Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
hochziehen können. Bevor wir’s uns versehen, ist die Umgehungsstraße genauso dicht wie Battle Street, wenn du verstehst, was ich meine.«
Theo reagierte nicht.
Flay wartete, blies noch mehr Rauch in die Luft und sprach dann weiter. » Der größte Ganove soll ein gewisser Joe Ford sein. Kennst du Joe Ford?«
» Nie gehört.« Theo sah Flay an. Das war gelogen, aber Theo war das egal. Er war Joe Ford in den sicheren Räumen von Boone & Boone begegnet. Das ging Flay gar nichts an.
Flay schien ihn mit den Blicken durchbohren zu wollen, als hätte er die Lüge durchschaut. » Das kann ich mir kaum vorstellen. Dein Vater war viele Jahre lang Fords Anwalt.«
» Na und?«
» Jetzt höre ich, dass Ford der Kanzlei Boone & Boone das Mandat entzogen hat. Warum, weiß ich nicht genau, aber ich wette, es hat mit der Umgehungsstraße zu tun.«
» Was wollen Sie von mir?«, fragte Theo wütend.
» Informationen.«
» Vergessen Sie es. Ich weiß nichts.«
» Vielleicht kannst du etwas in Erfahrung bringen, ein paar Nachforschungen anstellen, etwas herausfinden, das sich als nützlich erweist, um das Projekt aufzuhalten.«
» Nachforschungen anstellen ist Ihr Job, nicht meiner.«
» Wir stehen auf derselben Seite, Theo.« Flay griff in seine Hemdentasche und holte eine weiße Visitenkarte heraus. Die drückte er Theo in die Hand. » Hier ist meine Telefonnummer. Ruf mich an, wenn du etwas hörst. Ich schwöre dir, das bleibt alles unter uns. Ich habe noch nie eine Quelle preisgegeben.«
Theo nahm die Karte und ging wortlos davon. Obwohl er überzeugt war, nichts Unrechtes getan zu haben, fühlte er sich schlecht. Er stieg auf sein Rad und fuhr die Main Street hinunter, wobei er sich fragte, ob er seine Eltern informieren sollte. Joe Ford hatte der Kanzlei gestern tatsächlich das Mandat entzogen– wie hatte Flay das so schnell erfahren?
Bei Guff wartete April an ihrem üblichen Tisch. Sie bestellte ihr übliches Frozen Yoghurt und Theo sein übliches Schokoeis mit zerkrümelten Oreo-Keksen. Ihre Stimmung war gedrückt, und bald wusste Theo auch, warum. Ihre Eltern bekriegten sich ständig, und falls sie nicht gerade mal wieder die Scheidung eingereicht hatten, drohten sie damit. Theo vergaß seine Probleme, als ihm April von den letzten Streits bei ihr zu Hause erzählte. Raten konnte er ihr nichts, aber er konnte auf jeden Fall zuhören. April träumte davon wegzulaufen, wie es ihre älteren Geschwister getan hatten, aber das ging nicht. Wohin kann man mit dreizehn schon gehen? Da sie zu Hause festsaß, erschuf sie sich Welten, in die sie sich zurückziehen konnte. Besonders gern stellte sie sich vor, dass sie in Paris ganz weit weg von zu Hause Kunst studierte und am Ufer der Seine malte.
Theo löffelte sein Eis und lauschte geduldig, obwohl sie ihm keineswegs zum ersten Mal von ihrem Traum erzählte. Insgeheim hoffte er, dass sie nicht die Fassung verlor und zu weinen begann. Das tat sie nicht.
Einundzwanzig
Woods Boone war sein Leben lang ein mittelmäßiger Golfer geblieben, weil er immer zu beschäftigt gewesen war, um Unterricht zu nehmen, zu üben oder mehr Zeit auf dem Golfplatz zu verbringen. Als Theo zehn war, schenkten ihm seine Eltern einen Satz Schläger zu Weihnachten, und sein Vater versuchte, ihm das Golfen beizubringen. Beide merkten jedoch bald, dass Unterricht von einem Sonntagsspieler nicht viel brachte, auch wenn er kostenlos war. Deshalb bekam Theo jedes Jahr zum Geburtstag eine Zehnerkarte für je dreißig Minuten bei einem Profi geschenkt. Theos Schlag verbesserte sich enorm, und als er zwölf war, konnte er es fast mit seinem Vater aufnehmen.
Wenn es das Wetter erlaubte, spielten beide jeden Samstagvormittag auf dem städtischen Neun-Loch-Golfplatz und gönnten sich dann ein Mittagessen unter Männern, normalerweise bei Pappy’s, einem Imbiss in der Innenstadt, der für seine Pastrami-Sandwichs und Zwiebelringe berühmt war. Obwohl Theo Sport liebte, durfte er aus medizinischen Gründen keinen Mannschaftssport betreiben. Tennis war ebenfalls tabu. Er durfte Rad fahren, wandern, schwimmen und auch sonst fast alles – aber Mannschaftssport war untersagt. Das wurmte Theo und führte bei den Boones immer wieder zu Streit und Ärger, aber bisher saß Theo nach wie vor nur auf der Tribüne. Deswegen war ihm Golf so wichtig. Bis auf wenige Ausnahmen war er jedem Spieler seines Alters gewachsen, auch wenn er das bisher nicht bei Turnieren unter Beweis gestellt hatte. Sein Vater hielt nichts
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