auf das Wasser. Nur hin und wieder schnaufte er und rieb sich den kahlen, speckfaltigen Kopf.
    »Was, was, was? Da nickt

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