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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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eine nette Dame, die so langweilig war wie ihr Chef im ersten Stock, und an einer anderen sagte er Vince guten Tag, dem langjährigen Anwaltsassistenten, der Mrs. Boones Fälle bearbeitete.
    Marcella Boone telefonierte gerade, als Theo hereinkam und sich setzte. Ihr Glas- und Chromschreibtisch war perfekt aufgeräumt, die Platte größtenteils frei– im krassen Gegensatz zu dem ihres Ehemannes. Die Akten der laufenden Fälle standen ordentlich aufgereiht in einem Regal hinter ihr. Alles war an seinem Platz, bis auf ihre Schuhe, die sie neben ihren Füßen abgestellt hatte. Die hohen Absätze verrieten Theo, dass sie im Gericht gewesen war. Sie trug ihr Verhandlungsoutfit: einen burgunderroten Rock mit passendem Blazer. Seine Mutter war immer attraktiv und gepflegt, aber wenn sie bei Gericht erschien, gab sie sich besondere Mühe.
    » Männer können wie Penner auftreten«, sagte sie oft, » aber von den Frauen erwartet man, dass sie nett aussehen. Wenn das fair ist…«
    Elsa fand das auch nicht fair.
    Tatsächlich gab Mrs. Boone gern Geld für Kleidung und ein gepflegtes Äußeres aus. Mr. Boone interessierte sich überhaupt nicht für Mode und noch weniger für Ordnung. Er war nur drei Jahre älter als seine Frau, hinkte ihr geistig jedoch mindestens ein Jahrzehnt hinterher.
    Im Augenblick sprach sie mit einem Richter, der nicht ihrer Meinung war. Als sie auflegte, hellte sich ihre Miene schlagartig auf.
    » Hallo, Schatz«, sagte sie mit einem Lächeln. » Wie war dein Tag?«
    » Super, Mom. Und deiner?«
    » Das Übliche. Irgendwas Neues in der Schule?«
    » Nur eine Exkursion morgen, zum Gericht. Gehst du zur Verhandlung?«
    Sie schüttelte den Kopf. » Ich habe um zehn einen Termin bei Richter Sanford. Ich habe zu viel zu tun, um in einer Verhandlung herumzusitzen, Theo.«
    » Dad hat gesagt, er hat mit Richter Gantry geredet, und die beiden haben sich überlegt, wie sie mich von dem Prozess fernhalten können. Voll daneben.«
    » Ich finde das absolut in Ordnung. Im Moment ist die Schule das Wichtigste.«
    » Schule ist langweilig, Mom. Ich habe nur zwei Fächer, die mir Spaß machen. Alles andere ist Zeitverschwendung.«
    » Zeitverschwendung würde ich deine Ausbildung nicht nennen.«
    » Im Gericht könnte ich mehr lernen.«
    » Schon möglich, aber du wirst noch genügend Gelegenheit haben, jede Menge Zeit dort zu verbringen. Im Augenblick konzentrieren wir uns auf die achte Klasse. Einverstanden?«
    » Ich würde gern ein paar Onlinekurse in Recht machen. Es gibt da eine coole Website mit tollen Angeboten.«
    » Theodore, Schätzchen, du bist noch nicht so weit, dass du Jura studieren könntest. Das haben wir doch schon besprochen. Genieß die achte Klasse, dann kommt die Highschool, und danach sehen wir weiter. Du bist noch ein Kind. Genieß deine Kindheit.«
    Er deutete ein Achselzucken an, sagte aber nichts.
    » Und jetzt machst du deine Hausaufgaben.«
    Ihr Telefon klingelte, und Elsa stellte einen weiteren wichtigen Anruf durch.
    » Ich muss weitermachen, Teddy. Und vergiss nicht: Immer lächeln!«, sagte Mrs. Boone.
    Theo schlüpfte zur Tür hinaus. Er schleppte seinen Rucksack durch den stets unaufgeräumten Kopierraum und schlängelte sich durch zwei Archivräume, in denen sich große Kartons voll alter Akten stapelten.
    Theo war mit Sicherheit der einzige Achtklässler in Strattenburg, der sein eigenes Rechtsanwaltsbüro hatte. Eigentlich handelte es sich um eine bessere Besenkammer, die jemand vor Jahren an das eigentliche Haus angebaut hatte. Bevor Theo sie in Besitz nahm, waren dort alte Gesetzbücher aufbewahrt worden. Sein Schreibtisch war ein Kartentisch, der zwar nicht ganz so ordentlich war wie der Schreibtisch seiner Mutter, aber deutlich aufgeräumter als der seines Vaters. Davor stand ein abgewetzter Drehstuhl, den er aus dem Sperrmüll gerettet hatte, als seine Eltern die Bibliothek vorne in der Nähe von Elsas Rezeption neu eingerichtet hatten.
    Auf dem Stuhl saß sein Hund. Judge verbrachte jeden Tag in der Kanzlei, wo er entweder schlief oder lautlos durch die Räume strich. Dabei versuchte er geflissentlich, den viel beschäftigten Menschen aus dem Weg zu gehen. Bei Besprechungen wurde er regelmäßig vor die Tür gesetzt. Nachmittags schlich er sich in Theos Büro, sprang auf seinen Stuhl und wartete.
    » Hallo, Judge.« Theo streichelte ihm den Kopf. » War viel los heute?«
    Judge hüpfte auf den Boden und wedelte glücklich mit dem Schwanz. Theo ließ sich auf seinem Stuhl

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