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Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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waren, als die Polizei am Vortag eingetroffen war, sodass es nicht zu einer Festnahme gekommen war. Dafür hatte die Polizei Theos Rad mitgenommen, das er sich auf der Polizeistation abholen konnte. Ike stellte klar, dass die Boones auf jeden Fall Klage erheben würden, damit die Männer festgenommen und zur Rechenschaft gezogen wurden.
    Hardie hatte es geschafft, sich das Kennzeichen des Pick-ups der Vermesser zu merken, was Theo bis dahin nicht gewusst hatte.
    Mr. und Mrs. Boone trafen mit Donuts und Kaffee ein. Kurz darauf verabschiedete sich Ike. Er versprach, am Nachmittag wiederzukommen. Um neun Uhr untersuchte Dr. Kohl Judge und erklärte, sein Zustand habe sich kaum verändert. Die Tatsache, dass er die Nacht überlebt hatte, war offensichtlich ein gutes Zeichen, aber kein Grund für übertriebenen Optimismus. Mrs. Boone schlug Theo vor, nach Hause zu gehen, eine Dusche zu nehmen und sich auszuruhen, aber Theo weigerte sich. Solange Judge nicht bei Bewusstsein und stabil war, wollte er nicht von seiner Seite weichen.
    Niemand widersprach ihm.
    Mr. Boone ging wieder, aber Mrs. Boone blieb in der Praxis. Sie richtete sich in einer Ecke des Wartezimmers ein, öffnete ihren Laptop und fing an, ihre E-Mails zu lesen. Sie hatte eine dicke Aktentasche neben sich stehen und jede Menge Arbeit. Theo blieb ein paar Minuten bei ihr sitzen und machte Konversation, dann sah er nach Judge. So pendelte er ständig hin und her, hin und her. Der Tag verging quälend langsam, während kranke Hunde und Katzen in die Praxis kamen und wieder gingen. Dr. Kohl war ein gefragter Mann, weil er seine Praxis schon so lange hatte, aber auch weil er samstags geöffnet hatte. Montags war geschlossen, da spielte er lieber Golf, aber am Samstag war er sehr beschäftigt. Einmal pro Stunde sah er nach Judge.
    Mr. Boone kam, und Mrs. Boone ging. April trudelte auf ihrem Fahrrad ein, diesmal ohne ihre Mutter, und leistete Theo eine Stunde lang Gesellschaft. Als Dr. Kohl und die Tierarzthelferinnen anderweitig beschäftigt waren, schleuste Theo April zu einem Kurzbesuch in Judges Zimmer. Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, als sie den halb von einem weißen Laken bedeckten Patienten mit seinem geschorenen Kopf sah. Der Hund hielt die Augen geschlossen, und die kleine rosa Zunge hing ihm aus dem Maul. Aber Theo hatte keine Tränen mehr.
    Dr. Kohl röntgte Judge erneut und berichtete, die Schwellung sei unverändert. Um zwei Uhr traf ein weiterer Tierarzt, ein Dr. McKenzie, in der Praxis ein. Dr. Kohl erklärte, Dr. McKenzie sei ein Freund und erfahrener Kollege, der Judge untersuchen solle, um eine zweite Meinung zu äußern. Als sie Theo aus dem Untersuchungszimmer verbannt hatten, befühlten und betasteten die beiden Tierärzte den Hund, studierten die Röntgenaufnahmen und sahen recht bedrückt aus.
    Den ganzen Samstag über wich Theo Judge kaum von der Seite. Seine Eltern kamen und gingen. Tierärzte kamen und gingen. Tierarzthelferinnen kamen und gingen. Woody, Hardie und April kamen und gingen. Allein hinter verschlossener Tür streichelte Theo sanft das weiche Fell am Rücken seines Hundes und sprach ihm flüsternd Mut zu. Er beobachtete gespannt, wie sich der Bauch hob und senkte, ein eindeutiger Beweis dafür, dass Judge noch atmete.
    » Du schaffst es, Junge«, sagte er zum tausendsten Mal.
    Judge war ein Mischling, dessen Alter und Herkunft wohl für immer ein Geheimnis bleiben würden. Er war ausgesetzt und von der städtischen Tierüberwachungsbehörde aufgesammelt worden. Die hatte ihn im Tierheim untergebracht, wo er geimpft, gefüttert und gepflegt worden war. Eigentlich sollte er vermittelt werden, aber niemand wollte ihn. Die Tierschützer der Stadt versuchten zwar seit Langem, Tötungen im städtischen Tierheim zu verhindern, aber es war eine traurige Tatsache, dass es zu viele herrenlose Hunde und Katzen gab und nicht genügend Menschen, die sie aufnehmen wollten. Nach sechs Monaten im Tierheim sah sich die Stadt gezwungen, die unerwünschten Tiere einschläfern zu lassen. Bei Judge waren die sechs Monate abgelaufen gewesen, und er hatte nur noch wenige Stunden zu leben gehabt.
    Vor zwei Jahren– Theo war damals elf– hatte er seinen Vater zum Tiergericht begleitet, um einem Freund beizustehen, dessen Deutscher Schäferhund zum dritten Mal den Postboten gebissen hatte. Das Tiergericht, auch » Karnickelgericht« genannt, war im Keller des Gerichtsgebäudes untergebracht und stand in der Hierarchie des Rechtssystems

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