Theopolis - Heimat meines Herzens
hat. Lehnst du sie ab, Demetri? Das wäre schade, denn ich hatte gehofft, ihr beide würdet Freunde werden.”
Freunde! Wenn dem doch nur so wäre. Demetri war die Kehle wie zugeschnürt. “Papa …”
Sein Vater war jedoch noch nicht fertig. “Sie hatte kein leichtes Leben.” Erschöpft schloss er die Augen. “Ihr Mann – vielmehr ihr Exmann – war völlig untauglich. Ich will mich nicht in Details ergehen, aber er hat sie sehr unglücklich gemacht.”
Demetri neigte den Kopf. “Verstehe.”
“Das bezweifle ich. Er hat sie verletzt und gedemütigt und ihr jegliche Selbstachtung geraubt. Als ich sie kennen lernte, war sie scheu und unzugänglich. Sie hielt sich für unbedeutend und unscheinbar.” Nach einer kurzen Pause schlug er die Augen wieder auf. “Ich denke, es ist mir gelungen, sie zu ändern. Langsam, ganz langsam begann sie, mir zu vertrauen. Wir wurden Freunde, und als ich die endgültige Diagnose erfuhr, war Joanna diejenige, mit der ich reden konnte und die mir den Trost bot, den ich bei meiner Familie nicht suchen konnte.”
“Papa …”
“Nein, hör mich an, Demetri. Sie ist nicht das, was du glaubst. Sie ist eine ehrbare Frau, und sie liegt mir sehr am Herzen.” Er sah seinen Sohn eindringlich an.
“Warum erzählst du mir das, Papa?” Gütiger Himmel, wollte Constantine etwa andeuten, dass er sie heiraten wollte?
“Weil ich sie liebe, Demetri. Weil sie mir wichtig ist. Weil du mir versprechen sollst, nach meinem Tod dafür zu sorgen, dass ihr nie wieder etwas fehlt.”
“Nein! Niemals! Das dulde ich nicht!”
Olivia stand ihrem Bruder in dem kleinen Raum vor dem Krankenzimmer ihres Vaters gegenüber. Ihre Wangen waren von Zorn gerötet. Demetri war froh, dass die Wände in der Klinik schallisoliert waren, so konnte er sicher sein, dass Constantine nichts von dem Streit mitbekam.
Olivias Starrsinn ärgerte ihn maßlos. “Sprich leiser”, befahl er, “oder willst du, dass alle mit anhören, wie wir uns schon jetzt über seine Wünsche in die Haare geraten? Es ist das Begehren unseres Vaters, dass Joanna ins Krankenhaus gebracht werden soll.”
Sie stieß einen verächtlichen Laut aus. “Oh ja, sein Begehren. Wir wissen alles über das Begehren unseres Vaters, oder?”
“Olivia …”
“Versuch nicht, ihn zu verteidigen, Demetri.” Sie verschränkte die Arme vor der Brust. “Warum hast du ihm nicht einfach gesagt, dass sie nach England zurückgekehrt ist? Warum lässt du ihn in dem Glauben, sie würde in der Villa auf ihn warten?”
Er atmete tief durch, bevor er antwortete. “Nur weil du sie nicht magst …”
“Willst du etwa behaupten, du magst sie?”
“Sie ist nicht so schlecht, wie du denkst”, erwiderte er. “Zumindest hat sie den alten Mann gern.”
“Da bin ich anderer Meinung. Sie hat dich genauso umgarnt wie Papa.” Olivia schüttelte den Kopf. “Ich habe dich vor ihr gewarnt, aber du wolltest nicht auf mich hören.”
“Ich möchte doch nur, dass du ihr eine Chance gibst. Oder hältst du unseren Vater für einen so schlechten Menschenkenner?”
“Ich glaube nicht, dass ein Mann in seinem Zustand zu einem klaren Urteil fähig ist. Ich habe mich immer gefragt, warum sie sich mit ihm eingelassen hat. Jetzt ist es mir klar. Sie war über seine Krankheit informiert und wusste genau, wie lange sie ihre Rolle spielen musste.”
“Schweig!” Demetri hatte genug von ihren boshaften Bemerkungen. “So war es nicht. Joanna kennt Papa schon seit etlichen Jahren, lange bevor der Tumor entdeckt wurde.”
“Und das glaubst du?”
“Es ist die Wahrheit.”
“Hat sie dir das erzählt?”
“Nein, er.” Demetri seufzte. “Und nun entschuldige mich. Ich will in der Villa anrufen und Joannas Reise nach Athen arrangieren.”
“Sie ist nicht dort”, erklärte Olivia leise.
Für Sekunden schien die Zeit still zu stehen. “Was heißt das, sie ist nicht dort?”
“Was ist daran so schwer zu begreifen?”, konterte sie kühl. “Lies es mir von den Lippen ab, Demetri. Joanna ist nicht in der Villa. Sie ist nach London zurückgekehrt.”
Er traute seinen Ohren kaum. Olivia hatte also vorhin nicht geblufft. “Wann hat sie die Insel verlassen?”
“Vor drei Tagen.”
“Aber sie hat doch täglich angerufen.”
“Ich schätze, das Telefonsystem in England ist genauso modern wie unseres.”
Demetri verspürte plötzlich den unbändigen Wunsch, seine Schwester zu würgen. “Darf ich daraus schließen, dass du für ihre Abreise verantwortlich
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