Theopolis - Heimat meines Herzens
ballte die Hände zu Fäusten. Ich muss nach Hause, dachte er ungeduldig. Auch wenn es noch so schmerzlich war, er musste mit Joanna reden. Und, mehr noch, er musste sie sehen. Das war er ihr, weiß Gott, schuldig.
Drei lange Tage und Nächte waren inzwischen vergangen, seit er mit seinem Vater von Agios Antonis nach Athen geflogen war. Daniil Tsikas hatte sie begleitet. Demetri hatte den Inselarzt sofort gerufen, als er bemerkt hatte, welche Probleme sein Vater beim Atmen hatte. Tsikas hatte keine Zeit verloren und unverzüglich für seinen Patienten eine Notaufnahme in der Athener Klinik arrangiert.
Constantine hatte vehement gegen den Transport protestiert und beteuert, er brauche lediglich seine Medikamente, doch Demetri hatte seine Einwände ignoriert. Er wollte die Meinung eines Spezialisten hören, und als er erfuhr, wie krank sein Vater tatsächlich war, begriff er auch, weshalb dieser versucht hatte, ihn aufzuhalten.
Dickköpfiger alter Narr, dachte Demetri und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. Verdammt, Constantine hätte es ihm, seinem einzigen Sohn und Erben, sagen müssen!
Joanna hatte es gewusst. Sie hatte das Vertrauen seines Vaters genossen. Ohne sie hätte er seinen Plan nicht in die Tat umsetzen können. Diese Tatsache war für Demetri nur schwer zu verkraften.
Trotzdem durfte er Joanna nicht für die Entscheidung seines Vaters verantwortlich machen. Sie war vermutlich ganz zufällig in die Sache verwickelt worden. Aber was hatte sie davon? Was erhoffte sie sich von ihrer Beteiligung? Sie hatte ja nicht einmal das Bett seines Vaters geteilt.
Gott sei Dank!
Demetri fragte sich, was sie jetzt denken mochte. Ob sie sich freuen würde, ihn wiederzusehen? Irgendwie zweifelte er daran. Er erinnerte sich an ihren Gesichtsausdruck, als Philip nach ihr gerufen hatte. Bedauern hatte sich auf ihren Zügen widergespiegelt – und eine gewisse Bitterkeit. Wortlos hatte sie sich aus seinen Armen befreit und ihren Morgenmantel übergestreift, bevor sie das Zimmer verließ.
Seither hatte Demetri genug Zeit gehabt, über ihre Motive nachzudenken. Möglicherweise hatte sie ihm unnötige Peinlichkeiten ersparen wollen, indem sie Philip daran gehindert hatte, ihn im Schlafzimmer zu entdecken. Danach war es Demetri ein Leichtes gewesen, sich anzuziehen und ihr zu folgen. Philip hatte sein Erscheinen an Constantines Bett ohne jedes Misstrauen zur Kenntnis genommen, zumal sich die gesamte Aufmerksamkeit ohnehin auf den Kranken konzentrierte.
Erst sehr viel später überlegte er, was wohl passiert wäre, wenn Philip sie nicht gestört hätte. Der aufwühlende Liebesakt war von den Ereignissen in den Hintergrund gedrängt worden – allerdings gelang es Demetri nicht, sich einzureden, dass es besser so war, weil die Episode allein auf überreizte Emotionen und zu viel Champagner zurückzuführen sei.
Vor ihrem Ausflug zum Tempel hatten sie keinen Champagner getrunken, und trotzdem hatte er Joanna begehrt. Genau genommen begehrte er sie, seit sie ihn zum ersten Mal mit ihrem unbeschreiblich sinnlichen Blick herausgefordert hatte. Sie mit seinem Vater zusammen zu sehen und zu glauben, die beiden wären ein Paar, hatte ihn zur Verzweiflung getrieben, und zwar so sehr, dass er bereit gewesen war, den alten Mann zu betrügen, falls sich eine Gelegenheit dazu bot.
Und das konnte er sich nicht verzeihen.
Joanna traf keine Schuld. Abgesehen von der vermeintlichen Affäre mit seinem Vater hatte sie sich schließlich nichts vorzuwerfen. Während er, Demetri …
Er drehte sich um und betrachtete reumütig Constantines hageres Gesicht. Was für ein Sohn war er nur, dass er zu einem solchen Verrat fähig war? Wie sollte er mit der Erkenntnis leben, dass er dem alten Mann das Herz gebrochen hätte, wenn Joanna tatsächlich die Geliebte seines Vaters gewesen wäre?
Warum wollte er Joanna überhaupt wiedersehen? Was glaubte er, durch ein Gespräch mit ihr erreichen zu können? Zweifellos verachtete sie ihn ebenfalls. Das würde immerhin ihre Reaktion auf Philips Hilferuf erklären.
Seit Constantine in der Klinik eingeliefert worden war, hatte sie jeden Tag angerufen. Demetri hatte zwar nicht selbst mit ihr gesprochen, aber die Schwestern hatten stets entweder ihn oder Olivia über die besorgten Anfragen informiert.
Seine Schwester war natürlich auch hier. Olivia hatte sich bitterlich beschwert, dass man sie nicht geweckt hatte. Zugleich hatte sie Joanna beschimpft und für Constantines Rückfall verantwortlich
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