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Thennberg oder Versuch einer Heimkehr

Thennberg oder Versuch einer Heimkehr

Titel: Thennberg oder Versuch einer Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gyoergy Sebestyen
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Begräbnis ihrer Mutter gefragt. Sie hatte solche Fragen. Ich antwortete: Ich habe ja dich. Darauf küsste sie mir die Hand. Sie hat sich mit der Zeit sehr gebessert. Es konnte zwar vorkommen, dass sie irgendetwas anstellte und dass ich sie dann züchtigen musste. Aber das geschah immer seltener. Sie begriff, dass sie sich nicht auflehnen durfte. Wenn sie brav war, hatte sie ein schönes Leben. Sie wurde sogar anhänglich. Sie hat mich in das Herz geschlossen, und ich liebte sie viel zu sehr. Man kann also verstehen, dass es mir schwerfällt, über ihren letzten Tag zu reden.
    Ichhabe gesagt: drei Gründe. Zum zweiten: Ich habe seither ausgesprochene Lücken in meinem Gedächtnis. Ich weiß zum Beispiel nicht mehr ganz genau, wie mein Vater ausgesehen hat. Er war klein und mager, seine Hände haben sich immer bewegt, auch wenn er nichts zu tun hatte. Er hatte flinke Augen. Aber ich sehe ihn nur in Umrissen, beinahe wie einen Schatten. Ich verpasse hin und wieder sogar Geschäfte. Ich vergesse Verabredungen, auch wenn ich sie vorher im Kalender vorgemerkt habe. Ich bin nicht mehr der Alte.
    Ich weiß zum Beispiel, dass ich Liselotte an jenem Tag gebeten habe, in den Wald zu gehen, um Holz zu holen. Wir hatten zwar noch Holz im Haus, aber wir mussten neues anschaffen, denn Holz soll ja erst trocknen. Wir brauchten, wie gesagt, Brennholz nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kochen. Ich erinnere mich aber nicht mehr, ob wir an dem Tag Bohnen essen wollten oder Erbsen, obwohl ich mich ja erinnern müsste, denn Bohnen oder Erbsen müssen am Abend vorher eingeweicht werden. Ich weiß auch nicht mehr genau, warum ich nicht selbst in den Wald gegangen bin. Vielleicht war es wegen des jungen Kranz. Er war plötzlich krank geworden. Das hat einen Tag vorher begonnen. Ich bin auch gleich in die Apotheke gegangen und habe für ihn Aspirin gebracht. Ich hatte ja meine Verbindungen. In der Apotheke war der alte Mohaupt gesessen. Er zerbrach sich nach der Art alter Menschen über unnütze Dinge den Kopf. Er sagte, wenn der junge Kranz sterben würde, müsste er ein jüdisches Begräbnis bekommen. Ich sagte: Wie sollte das denn vor sich gehen, wo es doch weit und breit keine Judenmehr gibt, und außerdem ist der junge Kranz ja katholisch getauft. Solche Einzelheiten habe ich behalten. Auch an das Begräbnis meiner Tochter kann ich mich erinnern. Ich sehe, als wäre es heute, die vielen Leute auf dem Friedhof, Hochwürden Horowitz, die frischen Blumen – es war ja schon Frühling –, und ich weiß auch, dass ich befürchtet habe, der junge Kranz könnte plötzlich ebenfalls da stehen am Grab. Aber der war ja krank. Ich weiß nicht mehr, weshalb ich mich gerade davor habe fürchten können. Vielleicht wollte ich den letzten Weg meiner Liselotte nicht durch die Anwesenheit eines fremden Menschen verschandeln lassen. Vielleicht hatte ich Angst davor, dass er mit einundvierzig Grad Fieber aufstehen und am Ende wirklich sterben würde. Aber er ist Gott sei Dank nicht gestorben, sondern bald gesund geworden oder beinahe gesund. Dann ist er weggegangen. Er wurde abgeholt. Ein Mann war plötzlich da, ebenfalls aus dem Kazet, ein älterer Mensch. Er ging in das Pfarramt, fragte nach dem jungen Kranz und kam dann zu mir ins Haus. Ich würde ihn nicht wiedererkennen. Der junge Kranz redete mit ihm eine Weile, dann gingen die beiden fort. Wahrscheinlich hat sich Richard Kranz vorher noch für die Gastfreundschaft bedankt, aber an seine Worte kann ich mich nicht mehr erinnern. Es gibt Stunden und ganze Tage, die mir völlig entfallen sind. Ich war wie benebelt. Es kam öfters vor, dass ich am Morgen aufgestanden bin, ganz leise, um Liselotte nicht zu wecken. Ich bin dann im Haus ganz leise herumgegangen, habe Tee gekocht, zwei Tassen auf den Tisch gestellt und dann gewartet. Ich wartete lange. Dann ging ich in den Salon, um Liselotte zu wecken. Sie war nicht im Bett. Erst da fiel es mir ein, dass sie ja gestorben war.
    Sie ist also gleich nach dem Mittagessen in den Wald gegangen, um Holz zu holen. Es war ein schöner Tag, bei gutem Wetter war sie ohnehin nicht zu halten. Sie ging auch an anderen Tagen viel herum. Sie vermummte sich regelrecht, legte sich zwei oder drei Tücher um, und war weg. Vielleicht hätte ich sie nicht gehen lassen sollen. Aber ich wollte sie mit dem jungen Kranz nicht allein lassen. Es wäre ja nichts passiert. Kranz war ja schwer krank, und für Liselotte hätte ich die Hand jederzeit ins Feuer halten können. Sie war

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