Theres
eine medizinische Erklärung für dieses Phänomen, oder ist es ganz einfach so, dass der politische Kampf bestimmte PERSÖNLICHKEITSTYPEN erzeugt (oder anzieht, was weiß denn ich), die ganz einfach nicht geeignet sind, sich wie andere zu reproduzieren, und dass die RAF -Aktivisten aus diesem Grund ganz einfach AUSSTERBEN WERDEN ?
Ja, was sagt Doktor Prinzing dazu?
Zu Beginn möchte ich sagen, dass diese Beobachtung unserer Hörerin auch von vielen anderen Eltern oder Angehörigen junger Leute geteilt wurde, die man verleitet hat, sich an den verschiedensten terroristischen Aktivitäten zu beteiligen. Man darf nicht vergessen, dass viele dieser Jugendlichen in einem nahezu unerträglichen Spannungszustand leben, am ehesten mit bestimmten Neurosearten vergleichbar; und uns ist schließlich bekannt, dass der Menstruationszyklus der Frau häufig als Erstes durch Stress beeinflusst wird und ein erstes Anzeichen dafür ist, dass etwas nicht stimmt.
Es gibt auch Beispiele für den umgekehrten Zustand. Anthropologen haben Frauen studiert, die in Lateinamerika verschiedenen revolutionären Gruppierungen angehörten, und dabei eine VERBLÜFFENDE FERTILITÄT festgestellt. Es sind sogar einige Fälle belegt, bei denen die Frauenbis zu DREI ODER VIER MENSTRUATIONSBLUTUNGEN IM MONAT aufwiesen.
Ich bin nicht der richtige Mann, um zu sagen, wie man Abweichungen dieser Art deuten soll, doch ist es klug, in Fällen wie diesen sein Augenmerk auf alle Störungen und Veränderungen zu richten, selbst wenn sie positiv erscheinen sollten, und dann sofort Alarm zu schlagen.
Eine plötzliche bellende Hustenattacke bringt Meinhof dazu, sich auf das Podium zu werfen. Die Lautsprecherrufe gehen ihr durch Mark und Bein: die Atmungsorgane verdreht von innen nach außen.
Einer der Vertrauensanwälte erhebt sich:
Frau Meinhof ist müde. Auf Grund des psychischen Drucks, dem sie und die übrigen Gefangenen kontinuierlich ausgesetzt werden und für den das Gericht nun deutliche Beweise zu sehen bekommt, beantrage ich, dass Frau Meinhof die Verhandlungen für diesen Prozesstag verlassen darf.
Frau Meinhof ist müde. Sie trägt eine runde Brille mit Metallfassung; ist mit einem grauen Strickpullover und schwarzen Jeans bekleidet wie wir; und wie wir wird sie bisweilen müde. Als man sie zwischen zwei bewaffneten Wärtern hinausführt, meinen mehrere im Auditorium, es sehe so aus, als lächle sie.
Prinzing berät sich eilig mit Verteidigern und Staatsanwaltschaft; verkündet darauf: Die Verhandlung ist für diesen Prozesstag beendet.
Stühle scharren über den Boden. Der Saal in Auflösung.
Das »andere« Stammheim
Einer der wenigen, die sich allen Ernstes für den Gesundheitszustand der Terroristen interessieren, ist ironischerweise jener Mann, der nichts lieber sähe, als dass sie von der Erdoberfläche wegradiert würden. Von seinem Stammheim aus, nach all der technischen Ausrüstung zu urteilen im selben Maße Isolationszelle wie Verbindungszentrale und Aufnahmestudio, folgt Herold aufmerksam dem Katz - und Mausspiel der Verteidigung mit der Staatsanwaltschaft. Von außen gesehen ist die Strategie der Verteidigung erfolgreich: Die Verhandlungen werden von Prozesstag zu Prozesstag verschoben, und da die Kombattanten trotz Müdigkeit und Überdruss auch ihren Teil an Humor aufbringen, geschieht das Unausweichliche: Zum ersten Mal seit dem Stockholmer Attentat erwecken die RAF -Gefangenen Sympathie bei der sogenannten »öffentlichen Meinung«. Doch deshalb gibt Herold die Hoffnung nicht auf. Tage vergehen, und Dinge werden gesagt, die ansonsten kaum zur Sprache gekommen wären, und in dem komplizierten Stück für Stück entstehenden Gewebe aus Versprechungen, Zusicherungen und Drohungen gibt es Blößen (Fehlschlüsse, Versprecher), die Intentionen enthüllen, die andernfalls nicht ans Licht gekommen wären, und die Augen auf diese Dinge gerichtet, führt Herold seine Polizeiarbeit fort.
Im Detail zeigt sich das Ganze , pflegt er den ihn aufsuchenden Journalisten zu sagen (nach seinem herausragenden Einsatz bei der Ergreifung der RAF -Gefangenen hat man Herold zu einer Art Orakel erhoben). Herold fragen ist zu einem beliebten Sport geworden unter denen, die auf der Jagd nach Hintergrundmaterial für die tägliche Stammheim-Berichterstattung sind); er unterstreicht auch die Wichtigkeit, jedem strategischen Ansatz von Seiten der RAF mit einer Gegenstrategie zu begegnen, einer Gegenstrategie, die möglichst bei all dem greifen sollte,
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