Therapielexikon der Kleintierpraxis
zum Ausgangspunkt bakterieller Infektionen.
•Lethargie, Anorexie, oft begleitet von Atemproblemen (
Pneumopathien)
und nephrologischen Symptomen (axilläres und inguinales Ödem).
•Selten eitrige Otitis oder Legenot.
Therapie
• Alimentäre Zufuhr von Vitamin A für karnivore Wasserschildkröten (Leber von Kalb, Maus oder Fisch,
Spirogyra-
Algen) oder Vitamin-A-Vorstufen wie Karotinoide für herbivore Landschildkröten (Blattsalat, Löwenzahn, Spinat, Karotte, Melone, Süßkartoffel, Brokkoli). Verboten sind getrocknete Garnelen und eine ausschließliche Ernährung mit Muskelfleisch.
• Medizinische Zufuhr von Vitamin A: Saft (Lebertran vom Kabeljau 1100 IE Vitamin A/ml,
Bela-Monovit A
®) oder zur Injektion (500–2000 IE Vitamin A, 2–3 × mit je 1 Woche Therapiepause. Die Dosis ist abhängig von der Schwere des Mangels).
•Antibiotikahaltige Augensalbe
(Dermamycin®, Soligental®, Fucithalmic Vet®)
und systemische Antibiotikatherapie bei Pneumopathien oder Otitis.
• Risiko einer Überdosierung von Vitamin A (höchste Dosierung 15 000 – 20 000 IE/kg): Risiko der Abschuppung von Haut und Xerodermie (Parakeratose).
Cave: Bei Herbivoren ist eine Hypovitaminose A sehr selten.
Hypovitaminose B 1
Enzephalo-, Kardiomyo- und Neuropathien durch Thiaminmangel werden bei fischfressenden Schlangen beobachtet
(Thamnophis
sp.,
Nerodia
sp.,
Natrix
sp., Anakondas).
Ätiologie
Fischfressende Schlangen, die mit thiaminasereichem Fisch (gefrorenes, rohes Fischfleisch) ernährt werden (Karausche, Goldfisch, Karpfen, Stint, Hering, Sardine, Wels etc.) erkranken durch Zerstörung von Thiamin und Schädigung der Myelinscheiden.
Symptome
Eine Übersicht ist im Abschnitt
Enzephalopathien und Muskelkrämpfe
zu finden.
Therapie
•Ernährung überprüfen: ganze Fische ohne Thiaminasen (Elritze, Gründling, Teile vom Lachs, Guppy, Schockgefrieren und Schockauftauen), zerkleinerte Maus mit Fisch, Regenwürmer.
•Zufuhr von Vitamin B1
(Thiasel
® 25 mg/kg).
Kloakenprolaps
Anatomische Besonderheiten
Die Kloake besteht aus drei Bereichen: das kranial liegende Koprodeum (hier sammelt sich Kot an), das median gelegene Urodeum (Genitalpapillen und Ureterenmündungen) und das kaudal gelegene Proktodeum (Schleimdrüsen, Ort der Mischung von Fäzes und Urin).
Der Kloakenprolaps betrifft das terminale Kolon, das Ovidukt oder die Harnblase. Abzugrenzen ist die Paraphimose des Männchens (Exteriorisierung eines oder beider Hemipenes bzw. des Penis bei Krokodilen und Schildkröten).
Ätiologie
• Prolaps des terminalen Kolons: Koprostase, Fremdkörperverschluss, bakterielle oder parasitäre Enteritis, Hypokalzämie.
• Prolaps des Ovidukts: Legenot durch Dystokie, selten Salpingitis.
• Prolaps der Harnblase: Zystitis, Harnsteine; relativ selten.
Symptome
Anormale, aus der Kloake vorfallende Gewebemasse. Die Beschaffenheit ist abhängig vom betroffenen Organ:
• Prolaps des Kolons (Beurteilung mit einer direkten Lichtquelle): rote, hügelige und eher dünnwandige Masse, begleitet von expulsiven Bewegungen und der Präsenz von diarrhöischen Fäzes. Eine Längsstreifung (Muscheldrüsen) ist bei Schildkröten erkennbar.
• Prolaps des Ovidukts (Beurteilung mit einer direkten Lichtquelle): rosa ödematisierte Masse.
• Harnblasenprolaps: feinwandige transparente Masse. Bei Schlangen und vielen Echsen existiert keine Harnblase.
• Paraphimose (Penisprolaps): längliche, sich verjüngende rosa-schwarze Masse mit medianer dorsaler Rinne.
Therapie
In jedem Fall: Therapie der Ursache.
• Akutes Auftreten: Auflegen von Eis. Vorsichtige manuelle Reposition, partielle oder komplette Entlastungsnaht für 1 Woche, großzügige Antibiose (Chinolone, Metronidazol).
•Chronisch persistierender Vorfall und Rezidive (häufig):
Zöliotomie
.
•Kolonprolaps:
–Intakte Schleimhaut: Kolopexie nach Bauchhöhleneröffnung und manueller Reposition. Das Kolon wird an drei Seiten mit einem nicht resorbierbaren Faden fixiert.
–Verletzte Schleimhaut: externe Resektion und Anastomose der prolabierten Masse ohne Bauchhöhleneröffnung. Wenig invasive Methode, jedoch mit einem erhöhten Risiko der Nahtdehiszenz.
• Prolaps des Ovidukts: Uni- oder bilaterale Ovariosalpingotomie (häufigster Fall) nach Bauchhöhleneröffnung.
• Prolaps der Harnblase: partielle (von extern) oder komplette (nach Bauchhöhleneröffnung) Zystektomie.
Koprostase
Ätiologie
•Zu niedrige Umgebungstemperatur, nicht ausreichende
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