Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
nicht.
Fünfzehn
Es würde eine lange Nacht werden. Mrs. Boone brachte Theo ein Sandwich, das er nicht herunterbekam, ein sauberes T-Shirt und eine saubere Jeans. Sie und Mr. Boone wachten abwechselnd mit Theo in dem engen Untersuchungszimmer. Es gab nur zwei Stühle, einen auf jeder Seite des Tisches, auf dem Judge um sein Leben kämpfte. Dr. Kohls Tierarzthelferin war eine merkwürdige junge Frau namens Star. Sie hatte lila Haare und einen Ring in der Nase, aber trotz ihres auf den ersten Blick befremdlichen Äußeren war sie unglaublich nett und sehr um Judge besorgt. Als Dr. Kohl sich gegen neun Uhr verabschiedete, erklärte er Theo und seinen Eltern, sie könnten gern die Nacht in der Praxis verbringen, und Star werde sich um alles kümmern. Dr. Kohl wollte sein Handy griffbereit halten und konnte innerhalb von zehn Minuten in der Praxis sein, falls etwas passierte. Die Boones bedankten sich mehrfach bei ihm.
Draußen am Empfang warteten Woody, Hardie und Mr. Quinn immer noch. Sie saßen bereits seit Stunden dort herum. Sie hatten Pizza bestellt und Star dazu eingeladen. Als Dr. Kohl ging, beschlossen sie, ebenfalls aufzubrechen. Woody und Hardie versprachen Theo, früh am Samstag zurückzukommen, um nach ihm und Judge zu sehen. Als sie sich für die Nacht verabschiedeten, hatten alle drei Jungen feuchte Augen. Es war ein langer, harter Tag gewesen.
Ein paar Minuten nachdem sie gegangen waren, erschien April Finnemore mit ihrer Mutter May, einer exzentrischen Frau, der Theo, wie alle anderen, möglichst aus dem Weg ging. Da Star keine Besucher im Untersuchungszimmer duldete, unterhielt sich Theo im Wartezimmer mit April. Er wollte die Geschichte nicht noch einmal erzählen, aber er hatte keine Wahl. April war seine beste Freundin, und als sie ihn unter Tränen fragte, was passiert sei, blieb ihm nicht viel anderes übrig, als ihr von dem missglückten Angelausflug zu berichten, der mit einem schwer verletzten Hund geendet hatte.
Mrs. Finnemore, die eine große Klappe und eine Neigung zu dramatischen Auftritten hatte, verdrehte die Augen und schlug die Hand vor den Mund, als hätte sie noch nie von solcher Brutalität gehört. Mrs. Boone gelang es, sie zur Seite zu ziehen, damit sich die Kinder ungestört unterhalten konnten. Theo mochte April sehr, aber er war erleichtert, als sie und ihre Mutter wieder gingen.
Das Bild änderte sich, als zehn Minuten später Onkel Ike eintraf. Er bestand darauf, Judge zu sehen, und als Star Einwände erhob, wurde er so energisch, dass sie die Flucht ergriff. Nachdem er Judge einen Besuch abgestattet und dem Hund ein paar Worte ins Ohr geflüstert hatte, verkündete Ike, er werde die Nacht mit Theo in der Praxis verbringen. Mr. und Mrs. Boone sollten nach Hause gehen, damit sie etwas Schlaf bekämen. Star könne von ihm aus bleiben. Sie erklärte ihm, Dr. Kohl habe sie angewiesen, Judge die ganze Nacht hindurch zu überwachen. Ike schien einverstanden.
Mr. und Mrs. Boone gingen wieder, nachdem sie ihren Sohn erneut umarmt und sich bei Star bedankt hatten. Sie versprachen, ihre Handys mit ins Schlafzimmer zu nehmen, für den Fall, dass etwas passierte. Star schloss die Eingangstür zur Praxis ab und zog sich in einen kleinen Aufenthaltsraum für Mitarbeiter zurück.
Ike setzte sich neben Judge. » Theo, es ist wichtig, dass Judge unsere Stimmen hört, verstehst du? Deswegen reden wir beide jetzt so viel wie möglich. Wir erzählen abwechselnd Geschichten, denken uns Witze aus und tun, was immer notwendig ist, damit das Gespräch nicht stockt, klar?«
» Klar, Ike.« Theo stand neben Judge. Ike schwang seine in Sandalen steckenden Füße auf einen schmalen Schrank und machte es sich irgendwie auf dem billigen Plastikstuhl gemütlich.
» Jetzt will ich von dir noch einmal die Geschichte hören, wie dieser dumme Junge letzte Woche von der Mokassinschlange gebissen wurde.«
Theo verzog das Gesicht. » Bitte nicht, Ike. Ich kann das nicht mehr hören.«
» Es geht aber nicht um dich, und auch nicht um mich, sondern um Judge«, erwiderte Ike. » Vielleicht will Judge die Geschichte noch einmal hören. Deine Stimme, Theo, irgendwo ganz tief im hintersten Winkel seines verwundeten kleinen Gehirns kann Judge deine Stimme hören. Ihm ist es egal, was du sagst. Was zählt ist, dass du hier bist, in seiner Nähe, und mit ihm redest.«
Theo schluckte mühsam und begann mit der Geschichte von Percy und der Mokassinschlange.
Ike schüttelte den Kopf und unterbrach ihn. » Nein,
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