Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
von falschem Ehrgeiz auf dem Golfplatz. Mr. Boone fand, Golf sei ohnehin ein schwieriges Spiel, und die meisten Menschen machten sich das Leben unnötig schwer, indem sie ständig ihre Ergebnisse verglichen, sich an Handicaps versuchten, Geld setzten und Turniere spielten.
Dabei merkten sich die beiden ihre Ergebnisse sehr wohl. Nicht auf der offiziellen Scorekarte, die am Lenkrad des Golfcarts befestigt war, sondern im Kopf. Mr. Boone lag normalerweise sieben oder acht Schläge über Par für neun Löcher, Theo knapp dahinter. Beide taten so, als wüssten sie nicht, wie der andere stand.
Mr. Boone trank gerade am Küchentisch Kaffee, als Theo mit Judge herunterkam.
» Haben wir eine Abschlagszeit?«, fragte Theo, als er Judge durch die Hintertür in den Garten ließ.
» Viertel vor zehn«, erwiderte Mr. Boone , ohne aufzusehen. » Aber denk dran, dass Dr. Kohl Judge um neun sehen will.«
» Das hatte ich vergessen. Können wir trotzdem spielen?«
» Natürlich, aber wir müssen Gas geben.«
Theo und Judge frühstückten in aller Eile. Theo duschte am Samstagmorgen grundsätzlich nicht, ein weiterer Grund, warum er diesen Tag so liebte. Sie warfen ihre Golfschläger hinten in Mr. Boones Geländewagen und waren Punkt neun Uhr bei Dr. Kohl in der Praxis.
Der musterte sie eingehend. » Auf dem Weg zum Golfplatz, was?«
» Wir schlagen um Viertel vor zehn ab«, erwiderte Theo einigermaßen nervös. Am Samstagvormittag war der Platz immer sehr voll, und Verspätungen brachten den gesamten Zeitplan durcheinander. Während Mr. Boone im Wartezimmer blieb, folgten Theo und Judge dem Tierarzt ins Untersuchungszimmer. Schnell, aber fachgerecht zog Dr. Kohl Fäden, wechselte Verbände, reinigte Wunden und erneuerte die Schiene an Judges gebrochenem Bein. Dabei schaffte er es, ununterbrochen mit einer Stimme, die so beruhigend war, dass sie fast einschläfernd wirkte, auf Theo und den Hund einzureden. Theo war davon überzeugt, dass Dr. Kohl seinem geliebten Tier schlicht und einfach das Leben gerettet hatte, und dafür würde er immer sein Held bleiben.
Judge zuckte ein paar Mal zusammen und wimmerte, aber er wusste selbst, dass er froh sein konnte, noch am Leben zu sein. Er war hart im Nehmen und ließ sich den Schmerz nicht anmerken.
Schließlich sagte Dr. Kohl, der Hund sei » fertig zum Aufbruch« und er solle in einer Woche wiederkommen.
Theo bedankte sich noch einmal dafür, dass er Judge das Leben gerettet hatte.
» Das ist mein Beruf, Theo«, erwiderte Dr. Kohl.
Sie fuhren zu Hause vorbei, um Judge abzuliefern, und machten sich auf den Weg zum Golfplatz.
Mit seinen Hügeln und Teichen, den zahlreichen Sandgruben und mindestens drei tückischen Bachläufen war der städtische Golfplatz eine echte Herausforderung. Aber sie zählten ja die Schläge nicht…
Mr. Boone war seit der Geschichte mit Joe Ford etwas distanziert gewesen, und Theo spürte, dass er noch nicht ganz darüber hinweg war. Als sein Vater jedoch drei Löcher hintereinander Par spielte, das letzte davon mit einem eigentlich unmöglichen dreizehn Meter langen Putt, war die Distanz verflogen, und alles war wieder gut. Sie spielten zwei Stunden lang und genossen die Landschaft, die frische Luft, gelungene und weniger gelungene Schläge. Gesetze, Kanzlei und Umgehungsstraße waren vergessen, stattdessen unterhielten sie sich über das Spiel. Mr. Boone hatte gelernt, Theo auf dem Platz keine Tipps oder Ratschläge zu geben, aber ab und zu konnte er sich einen Kommentar nicht verkneifen.
» Also, Theo, ich könnte mir vorstellen, dass Tiger Woods hier einen Sandwedge verwenden und auf den vorderen Rand des Grüns zielen würde«, sagte er dann oder etwas in der Art.
Theo hegte den Verdacht, dass sein Vater keine Ahnung hatte, was Tiger Woods tun würde. Sie lebten in völlig verschiedenen Welten. Allerdings hatte Theo bereits gelernt, dass sich Amateurgolfer, auch die schlechtesten Sonntagsspieler, häufig mit den Profis im Fernsehen identifizierten– schließlich spielten die ja auch Golf.
Er hörte sich das immer geduldig an und spielte dann genau, wie er wollte. Wenn Mr. Boone über einen Schlag nachdachte, war Theo häufig kurz davor, sich zu revanchieren. Weißt du, Dad, ich glaube, Tiger Woods würde sagen, du kannst machen, was du willst, den Ball kriegst du nicht einmal in die Nähe des Grüns, hätte er dann gern gesagt oder etwas in dieser Art. Selbstverständlich verkniff er sich das.
Zwei- oder dreimal hatte Theo mit seinem Vater
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