Theodor: The Theodor Story (Die Wiedergeburt) (German Edition)
majestätisch am Horizont thronte und die Stadt Melbourn ihm zu Füßen lag. Die Pflöcke schlängelten sich dem schneebedeckten Wald entgegen, der einen großen Teil des Gebirges ausmachte.
Nach einiger Zeit wurde das ratternde Geräusch tatsächlich leiser, Bill war jedoch überhaupt nicht danach, sich mit dem Kardinal zu unterhalten. Der vergangene Abend beschäftigte ihn zu sehr. Und nachdem er jetzt wusste, was de Lantos wirklich trieb, fühlte er sich ihm nicht mehr ausgeliefert. Bill hatte sich vorgenommen, dieses Spiel solange mitzuspielen, wie es ihm dienlich war, Informationen vom Kardinal zu erhalten. Allerdings wollte er kein Verhör anstreben und schon gar nicht den Verdacht aufkommen lassen, dass er bestens im Bilde war.
Nach gut einer halben Stunde, sie befanden sich auf halben Weg, beendete de Lantos das Schweigen.
„Haben Sie uns angekündigt?“, fragte er.
„Nein“, schüttelte Bill den Kopf. „Harbourn gehört zwar zu meinem Distrikt, ist aber nicht in vollem Umfang verwaltet. Das, was in Harbourn geschah, wird sicherlich ein Einzelfall bleiben.“
„Das Mädchen, das von diesem Harry Bansly, der sich Scarliet Ebestan genannt hatte, vergewaltigt wurde, wo wohnt es nun?“
Bill spürte die Blicke des Kardinals, die auf ihn gerichtet waren. „Oh, Sie haben ein sehr gutes Gedächtnis“, gab Bill anerkennend zurück. „Chrissie Parker wohnte eine Zeitlang bei uns. Vor drei Wochen ist sie zu entfernten Verwandten gezogen.“
„Und sie ist tatsächlich schwanger?“ Der Blick des Kardinals schien noch eisiger zu werden.
„Ist das Verhindern eines unerwünschten Kindes, das durch eine Vergewaltigung gezeugt wurde, Mord?“, stellte Bill eine Gegenfrage.
„Jedes menschliche Wesen, das dem Leben naht und es durch Eingriff verhindert wird, ist der Ermordung zuzuschreiben“, antwortete der Kardinal. „Ist es denn verhindert worden?“
„Die Schmerzen waren zu groß, sodass sie die Schwangerschaft verhindern ließ“, log Bill, ohne unsicher zu wirken in der Hoffnung, den Kardinal damit zufrieden gestellt zu haben.
De Lantos jedoch schien diese Antwort nicht auszureichen. „Das Mädchen war mit dem Harry Bansly längere Zeit allein. Ich habe nirgends eine Befragung des Mädchens in den Akten finden können. Wurde sie denn befragt?“
Bill fragte sich, ob der Kardinal über ein fotografisches Gedächtnis verfügte. Tatsächlich war auf eine Befragung Chrissies verzichtet worden.
„Nein“, gestand Bill dieses Versäumnis, das nicht nur er, sondern auch der behandelnde Leiter der Untersuchung zu verschulden hatte. Allerdings machte Bill in diesem Fall seine Einflüsse geltend und drängte auf ein schnelles Schließen der Akte.
Zwischenzeitlich hatten sie die Waldgrenze erreicht und befanden sich nicht mehr weit entfernt der Holzbrücke, die nach dem Einsturz wieder erneuert wurde. Unmittelbar vor der Brücke stoppte Bill die Schneeraupe. Vor einer Überfahrt wollte er sich vergewissern, dass die Konstruktion dem Gewicht der Raupe auch standhalten konnte.
„Ich komme mit“, sagte de Lantos und stieg mit aus. Vorsichtig betraten sie die Holzbrücke, die einen sehr stabilen und sicheren Eindruck machte. De Lantos blickte in die Tiefe.
Konturen eines Autos, das auf dem Dach lag, waren deutlich zu erkennen.
„Wird das verunglückte Fahrzeug von Mrs. de Marco noch geborgen?“, verblüffte ihn de Lantos auf ein Neues. Nur ein Beisatz erwähnte das Unglück, das Rons Mutter widerfahren war. Auf dem Weg nach Harbourn war sie mitsamt der Brücke in die Tiefe gestürzt.
„Nach der Schneeschmelze, wenn das Flussbett wieder ausgetrocknet ist“, antwortete Bill gezwungen ruhig. „Wir können der Brücke vertrauen. Sie macht einen stabilen Eindruck.“
„Ist es noch weit?“
„Maximal zwanzig Minuten“, antwortete Bill, nachdem er eingestiegen war und den Gang eingelegt hatte.
Zehn Minuten später fuhren sie an dem Schild vorbei, das Harbourn ankündigte. Weitere zwei Minuten später fuhren sie auf den Parkplatz des Hotels ein, das am Park der Kirche angrenzte.
Der schneebedeckte Parkplatz war leer, das Hotel aber schien bewirtschaftet zu sein, denn sie konnten mehrere Personen im Inneren erkennen. Links und rechts häuften sich kleine Schneeberge; für Bill ein weiterer Hinweis, dass das Hotel in Betrieb sein musste.
Nachdem Bill die Schneeraupe abgestellt, und die enge Kabine verlassen hatte, schaute er sich aufmerksam um. Wäre das grausige Erlebnis nicht gewesen, das er in
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