Theopolis - Heimat meines Herzens
Tatsache, dass sein Vater sie gern hatte? Oder hasste er einfach das, wofür er sie hielt? Wie auch immer, sie freute sich nicht darauf, ihn als unfreiwilligen Begleiter zu haben.
Ich hätte ihn bitten sollen, sich durch Spiro vertreten zu lassen, überlegte Joanna, während sie ihr Äußeres im Spiegel überprüfte. Sie kannte Demetris Mitarbeiter zwar auch nicht besser, vermutete jedoch, dass er umgänglicher sein würde. Da sie nun einmal gezwungen war, den Vormittag mit einem Mann zu verbringen, den sie nicht mochte, wünschte sie, es gäbe in ihrer Garderobe Sachen, die ihre Weiblichkeit nicht so unverhohlen betonten.
Andererseits machte es Spaß, attraktiv gekleidet zu sein. Die cremefarbene Leinenhose saß zwar eng, aber wenigstens bedeckte sie die Beine. Es war allerdings zweifelhaft, ob Demetri begreifen würde, dass das wie eine Weste geschnittene Oberteil zum Ensemble gehörte. Er würde eher unterstellen, Joanna habe das Top gewählt, weil es bei jeder Bewegung ihre Taille entblößte.
Constantine hatte ihr geraten, sich nicht in ihrer Suite zu verkriechen, sondern unten zu frühstücken. Er versuchte, sie in den Haushalt zu integrieren, und was immer sie davon halten mochte, sie schuldete es ihm, sich seinem Wunsch zu beugen.
Glücklicherweise war die Terrasse leer und der Tisch verlassen. Lediglich ein paar Krümel auf dem Tischtuch verrieten, dass Constantines Kinder bereits gegessen hatten. Das unbenutzte Gedeck war so arrangiert, dass man von diesem Platz aus einen wunderbaren Blick über den Garten hatte. Widerstrebend setzte sie sich.
Sogleich erschien Pilar, um sie zu bedienen. Mit Hilfe ihres begrenzten griechischen Wortschatzes und der Zeichensprache gelang es Joanna, ihre Wünsche zu äußern.
“Sie versteht Englisch”, bemerkte eine Joanna inzwischen allzu vertraute Stimme, als das Mädchen sich entfernte. Demetri hatte die Szene offenbar verfolgt und kam nun näher.
“Warum haben Sie nichts gesagt?”, beschwerte sich Joanna. “Wie lange beobachten Sie mich schon?”
“Lange genug.” Er lehnte sich lässig an die niedrige Mauer, die die Terrasse begrenzte. “Wie geht es meinem Vater?”
“Wissen Sie das nicht?” Es fiel ihr schwer, höflich zu bleiben.
“Nein”, entgegnete er trügerisch sanft. “Sie sind doch seine Geliebte, Joanna.”
“Ich bin nicht seine …” Sie biss sich auf die Zunge. “Ich bin nicht seine Krankenschwester, aber ich glaube, es geht ihm etwas besser.”
“Das freut mich.”
Er stützte sich mit einem Fuß auf die Steine und lenkte so ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass er dunkelblaue Shorts trug. Seine langen, muskulösen Beine waren mit dem gleichen dunklen Haarflaum bedeckt, der sich auch unter dem Ausschnitt seines T-Shirts abzeichnete. Unwillkürlich fragte sie sich, wie sich seine Haut unter ihren Fingern anfühlen mochte …
“Was würden Sie gern unternehmen?”
“Unternehmen?” Es kostete sie einige Mühe, sich von ihren Träumen loszureißen.
“Wie wäre es mit einer Rundfahrt über die Insel?” Demetri schob die Hände in die Hosentaschen. “Ich könnte Ihnen die Ruinen des Athene-Tempels zeigen.”
“Nun ja …” Nervös richtete sie ihren Blick auf das Markenlogo seines Hemds. Sie durfte sich nicht von seinem Körper ablenken lassen. “Sie brauchen sich nicht um mich zu kümmern.”
“Ich will es aber.” Er richtete sich auf. “Hier ist Pilar mit Ihrem Frühstück.”
Joanna war überzeugt, keinen Bissen herunterzubekommen, solange ihr Demetri buchstäblich über die Schulter sah. Warum war er so nett zu ihr? Tat er es, weil sein Vater ihn darum gebeten hatte, oder führte er etwas im Schilde?
Das Mädchen stellte Milch, Cornflakes, frisch gepressten Orangensaft, Toast und Kaffee auf den Tisch. Und zwei Tassen, wie Joanna gereizt registrierte. Allem Anschein nach war sie gezwungen, Demetri aufzufordern, ihr Gesellschaft zu leisten.
“Ineh entaxi, kiria?”, erkundigte Pilar sich höflich.
“Wunderbar, danke.” Joanna goss sich ein Glas Saft ein.
“Du kannst gehen”, fügte Demetri hinzu.
Joanna überlegte. Da er ausnahmsweise freundlich zu ihr war, wäre es unklug, ihn zu provozieren, zumal er in mehr als einer Hinsicht gefährlich werden konnte.
Zu ihrer Erleichterung nahm er ihr die Entscheidung ab. “Ich lasse Sie jetzt allein, damit Sie in Ruhe frühstücken können. Wir treffen uns dann um halb zehn, einverstanden?”
“In Ordnung. Danke.”
“Sie brauchen mir nicht zu danken,
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