Therapielexikon der Kleintierpraxis
Das FIV weist keine Kreuzantigenität mit den anderen, bei Mensch, Affe, kleinen Wiederkäuern oder Rindern bekannten Lentiviren auf.
Epidemiologie
Die Infektionsfrequenz schwankt beträchtlich je nach Art der untersuchten Population. Selten in geschlossenen Populationen vorkommend, kann sie 15 % in Kolonien „frei lebender Katzen“ erreichen. Männliche alte Tiere sind am häufigsten infiziert.
Sehr stark ist die Viruslast im Speichel. Die Ansteckung erfolgt folglich hauptsächlich über Bisse. Eine infizierte Kätzin kann ihre Welpen auch durch Belecken oder evtl. über die Milch infizieren.
Transplazentare oder venerische Ansteckungen kommen seltener vor.
Das Infektionsrisiko ist bei einer Primärinfektion oder während der finalen Phase durch die Viruslast in Speichel und Blut bedeutender als im asymptomatischen intermediären Stadium (s. u.).
Symptome
• Inkubationszeit: 4 – 6 Wochen.
• Stadium I (Dauer ca. 2 Monate) oder Primärinfektion: Mononukleären-Syndrom mit mäßigem Fieber, Neutropenie und vorübergehender generalisierter Lymphadenopathie.
• Stadium II (geschätzte Dauer 5 – 10 Jahre): asymptomatische Seropositivität.
• Stadium III (Dauer ca. 1 Jahr): persistierende generalisierte Lymphadenopathie.
• Stadium IV (Dauer ca. einige Monate): klinisches Stadium der Immundefizienz, vergleichbar mit AIDS des Menschen.
Allgemeinsymptome (33 % der Fälle): Abmagerung, Fieber, Anämie, Leukopenie und generalisierte Adenopathie.
Chronische oder rezidivierende Sekundärinfektionen (50 % der Fälle):
•Gingivitis, Stomatitis oder Parodontitis (in 50 % der Fälle lokalisierte Infektionen).
•Konjunktivitis oder Rhinitis (25 % der Fälle).
•Kutane Abszesse, Otitis oder kutane Parasitose (15 % der Fälle).
•Chronische Diarrhö (10 % der Fälle).
Tumoren (10 % der Fälle).
Neurologische Störungen (5 % der Fälle): Enzephalitis, Myelitis oder Verhaltensstörungen.
Immunologische Störungen (2 % der Fälle): autoimmune Anämie, Thrombozytopenie, Arthritis.
Der Übergang von Stadium II (asymptomatisch) zu den Stadien III und IV geschieht häufig, aber es steht nicht fest, ob 100 % der Katzen betroffen sind. Der Übergang scheint durch gewisse Kofaktoren beschleunigt zu werden: Begleitinfektionen, v. a. mit dem felinen Leukämievirus (FeLV).
Bisher wurde kein Fall identifiziert, der spontan negativ geworden wäre.
Diagnostik
Verschiedene weiterführende Untersuchungen mit spezifischen Indi kationen sind inzwischen anwendbar.
• Der indirekte Nachweis von Antikörpern gegen virale Antigene kann mittels ELISA (Schnelltests), Immunochromatographie oder Western Blot erfolgen. Abgesehen von Irrtümern durch fehlerhafte Handhabung der Schnelltests und einem nicht zu vernachlässigenden Prozentsatz „zweifelhafter Fälle“, besteht die wesentliche Limitierung dieser Techniken im verzögerten Auftreten von Antikörpern (im Durchschnitt 6 – 8 Wochen nach Ansteckung, manchmal jedoch viel später: daher der Begriff des ersten „serologischen Fensters“ ). Hinzukommend liegt eine Problematik in dem schwankenden Antikörper-Wert im Verlauf der verschiedenen Krankheitsstadien, v. a. während der finalen Phase, wo der Antikörpertiter sehr niedrig sein kann, obwohl die Viruslast im Speichel sehr hoch ist (= zweites „serologisches Fenster“).
• Der Nachweis des Virusgenoms mittels PCR (polymerase chain reaction) ist eine sehr sensible Methode, die den Nachweis sehr geringer Virus mengen ermöglicht. Daher hat die PCR eine große Bedeutung für die Diagnose der Infektion. Die quantitative PCR kann im Krankheitsverlauf eine ergänzende Hilfe in Bezug auf Prognose und Infektionsrisiken darstellen.
Therapie
•Die Therapie ist im Allgemeinen auf die antibiotische Bekämpfung opportunistischer Infektionen beschränkt. Die Wahl der Produkte hängt vom Typ der dominierenden Infektion ab. Der hohe Anteil oraler Infektionen mit potentiell für den Menschen gefährlichen Bakterien (Pasteurella, Anaero bier) muss berücksichtigt werden, selbst wenn feststeht, dass durch das feline Virus kein Risiko für den Menschen besteht. Mit Einverständnis des Tierhalters und wenn die Entscheidung für eine Therapie gefallen ist, kann es gerechtfertigt sein, das Tier „prophylaktisch“ mit regelmäßigen „Antibiotikakuren“ zu behandeln und so pathogene bakterielle Popu lationen zu begrenzen.
•Normalerweise ist es paradox, bei massiv immunsupprimierten Tieren auf Kortikoide
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