Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Titel: Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Probleme, an frühere Freundschaften mit den Mädchen anzuknüpfen. Sie war nicht bei allen beliebt, weil sie sich nicht darum bemühte. Sie war aber auch nicht unbeliebt, weil sie wirklich nett und rücksichtsvoll war und sich nicht so kindisch benahm wie viele ihrer Klassenkameradinnen. Sie war ein wenig außergewöhnlich und gab den anderen einige Rätsel auf. Sie zog sich an wie ein Junge und trug das Haar sehr kurz. Sie interessierte sich weder für Sport noch für Fernsehen oder Internet. Stattdessen beschäftigte sie sich mit Kunst und redete davon, nach Paris oder Santa Fe zu ziehen, wo sie nur noch malen wollte. Sie liebte zeitgenössische Kunst, mit der weder ihre Klassenkameraden noch ihre Lehrer etwas anfangen konnten.
    Bald kursierten Gerüchte über ihre eigenartige Familie, die Geschwister mit den Monatsnamen, die verrückte Mutter, die mit Ziegenkäse hausieren ging, und den Vater, der immer unterwegs war. In der sechsten und siebten Klasse zog sich April zunehmend zurück und wurde launisch. Sie beteiligte sich kaum noch am Unterricht und hatte von allen Schülern die meisten Fehltage.
    Dann kam die Pubertät, und Jungen und Mädchen fingen an, sich für einander zu interessieren. Es galt als cool, eine Freundin zu haben. Die hübscheren, beliebteren Mädchen waren schnell vergeben, aber nicht April. Sie zeigte kein Interesse an Jungen und hatte keine Ahnung, wie man flirtete. Sie wirkte distanziert, verlor sich oft in ihrer eigenen Welt. Theo mochte sie schon lange, war aber zu schüchtern und gehemmt, um sich an sie heranzumachen. Er wusste nicht so recht, wie das ging, und April wirkte unzugänglich.
    Es passierte beim Sportunterricht an einem kalten Nachmittag Ende Februar. Draußen schneite es. Für zwei siebte Klassen hatte soeben eine einstündige Foltersitzung unter dem Kommando von Mr. Bart Tyler begonnen. Der junge, übermotivierte Sportlehrer wollte seinen Schützlingen offenbar militärischen Drill angedeihen lassen. Die Jungen und Mädchen hatten gerade ein paar harte Sprints absolviert, als Theo plötzlich keine Luft mehr bekam. Er rannte zu seinem Rucksack, den er in einer Ecke deponiert hatte, holte sein Asthmaspray heraus und inhalierte mehrfach. So etwas passierte ihm gelegentlich, und obwohl seine Klassenkameraden Bescheid wussten, war es Theo jedes Mal peinlich. Er war eigentlich vom Sportunterricht befreit, nahm aber trotzdem daran teil.
    Mr. Tyler gab sich besorgt und führte Theo zur Tribüne. Der wäre am liebsten im Erdboden versunken. Als Mr. Tyler zu den anderen zurückging, in seine Trillerpfeife blies und losbrüllte, löste sich April Finnemore aus der Gruppe und setzte sich neben Theo. Ganz dicht neben Theo.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte er und fand den Asthmaanfall gar nicht mehr so schlimm. Sie legte ihm die Hand aufs Knie und sah ihn höchst besorgt an.
    »Was soll das, April?«, brüllte jemand. »Was machst du da?« Mr. Tyler.
    Sie drehte sich in aller Ruhe um. »Eine Pause.«
    »Ach, tatsächlich? Ich kann mich nicht erinnern, das erlaubt zu haben. Ab auf deinen Platz!«
    »Ich sagte, ich mache eine Pause«, erwiderte sie mit eisiger Stimme.
    Mr. Tyler verschlug es für einen Augenblick die Sprache. »Und wieso, wenn ich fragen darf?«, brachte er schließlich heraus.
    »Weil ich Asthma habe, genau wie Theo.«
    Keiner wusste, ob das stimmte, aber niemand wollte es darauf ankommen lassen– erst recht nicht Mr. Tyler.
    »Schon gut«, grummelte er und blies in seine Trillerpfeife, um die übrigen Schüler zur Ordnung zu rufen.
    Zum ersten Mal in seinem kurzen Leben freute Theo sich über sein Asthma. Den Rest der Stunde verbrachten Theo und April Knie an Knie auf der Tribüne, sahen zu, wie die anderen schwitzten und stöhnten, kicherten über die besonders Unsportlichen, machten sich über Mr. Tyler lustig, tratschten über die Mitschüler, die sie nicht leiden konnten, und tuschelten über das Leben im Allgemeinen. An diesem Abend tauschten sie zum ersten Mal Facebook-Nachrichten aus.
    Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ Theo zusammenzucken.
    »Theo, mach auf«, sagte sein Vater.
    Theo sprang auf, schloss auf und öffnete die Tür.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Mr. Boone.
    »Ja, Dad.«
    »Unten warten zwei Polizisten, die mit dir reden wollen.«
    Theo war zu überrascht, um zu antworten.
    Sein Vater sprach schon weiter: »Ich weiß nicht genau, was sie wollen, vielleicht mehr Hintergrundinfos über April. Gehen wir in

Weitere Kostenlose Bücher