Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
selben Augenblick verschwand die päpstliche Erscheinung und wandelte sich zurück in die Starrheit des Bildes
Zeitgleich löste sich von der Wand zu seiner Linken eine Gestalt im Mönchsgewand, das mit dem Abzeichen der Dominikaner versehen war. Der Kopf des Mönchs war bis auf einen Kranz kahl geschoren, das Gesicht feinsäuberlich rasiert.
Man nennt uns Spürhunde des Herrn, sprach der Dominikaner ihn an. Doch sage ich dir, das was ich weiß, wird dich in ein Meer von Zwiespalt versenken und du wirst nicht mehr wissen, was tun. Der Mönch trat bis auf eine Handbreit an ihn heran. Jede Verurteilung, jede Hinrichtung wird für dich zu einem Mord werden, den du begehst. All die Unschuldigen, sie werden Sühne von dir abverlangen und du wirst der Bestrafte sein, wenn du erfährst, was ich dir nun sage.
Henriece war, als würde er seinen Atem spüren und seinen Schweiß riechen. Vorsichtig machte er einen Schritt zurück.
Lüge!, zischte der Mönch ihm entgegen. Ich und meine Brüder, wir haben es untersucht. Wir haben Beweise dafür, dass all die Vorwürfe, die behaupteten Tatsachen und die scheinbaren Vorkommnisse erfunden sind. Erfunden, um zu unterdrücken, erfunden, um an das Besitztum dieser armen Seelen zu kommen. Alles Lüge und du, der du diese armen Seelen quälst, sie demütigst und ihnen das Leben nimmst, du aalst dich darin, um dein eigenes Ego zu stärken und deine Macht, der du unterliegst, auszubreiten und zu festigen. Die Stimme des Dominikanermönchs klang gewaltig, die Anschuldigung wirkte niederschmetternd.
Henrieces Gesicht war aschfahl, das Zittern seiner Hände konnte er nicht verbergen. Als er versuchte, nach dem Mönch zu greifen, verschwand dieser und platzierte sich zurück in das Gemälde, das im Hintergrund eine schöne Landschaft darstellte.
Meine Mutter, vernahm er auf einmal hinter sich eine kindlich weinende Stimme. Erschrocken wandte Henriece sich um. Sie ist keine Hexe. Sie hat keinen Besen, auf dem sie fliegen kann. Ich will sie zurück! Ich will meine Mutter zurück! Das Kind, vielleicht gerade sechs Jahre alt, weinte. Bitte, lass sie frei und gib sie mir wieder. Bitte, bitte, bitte…
Sein Atem ging schwer. Mehrmals musste er tief Luft holen, um sich wieder fassen zu können. Die verweinten Augen des Mädchens suchten seinen Blick; Henriece wich ihr aus. Es gelang ihm nicht, in die Augen des Kindes zu sehen, das weinte und weinte.
„Nein“, entfuhr es ihm. „Nicht ich. Niemals ich. Niemals habe ich diese Taten begannen, niemals!“ Seine Augen füllten sich mit Tränen, erschöpft ließ er sich vor dem Mädchen auf die Knie fallen und faltete seinen Hände zum Gebet. Im selben Augenblick verschwand es und stattdessen verwandelte sich das antike Schreibpult, auf dem nun sein Blick haftete, in einen lodernden Scheiterhaufen. Eine junge Frau war an einen Pfahl gebunden, wand sich vor Schmerz und schrie aus Leibeskräften. Jesus hilf mir! Bitte erlöse mich von diesen Qualen und nimm mein Leben fort, damit ich nicht mehr leide.
„Erbarmen“, hauchte Henriece. „Ich bitte um Erbarmung.“ Die junge Frau verschwand wieder, stattdessen tauchte in dem lodernden Feuer etwas auf, das ihm einen gewaltigen Hieb in die Magengegend versetzte. Ein großer, breitschultriger Mann, gekleidet in einer schwarzen Robe. Langes schwarzes Haar wellte sich über dessen Schultern, ein gepflegter Vollbart zierte sein markantes Gesicht.
„Theodor“, entfuhr es ihm. Zum ersten Mal erschien diese Gestalt in einer Deutlichkeit vor ihm, dass es ihm den Atem raubte.
Ephrath, mein Sohn, drang die Stimme Theodors zu ihm. Erkenne dich und folge mir.
Henriece konzentrierte sich auf sich selbst. Es kostete ihm seine ganze Kraft, seine Arme auszubreiten und die Worte: „Gott ist in mir“, zu sprechen.
Sieh in dich hinein, kam es zurück. Dein wahres Wesen, erkenne es und folge mir.
„NIE – MALS!“ schrie Henriece. „GOTT IST IN MIR. IHM FOLGE ICH. NIEMALS DIR!“
Erkenne die Wahrheit, mein Sohn, kam es mit kräftiger Stimme zurück. Die Erscheinung und das lodernde Feuer verschwanden, viele Stimmen erfüllten auf einmal den Raum und Henriece sah sich mitten in einer angeregten Versammlung dreier kirchlicher Vertreter. Einer von ihnen war das päpstliche Oberhaupt.
Die geistige Welt erschafft die hiesige, sprach dieser soeben. Wir wissen, dass unserem Handeln der Gedanke vorausgeht. Wir wissen, dass wir mächtiger werden, je mehr Gläubiger wir haben.
Das Weltgeschehen wird aus der
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