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Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)

Titel: Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Justizangestellten und praktisch alle Polizisten der Stadt kannte, hatte sein Wort großes Gewicht– zumindest in solchen Dingen. Wenn es um Chemie, Musik, Filme oder den Amerikanischen Bürgerkrieg ging, war er kein Experte und behauptete auch gar nicht, einer zu sein. Aber für alles, was mit Recht, Gericht und Justiz zu tun hatte, war Theo ihr Mann.
    »Um neun Uhr heute Morgen wird die Polizei eine Pressekonferenz abhalten«, fuhr er fort. »Das ist natürlich eine positive Entwicklung, aber Tatsache ist, dass April nach wie vor vermisst wird und die Polizei keine heiße Spur hat.«
    »Was ist mit Jack Leeper?«, wollte Aaron wissen.
    »Der steht immer noch unter Verdacht, aber er kooperiert nicht.«
    Plötzlich wurden die Jungen sehr gesprächig. Sie überschütteten Theo mit Fragen, die er nicht beantworten konnte, und unterhielten sich aufgeregt. Als die Glocke ertönte, machten sie sich auf den Weg zum Fachunterricht, während Mr. Mount zur Direktorin ging, um ihr die gute Nachricht mitzuteilen. Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer– über Sekretariat und Lehrerzimmer bis in die Gänge und Klassenzimmer. Selbst in den Toiletten und in der Cafeteria war von nichts anderem die Rede.
    Kurz vor neun Uhr unterbrach Mrs. Gladwell, die Direktorin, den Unterricht mit einer Lautsprecherdurchsage. Alle Achtklässler sollten sich wie am Vortag, als Mrs. Gladwell den Schülern Mut zugesprochen hatte, zu einer kurzfristig angesetzten Versammlung in der Aula einfinden.
    Während die Jugendlichen in die Aula strömten, rollten zwei Hausmeister einen großen Fernseher herein. Mrs. Gladwell scheuchte die Schüler zu ihren Plätzen.
    »Aufgepasst, bitte!«, rief sie, als alle saßen. Sie zog das Wort »bitte« grundsätzlich so in die Länge, dass es wie »biiiete« klang, was sehr nervig war. Beim Mittagessen oder auf dem Schulhof wurde das gern nachgemacht, vor allem von den Jungen.
    Hinter ihr erschien auf dem Bildschirm eine Vormittags-Talkshow.
    »Um neun Uhr wird die Polizei eine wichtige Information im Fall April Finnemore bekanntgeben«, fuhr sie fort. »Ich dachte mir, wir sehen uns das gemeinsam live an. Keine Fragen, biiiete.«
    Sie warf einen Blick auf die Uhr und sah dann zum Fernseher. »Nehmen wir Channel 28«, sagte sie zu den Hausmeistern. Strattenburg hatte zwei normale Fernsehsender und zwei Kabelkanäle. Channel 28 war eindeutig der zuverlässigste, was nur hieß, dass es im Allgemeinen weniger Patzer gab als bei den anderen. Theo war einmal bei einem faszinierenden Prozess dabei gewesen, bei dem ein Arzt Channel 28 verklagt hatte, weil ein Reporter falsche Behauptungen über ihn verbreitet hatte. Die Geschworenen glaubten dem Arzt– Theo übrigens auch– und sprachen ihm eine hohe Summe zu.
    Channel 28 zeigte ein weiteres Vormittagsprogramm, das zur vollen Stunde nicht mit den Nachrichten begann, sondern mit einem spannenden Update zu einer Promischeidung. Glücklicherweise war der Ton noch ausgeschaltet. Die Achtklässler warteten geduldig, ohne sich zu rühren.
    Als der Minutenzeiger der Wanduhr auf fünf Minuten nach neun gewandert war, wurde Theo allmählich unruhig. Die Schüler fingen an zu tuscheln. Auf die Promischeidung folgte ein »Hochzeits-Makeover«, bei dem eine nicht besonders hübsche und etwas pummelige Braut von hektischen Schönheitsprofis aller Art bearbeitet wurde. Ein Fitnesstrainer brüllte auf sie ein, um sie in Form zu bringen. Ein Mann mit lackierten Fingernägeln verpasste ihr eine neue Frisur. Ein besonders schräger Typ klatschte ihr Make-up ins Gesicht. Das ging endlos so weiter, ohne dass eine wesentliche Verbesserung erkennbar gewesen wäre. Um Viertel nach neun war die Braut fertig für die Hochzeit. Sie sah aus wie ein anderer Mensch, und selbst ohne Ton war zu erkennen, dass dem Bräutigam die Originalversion, die er eigentlich hatte heiraten wollen, lieber gewesen wäre.
    Aber bis dahin war Theo zu nervös, um sich dafür zu interessieren.
    Mr. Mount kam auf ihn zu. »Theo, bist du sicher, dass die Polizei eine Pressekonferenz gibt?«, flüsterte er.
    Theo nickte zuversichtlich. »Ganz sicher.«
    Aber er war ganz und gar nicht überzeugt. Er verfluchte sich dafür, solch ein Großmaul und Besserwisser gewesen zu sein. Und er verfluchte Ike. Am liebsten hätte er unauffällig sein Handy gezückt und Ike eine SMS geschickt, um herauszufinden, was los war. Was trieb die Polizei? Leider galten in der Schule strenge Regeln für die Nutzung von Mobiltelefonen.

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