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Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Theologisch-Politische Abhandlung: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baruch de Spinoza
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werden sie doch dem andern glauben, und wenn sie auch diesem nicht glauben sollten, so nimm dann Wasser aus dem Flusse« u.s.w. Wer die Reden Mosis ohne Vorurtheil erwägt, wird sicher finden, dass er Gott für ein Wesen gehalten, was immer gewesen ist, was besteht und immer sein wird; deshalb nennt er ihn Jehova, welches Wort im Hebräischen die drei Zeitformen ausdrückt; aber von seiner Natur hat er sonst nur gelehrt, dass er barmherzig und gütig u.s.w. und höchst eifersüchtig sei, wie viele Stellen der Bücher Mosis ergeben. Er glaubte und lehrte endlich, dass dieses Wesen von allen anderen sich dadurch unterscheide, dass es durch kein Bild einer sichtbaren Sache bezeichnet werden könne, und zwar nicht wegen der Unmöglichkeit der Sache, sondern weil er wegen der Schwäche der Menschen von ihnen nicht geschaut werden könne; ferner, dass seine Macht eine besondere und einzige sei. Er gab zu, dass es Wesen gebe, welche (ohne Zweifel nach Anordnung und Geheiss Gottes) die Stelle Gottes verträten, d.h. Wesen, denen Gott das Ansehn, das Recht und die Macht zur Leitung der Völker und zu ihrer Fürsorge und Pflege gegeben; aber jenes Wesen, das sie verehren sollten, sei der höchste und erhabene Gott oder (um einen hebräischen Ausdruck zu gebrauchen) der Gott der Götter, und deshalb sagt er in dem Lobgesang des 2. Buch Mosis (XV. 11): »Wer unter den Göttern ist Dir gleich, Jehova?« und Jetro sagt (Exod. XVIII. 11): »Jetzt weiss ich, dass Jehova grösser als alle Götter ist,« d.h. endlich muss ich Moses zugestehen, dass Jehova grösser als alle Götter und von besonderer Macht ist. Dagegen ist es zweifelhaft, ob Moses von diesen Wesen, welche Gottes Stelle vertreten, glaubte, dass Gott sie geschaffen habe; denn er sagt nichts über ihre Erschaffung und ihren Anfang, und er lehrt ausserdem, dass dieses Wesen, nämlich Gott, die sichtbare Welt aus dem Chaos in die Ordnung übergeführt habe (Gen. I. 2) und der Natur den Samen eingepflanzt, und dass es deshalb über Alles das höchste Recht und die höchste Gewalt habe, und dass es nach diesem höchsten Recht und Macht (Deut. X. 14, 15) sich allein die jüdische Nation ausgewählt habe und ein bestimmtes Land der Erde (Deut. IV. 20; XXXII. 8, 9), dagegen die übrigen Völker und Länder den anderen von ihm bestellten Göttern überlassen habe. Deshalb wurde er selbst der Gott Israels und der Gott Jerusalem's (2. Chronik XXXII. 19), die übrigen Götter aber die Götter der anderen Völker genannt. Deshalb glaubten auch die Juden, dass dieses Land, was Gott sich auserwählt, einen besonderen und von dem anderer Länder ganz verschiedenen Dienst Gottes verlange und den Dienst anderer Götter, wie er in anderen Ländern hergebracht sei, nicht vertragen könne. Deshalb glaubten die Völker, welche der assyrische König nach Judäa führte, sie würden von Löwen zerrissen werden, weil sie den Dienst Gottes in diesem Lande nicht kannten (2. Könige XVII. 25, 26). Deshalb sagte auch Jacob, wie Aben Hezra meint, seinen Söhnen, als er nach einem neuen Wohnsitz suchte, sie sollten sich auf einen neuen Dienst und fremde Götter gefasst machen, d.h. den Dienst der Götter des Landes, wo sie damals waren, verlassen (Gen. XXXV. 2, 3). Auch David sagte dem Saul, als er wegen dessen Verfolgung das Vaterland verlassen musste, dass er von dem Erbtheil Gottes vertrieben und zur Verehrung anderer Götter gesandt werde (1. Sam. XXVI. 19). Endlich glaubte er, dass dieses Wesen oder Gott seinen Wohnsitz im Himmel habe (Deut. XXXIII. 27), welche Meinung unter den Heiden sehr verbreitet war.
     
    Betrachtet man nun die dem Moses geschehenen Offenbarungen, so zeigt sich, dass sie diesen Meinungen angepasst sind. Da er glaubte, Gottes Wesen sei solchen Zuständen unterworfen, wie dem Mitleiden, der Güte u.s.w., so hat sich Gott ihm auch nach dieser Meinung und in diesen Zuständen offenbart (Exod. XXXIV. 6, 7, wo erzählt wird, wie Gott Moses erschienen ist, und von den Zehn Geboten v. 4, 5). Ferner heisst es XXXIII. 18, Moses habe Gott gebeten, dass er ihn sehen dürfe; allein da Moses, wie erwähnt, keine sinnliche Vorstellung von Gott bei sich hatte bilden können, und Gott, wie ich gezeigt habe, sich den Propheten nur nach dem Zustande ihrer Einbildungskraft offenbart hat, so erschien ihm Gott auch in keiner Gestalt, und ich meine deshalb, weil dies nach der Einbildungskraft des Moses nicht anging. Denn andere Propheten bezeugen, dass sie Gott gesehen haben; so Esaias, Ezechiel,

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