Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
der Genesis sehr starke und grosse Menschen, trotzdem, dass sie gottlose Räuber und Hurer waren, Gottes Söhne genannt werden; denn nicht blos die alten Juden, sondern auch die Heiden pflegten überhaupt Alles, worin Jemand die Andern übertraf, auf Gott zurückzuführen. So sagte Pharao bei Anhörung der Auslegung seines Traumes, dass dem Joseph der Geist Gottes innewohne, und auch Nebucadnezar sagte von Daniel, dass er den Geist der heiligen Götter habe. Selbst bei den Lateinern findet sich dies häufig; von meisterhaften Arbeiten sagen sie, dass sie von göttlicher Hand gefertigt seien, und wollte man dies in das Hebräische übersetzen, so müsste man sagen: »es sei von der Hand Gottes gefertigt«, wie den Kennern des Hebräischen bekannt ist.
Hiernach können die Stellen der Bibel, wo des Geistes Gottes Erwähnung geschieht, leicht verstanden und erklärt werden. Denn der »Geist Gottes« und der »Geist Jehova's« bedeutet in einzelnen Stellen nur einen sehr starken, trocknen und verderblichen Wind; so Esaias XL. 7: »der Wind des Jehova weht ihn an«, d.h. ein sehr trockner und schädlicher Wind. So Gen. I. 2: »und der Wind Gottes (d.h. ein sehr heftiger Wind) wehte über den Wassern«. Dann bedeutet es einen hohen Geist; so heist der Geist Gideon's und Samson's in der heiligen Schrift »der Geist Gottes«, d.h. ein kühner, zu Allem bereiter Geist. So heisst auch jede ungewöhnliche Tugend oder Kraft »der Geist« oder »die Tugend Gottes«; so Exod. XXXI. 3: »und ich werde ihn (nämlich Betzaliel) mit dem Geist Gottes erfüllen«, d.h. (wie die Schrift selbst erläutert) mit einem Geist und Geschick, was das gewöhnliche Maass übertrifft. So Esaias XI. 2: »und es wird der Geist Gottes über ihm ruhn«, d.h., wie der Prophet nach einer in der heiligen Schrift sehr gebräuchlichen Sitte es später selbst erläutert, die Tugend der Weisheit, der Besonnenheit, der Tapferkeit u.s.w. So heisst der Tiefsinn Saul's der »böse Geist Gottes«, d.h. eine sehr starke Schwermuth; denn die Knechte Saul's, die seine Schwermuth die Schwermuth Gottes nannten, liessen ihm einen Musiker holen, der ihn durch sein Saitenspiel wieder herstellte; dies zeigt, dass sie unter »Schwermuth Gottes« nur eine natürliche Schwermuth verstanden haben. Ferner bedeutet der »Geist Gottes« die eigne Seele des Menschen; so Hiob XXVII. 3: »und der Geist Gottes in meiner Nase«, indem er auf die Stelle in der Genesis anspielt, wo Gott den Lebensodem dem Menschen durch die Nase eingeblasen hat. So sagt Ezechiel, wo er den Todten prophezeit, XXXVII. 14: »und ich werde Euch meinen Geist geben, und Ihr werdet leben«, d.h. ich werde Euch das Leben wiedergeben. In diesem Sinne heisst es Hiob XXXIV. 14: »Wenn er (nämlich Gott) will, so wird er seinen Geist (d.h. die Seele, die Gott ausgegeben hat) und sein Leben wieder zu sich nehmen«. So ist auch die Stelle Gen. VI. 3 zu verstehn: »mein Geist wird in keinem Menschen nachdenken (d.h. er wird sich nicht entschliessen), weil er Fleisch ist«, d.h. der Mensch wird hinfort nach den Antrieben des Fleisches und nicht des Geistes, den ich ihm zur Erkenntniss des Guten gegeben habe, handeln. So heisst es auch Psalm LI. 12, 13: »Schaffe mir, o Gott, ein reines Herz und erneuere in mir einen sittsamen (d.h. gemässigten) Geist (d.h. Begierde), verstosse mich nicht aus Deinem Angesicht und nimm mir nicht die Kenntniss Deiner Heiligkeit«! Man glaubte, die Sünden entsprängen blos aus dem Fleische, die Seele aber rathe nur zu dem Guten; deshalb ruft er die Hülfe Gottes gegen die Begierden des Fleisches an und bittet dagegen nur, dass ihm die Seele, die der heilige Gott ihm gegeben, von Gott erhalten werde. Da die Bibel Gott nach Art eines Menschen zu schildern pflegt und Gott eine Seele, einen Geist, Affekte und auch einen Körper und Athem wegen der schwachen Fassungskraft der Menge zutheilt, deshalb wird der »Geist Gottes« in der Bibel oft für die Seele, das Leben, die Affekte, die Kraft und den Athem des Mundes Gottes gebraucht. So sagt Esaias XL. 13: »Wer hat den Geist Gottes bestimmt«, d.h. wer ausser Gott selbst hat die Seele Gottes zum Wollen bestimmt? und LXIII. 10: »und sie selbst erfüllten den Geist seiner Heiligkeit mit Trübsinn und Traurigkeit«. Deshalb pflegt man auch das Gesetz Mosis damit zu bezeichnen, weil es gleichsam den Gedanken Gottes ausdrückt, wie Esaias ebendaselbst v. 11 sagt: »Wo (Jener) ist, der in die Mitte dessen den Geist seiner Heiligkeit gestellt
Weitere Kostenlose Bücher