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Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Theo Boone und der unsichtbare Zeuge

Titel: Theo Boone und der unsichtbare Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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nieder, stellte seinen Rucksack auf dem Schreibtisch ab und sah sich um. An der einen Wand hatte er mit Reißzwecken ein großes Poster der Minnesota Twins befestigt. Seines Wissens nach war er der einzige Fan des Baseball-Teams in der Stadt. Minnesota lag anderthalbtausend Kilometer entfernt, und Theo war nie dort gewesen. Er war nur für die Mannschaft, weil er der Einzige in Strattenburg war. Zumindest einen Fan sollte sie in der Stadt haben, das war nur gerecht. Er hatte sich vor Jahren für die Twins entschieden und hielt mit einer eisernen Treue zu ihnen, die während der langen Saison immer wieder auf eine harte Probe gestellt wurde.
    An einer anderen Wand hing eine große Skizze im Cartoonstil, die Rechtsanwalt Theo Boone mit Anzug und Krawatte im Gerichtssaal zeigte. Ein Richterhammer flog haarscharf an seinem Kopf vorbei. » Abgewiesen!«, stand unter der Zeichnung. Im Hintergrund brüllten die Geschworenen vor Lachen– auf Theos Kosten. Rechts unten hatte die Künstlerin sie signiert: April Finnemore. Sie hatte Theo die Zeichnung zu seinem letzten Geburtstag geschenkt. Im Augenblick träumte sie davon, sich nach Paris abzusetzen und für den Rest ihres Lebens Straßenszenen zu zeichnen und zu malen.
    Eine Tür führte zu einer kleinen Veranda, von der aus es zu dem kiesbedeckten Hinterhof ging, der als Parkplatz genutzt wurde.
    Wie üblich packte Theo seinen Rucksack aus und fing mit den Hausaufgaben an, die er nach einer strengen Regel seiner Eltern, die noch aus seiner Zeit als Erstklässler stammte, bis zum Abendessen fertig haben musste. Sein Asthma hinderte Theo daran, sich an den Mannschaftssportarten zu beteiligen, die ihn eigentlich interessierten, aber dafür bekam er allerbeste Noten. Im Laufe der Jahre hatte er seinen schulischen Erfolg widerwillig als gar nicht so üblen Ersatz für die Spiele akzeptiert, die er sich entgehen lassen musste. Golf war jedoch kein Problem, und so stand er jeden Samstag um neun mit seinem Vater am Abschlag.
    Es klopfte an der Hintertür. Judge, der es sich unter dem Tisch gemütlich gemacht hatte, knurrte leise.
    Sandy Coe war ebenfalls in der achten Klasse, aber an einem anderen Zweig der Schule. Theo kannte ihn, allerdings nicht besonders gut. Er war ein netter, stiller Junge. Jetzt wollte er dringend reden, und Theo bat ihn herein. Sandy ließ sich auf der einzigen anderen Sitzgelegenheit nieder, einem Klappstuhl, der in einer Ecke stand. Als sie beide saßen, war der Raum voll.
    » Das hier bleibt doch unter uns?«, fragte Sandy. Er wirkte verschüchtert und nervös.
    » Klar. Was ist los?«
    » Ich brauche einen Rat, glaube ich. So genau weiß ich das auch nicht, aber ich muss einfach mit jemandem reden.«
    » Wenn du mir was erzählen willst, behandle ich das natürlich vertraulich«, versprach Theo wie ein echter Rechtsanwalt.
    » Gut. Also, mein Dad ist seit ein paar Monaten arbeitslos, und bei uns zu Hause sieht es ziemlich düster aus.« Er legte eine Pause ein und wartete, dass Theo etwas sagte.
    » Tut mir leid.«
    » Letzte Nacht hatten meine Eltern in der Küche ein sehr ernstes Gespräch. Ich hätte nicht lauschen sollen, aber ich konnte nicht anders. Weißt du, was eine Zwangsvollstreckung ist?«
    » Ja.«
    » Und was?«
    » Im Augenblick gibt es jede Menge Zwangsvollstreckungen. Wenn ein Hauseigentümer mit seinen Hypothekenzahlungen in Rückstand gerät, will die Bank dafür das Haus haben.«
    » Ich verstehe überhaupt nichts.«
    » Pass auf, die Sache funktioniert so.« Theo nahm ein Heft und legte es mitten auf den Tisch. » Sagen wir, das ist ein Haus, und du willst es kaufen. Es kostet hunderttausend Dollar, und weil du keine hunderttausend Dollar hast, gehst du zur Bank und leihst dir das Geld.« Er legte ein Schulbuch neben das Heft. » Das hier ist die Bank.«
    » Verstanden.«
    » Die Bank leiht dir die Hunderttausend, und du kaufst damit das Haus. Dafür verpflichtest du dich, der Bank dreißig Jahre lang fünfhundert Dollar monatlich zu zahlen, oder so.«
    » Dreißig Jahre lang?«
    » Ja. Das wäre ein typischer Vertrag. Die Bank verlangt Zinsen, das ist eine Art Gebühr dafür, dass sie dir Geld leiht. Du zahlst also jeden Monat einen Teil der Hunderttausend plus Zinsen zurück. Das ist für alle ein gutes Geschäft. Du bekommst das Haus, das du haben willst, und die Bank verdient an den Zinsen. Alles ist in schönster Ordnung, bis irgendwas passiert und du die monatlichen Raten nicht mehr zahlen kannst.«
    » Was ist eine

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