Theopolis - Heimat meines Herzens
die Laune verdorben. Sie hatte plötzlich Angst. “Ich werde ein bisschen schwimmen”, erklärte sie und rieb sich die Arme. “Wie Sie schon sagten, es ist sehr heiß.”
“Er ist morgen wieder da, Joanna.” Spiro erhob sich ebenfalls. Mit seiner Größe und muskulösen Statur erinnerte er sie vage an Demetri. “Er geht stets auf Nummer sicher.”
“Und warum sollte mich das interessieren?” Sie trat an den Beckenrand. “Einen schönen Tag noch.”
9. KAPITEL
Demetri kehrte jedoch nicht am nächsten Tag nach Theopolis zurück. Erst zwei Tage später landete der Helikopter auf dem kleinen Flugfeld nahe Agios Antonis.
Demetri war froh, wieder daheim zu sein. Natürlich nur, um sich zu vergewissern, dass Joanna seinem Vater in der Zwischenzeit keinen Kummer bereitet hatte – zumindest redete er sich das ein. Obwohl Spiros allabendliche Berichte beruhigend geklungen hatten, wollte er sich selbst überzeugen. Spiro gehörte schließlich nicht zur Familie. Woher sollte er wissen, was Constantine dachte oder empfand? Woher sollte Spiro wissen, was sich im Schlafzimmer seines Vaters abspielte?
Demetri hob seine Reisetasche aus dem Hubschrauber und wartete ungeduldig darauf, dass seine Schwester und ihr Verlobter ausstiegen. Theos, wie viele Koffer hatten sie mitgebracht? Ihre Hochzeitsreise würde drei Wochen dauern, nicht drei Monate.
Der Rückflug war wegen Alex verschoben worden. Sie hatte geschworen, dass es ihr nicht gelungen sei, den passenden Kranz für ihren Schleier zu finden. Also war ein Kopfschmuck nach ihren Vorgaben angefertigt worden, und Demetri hatte sich gedulden müssen. Wenn Costas bereit war, seiner Braut jeden Wunsch zu erfüllen, durfte der Bruder nicht nachstehen, zumal es um Alex’ großen Tag ging.
Costas Eltern und seine drei Schwestern, die als Brautjungfern fungieren sollten, würden am nächsten Tag eintreffen. Am Tag darauf – dem Tag vor der Trauung – würden viele weitere Verwandte und Freunde in der Villa Quartier nehmen. Demetri fragte sich, wie Joanna all die Fremden im Haus verkraften würde, schalt sich jedoch sofort, weil er überhaupt einen Gedanken an ihren Seelenfrieden verschwendet hatte. Sie sollte gar nicht hier sein, sie gehörte nicht hierher. Und auf gar keinen Fall sollte er Entzugserscheinungen verspüren, nur weil er sie seit über achtundvierzig Stunden nicht gesehen hatte.
Die Villa war ungewöhnlich still, als sie am späten Nachmittag eintrafen. Spiro hatte zwar einen Wagen geschickt, um sie abzuholen, war aber selbst nicht in der Halle, um sie zu begrüßen. Von plötzlicher Unruhe erfüllt, ließ Demetri Alex und Costas allein und eilte in den ersten Stock. Die Abwesenheit der Dienstboten war kein Anlass zur Sorge, die meisten Angestellten hatten zwischen drei und sechs Uhr frei. Während er den Flur zur Suite seines Vaters entlangging, sagte er sich, dass er vermutlich überreagiere.
Als er an die Tür klopfte, wurde ihm von Philip geöffnet. “Kirie Demetri! Endlich sind Sie zurück”, rief der Diener in seiner Muttersprache. “Gott sei Dank!”
“Warum?” Demetri ging an ihm vorbei und schaute sich rasch um. “Was ist passiert? Ist mein Vater wohlauf?”
Philip rang die Hände. “Wenn ich das wüsste! Ich habe mir solche Sorgen gemacht.”
“Sorgen?” Demetri war überzeugt, dass Spiro es ihm mitgeteilt hätte, falls sich der Zustand seines Vaters verschlechtert hätte. “Was meinen Sie?”
“Oh Kirie Demetri …” Philip schüttelte den Kopf. “Diese Frau ist nicht gut für ihn.”
Die Tatsache, dass Demetri ihm insgeheim zustimmte, machte es ihm nicht leichter, gelassen zu antworten. “Ich bin sicher, mein Vater weiß, was er tut.” Ein kurzer Blick auf die Schlafzimmertür zeigte, dass diese geschlossen war. “Ruht er gerade? Ich würde nämlich gern mit ihm sprechen.”
“Er ruht nicht.” Philip seufzte. “Sie sind unterwegs, kirie. In der größten Tageshitze unternehmen sie einen Ausflug! Ich konnte sie nicht daran hindern.”
Eine unerklärliche Enttäuschung ergriff Demetri. Eigentlich hätte er sich freuen müssen, dass sein Vater sich wohl genug fühlte, um auszugehen. Offenbar hatte er sich von dem Schwächeanfall erholt, der ihn bei Demetris Abreise nach Athen geplagt hatte – demzufolge schien Joanna seine Genesung eher zu fördern als zu beeinträchtigen. Philip war eifersüchtig, das war alles. Und was ihn, Demetri, betraf, so mochte er über seine Gefühle in dieser Angelegenheit lieber nicht
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