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Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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irgendwem die Dokumente zeigen, die nun tief unten in einer Archivbox bei Boone & Boone vergraben lagen. Theo kannte die Spielregeln. Ike hatte sie ihm nur noch einmal vor Augen geführt. Die Geheimnisse der Mandanten mussten in der Kanzlei sicher sein.
    Warum also sollte er den Brief nicht abschicken? Wem schadete er damit? Er beging damit keine Straftat. Die Joe-Ford-Akten waren sicher. Mr. Stak würde den Brief lesen, sofort wissen, dass der Absender die Wahrheit kannte, und daher fürchten, bloßgestellt zu werden. Es bestand eine reelle Chance, dass der anonyme Brief Mr. Stak dazu bringen würde, gegen die Umgehungsstraße zu stimmen.
    War das richtig oder falsch? Eine Stunde lang warf sich Theo unter den missbilligenden Blicken von Judge von einer Seite auf die andere. Würde der Brief Mr. Stak nicht verraten, was Joe Ford im Schilde würde? Natürlich würde er das. Aber Mr. Stak war ohnehin eingeweiht. Also würde der Brief nichts preisgeben, was Mr. Stak nicht ohnehin wusste. Wäre das eine Verletzung des Anwaltsgeheimnisses?
    » Vielleicht«, sagte Theo laut. » Vielleicht aber auch nicht.«
    Wieder spürte er ein unbehagliches Gefühl in der Magengegend und verschwand erst einmal im Bad. Um Mitternacht saß er im Dunkeln über seinen Laptop gebeugt und tippte vor sich hin– ihm war noch mehr eingefallen, was er bei der öffentlichen Anhörung vortragen wollte. Für den Augenblick war der Brief vergessen.
    Theo schlief wenig, und um 6.30 Uhr stand er auf und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Er schaltete seinen Laptop an und ging, wie er es seit ein paar Tagen immer tat, auf YouTube. Das Video war mittlerweile einundreißigtausend Mal aufgerufen worden. Theo sah es breit grinsend noch einmal an. Dann wechselte er zur Online-Ausgabe der Gazette und stieß erneut auf einen Titelseitenbeitrag von Norris Flay. Offenbar war Flay wieder an der Jackson Elementary School unterwegs gewesen und dort auf eine Lehrerin gestoßen, die mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hielt. Ms. Rooney und ihre dritte Klasse hatten zum Zeichen des Protests begonnen, gelbe OP -Masken zu tragen. Bald waren andere dritte und vierte Klassen ihrem Beispiel gefolgt, und der Artikel enthielt ein gelungenes Farbfoto von etwa vierzig Grundschülern, die mit Masken auf dem Spielplatz posierten.
    Die gelben Masken waren wirklich ein genialer Einfall gewesen.
    Unter dem Foto war ein weiterer Artikel über die Umgehungsstraße abgedruckt. Der Gouverneur war am Vortag in Strattenburg gewesen, um seine Leute zu formieren und Druck für das Projekt zu machen. Er hatte beim Mittagessen eines Wirtschaftsforums gesprochen und betont, wie sehr die Region die Umgehungsstraße brauche– die übliche Leier. Auf einem Foto strahlte er mit zwei Mitgliedern des Verwaltungsrats– Mitchell Stak und Lucas Grimes– in die Kamera. Er bezeichnete die beiden als » mutige Führungspersönlichkeiten«, die nicht vor unpopulären Entscheidungen zurückscheuten.
    Als er in die Augen von Mitchell Stak sah, beschloss Theo, seinen Brief abzuschicken.
    Er wartete bis Freitagnachmittag. In der Nähe von Gils Fahrradladen, in einer Gegend, die er kannte wie seine Westentasche, hatte er einen Briefkasten entdeckt. Es war ein typischer Briefkasten der amerikanischen Post, aus blauem Metall und oben mit einer schweren Klappe versehen. Soweit Theo sehen konnte, gab es an den umliegenden Gebäuden keine neugierigen Kameras.
    Er hatte drei identische Briefe vorbereitet. Die Schreiben selbst hatte er auf einfachem weißem Kopierpapier gedruckt, wie es millionenfach in jeder Anwaltskanzlei verwendet wurde. Die Formulierung hatte sich seit dem ersten Entwurf kaum verändert. Als Absender war ein nicht existenter Toby Clemons, 667 Gorewood Street, Strattenburg, angegeben. Im Telefonbuch war niemand mit diesem Namen zu finden, und die Straße gab es auch nicht. Theo hatte beschlossen, einen Absender zu verwenden, um die Sendung authentischer wirken zu lassen. Ein Umschlag war an Mr. Staks Privatanschrift adressiert, einer an seine Eisenwarenhandlung und der dritte an das Büro des Verwaltungsrats.
    Der Briefkasten wurde täglich um 18 Uhr geleert. Um 16.10 Uhr am Freitagnachmittag näherte sich Theo dem Kasten, in seinem Rucksack steckten die drei Briefe. Er stand am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Obwohl er nicht genau hätte sagen können warum, kam er sich vor wie ein Verbrecher. Fast eine Woche lang hatte er auf und ab, hin und her, vor und zurück überlegt, Pro und

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