Theopolis - Heimat meines Herzens
schmeicheln mir”, erwiderte sie und richtete sich auf. “Ich bin nicht mehr so jung, wie Sie denken.”
“Vielleicht haben Sie ja Fotos Ihrer Familie mitgebracht, die Sie uns zeigen könnten. Von Ihrem Ehemann, beispielsweise.” Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: “Sofern es ihn je gegeben hat.”
“Es hat ihn gegeben. In diesem Punkt würde ich nicht lügen.”
“Das wirft natürlich die Frage auf, wann Sie sonst lügen würden”, konterte er. “Möglicherweise haben Sie bei anderen Themen nicht die Wahrheit gesagt.”
“Nein. Warum glauben Sie, ich hätte etwas zu verbergen?”
Demetri zuckte die Schultern. “Weil ich nur weiß, was Sie mir erzählt haben. Diese traurige Geschichte, dass Sie Ihre Eltern als Kind verloren haben und Sie bei Ihrer Tante aufwachsen mussten. Das klingt ein bisschen nach einer Märchengeschichte, oder?”
Sie sah ihn vorwurfsvoll an. “Es war keineswegs ein Märchen, Mr. Kastro. Meine Eltern wurden in Österreich durch eine Lawine getötet, und ich kam zur unverheirateten Tante meines Vaters. Glauben Sie mir, so etwas würde ich mir nicht ausdenken.”
“Es scheint keine sehr glückliche Zeit für Sie gewesen zu sein.”
“Eine glückliche Zeit? Mein ganzes Leben ist nicht besonders glücklich für mich verlaufen, Mr. Kastro. Beantwortet das Ihre Frage?”
Er furchte die Stirn. “Und Ihr Ehemann?”
“Mein Ex-Ehemann …” Joanna atmete tief durch. “Mit ihm war es am schlimmsten.”
“Was sagtest du gerade zu Joanna, Demetri?”, unterbrach Constantine den Wortwechsel.
Demetri unterdrückte einen Fluch, als Joanna sichtlich erleichtert an die Seite seines Vaters eilte. “Wir haben über meine Kindheit geplaudert”, erklärte sie. “Ist es Zeit zum Essen?”
“Sobald Alex und Costas hier sind. Ah, da kommen sie ja endlich.” Constantine nahm ihren Arm. “Meine Liebe, darf ich dir meine jüngste Tochter und ihren Verlobten vorstellen? Alex, Costas, dies ist meine sehr liebe Freundin Joanna Manning.”
Das Dinner verlief erstaunlich harmonisch, was möglicherweise Olivias Abwesenheit zuzuschreiben war.
Im Gegensatz zu ihrer Schwester schien Alex nichts dabei zu finden, dass ihr Vater eine Affäre mit einer wesentlich jüngeren Frau hatte. Sie raunte Demetri sogar zu, dass Constantine überraschend gut für einen Mann aussehe, der sich erst vor zwei Wochen einer schweren Operation unterzogen habe. Ihrer Meinung nach tat Joanna ihm gut, und Demetri musste einräumen, dass sie vielleicht Recht haben könnte.
Ein Trost war ihm das allerdings nicht. Es behagte ihm absolut nicht, dass er allmählich anfing, Ausflüchte für Joannas Verhältnis mit seinem Vater zu suchen. Bei ihren Äußerungen über ihre Kindheit und Ehe hatte er tatsächlich einen Anflug von Mitleid für sie verspürt. Er war enttäuscht gewesen, als sein Vater sie unterbrochen hatte, bevor sie die Gründe für das Scheitern ihrer Ehe hatte nennen können. Ob sie sich ihm tatsächlich anvertraut hätte? Oder hatten all die Andeutungen nur dem sorgfältig inszenierten Ziel gedient, seine Sympathie zu erringen? Nun, das war ihr jedenfalls gelungen.
Verdammt, wann würde er endlich aufhören, sich von seinen Hormonen statt von seinem Verstand leiten zu lassen? Es war unwichtig, ob sie ihn anlog oder nicht. Sie ging ihn nichts an.
Oder doch?
“Was ist los, Demetri?” Alex hatte seine grimmige Miene bemerkt.
“Gar nichts”, behauptete er und rang sich ein Lächeln ab. “Was meinst du, wie wirst du dich als Kiria Karadinos fühlen?”
“Ich hoffe, ausgezeichnet”, erwiderte sie heiter. Etwas ernster fuhr sie nach einer kurzen Pause fort: “Und was ist mit dir? Bereust du die Trennung von Athenee?”
“Nein”, versicherte er nachdrücklich. Nur Alex hatte den Mut, seine Affäre mit Athenee Sama bei Tisch anzuschneiden. Die meisten seiner Mitmenschen vermieden es, Athenee überhaupt zu erwähnen, weil sie völlig zu Recht glaubten, einen wunden Punkt zu berühren.
Zumindest war es einmal so gewesen. Verblüfft erkannte er, dass er keinen Gedanken mehr an Athenee verschwendet hatte, seit sein Vater ihm Joanna vorgestellt hatte. Und nun empfand er nichts mehr für seine einstige Geliebte. Absolut nichts.
“Das freut mich. Ich habe sie nie gemocht. Sie war immer so eitel, so durchdrungen von ihrer eigenen Wichtigkeit. Sie hätte dich nie glücklich gemacht, Demetri. Du brauchst eine warmherzige, einfühlsame Frau.” Zwei reizende Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen.
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