Thomas' Entscheidung (Scanguards Vampire - Buch 8)
schnell aus dem Laden, als wäre eine Horde Fanatiker mit Pflöcken in ihren Händen hinter ihm her. Er schwang sich auf sein Motorrad, schoss mit aufheulendem Motor auf die Straße und donnerte wie eine Gewehrkugel die Einbahnstraße hinunter.
Er musste sich der Versuchung entziehen, dem Kerl eine Lektion in Manieren beizubringen – ganz zu schweigen von einer Lehrstunde über Geschäftsbetrieb. Es passierte in letzter Zeit immer häufiger: Die kleinsten Dinge machten ihn wütend und brachten die dunkle Macht in ihm zum Kochen, dass diese überquoll und an die Oberfläche brechen wollte. Seit er Kasper, seinen Schöpfer, getötet hatte – oder Keegan, wie er sich später genannt hatte – verspürte er das Gefühl der Machtgier immer öfter. Und jedes Mal wurde der Kampf, das Böse zu unterdrücken, gewaltiger.
5
In der V-Lounge in Scanguards‘ Hauptquartier herrschte reges Treiben, als Thomas dort ankam. Jeder machte sich bereit, Haven, Yvettes Gefährten, bei Scanguards willkommen zu heißen. Nach mehreren Monaten, während denen er sich von seinem alten Leben als Vampirjäger verabschiedet hatte, war er endlich zu einer Entscheidung gekommen und hatte die Position, die Samson ihm angeboten hatte, angenommen. Heute war offiziell sein erster Tag, und die Jungs hatten beschlossen, ihm eine kleine Party in der Lounge zu schmeißen.
Thomas sah sich um. Der große Raum wirkte wie die Lounge eines Fünf-Sterne-Hotels mit bequemen Sitzgelegenheiten, einem Kamin und einer Bar inklusive Barkeeper. Nur war die Rückwand der Bar nicht mit Alkoholflaschen gesäumt und auch nicht mit einem Spiegel verziert. Die Getränke, die aus den Edelstahl-Hähnen flossen, waren nicht alkoholisch; die Fässer unter der Theke enthielten verschiedene Arten von Blut, das die heiße Barkeeperin in Kristallgläsern servierte.
Trotzdem Thomas schwul war, erkannte er sehr wohl, dass die Frau hinter der Bar das war, was ein Hetero Sex am Stecken nennen würde. Außerdem bemerkte er, wie die anderen Vampire sie ansahen: als wollten sie an ihr anstatt aus den Gläsern, die sie ihnen reichte, ihren Durst stillen. Wie geile Hunde umlagerten sie die Bar und versuchten sie aufzureißen. Sie sabberten fast dabei. Sah Thomas genauso aus, wenn er Eddie ansah? Er hoffte, das war nicht der Fall. Erbärmlich genug, dass er in einen Hetero verliebt war.
Die Eisprinzessin, wie einige der Jungs sie hinter ihrem Rücken zu nennen pflegten, blieb trotz der suggestiven Kommentare und den offensichtlichen Anmachversuchen nach außen kühl und höflich, ohne zu zeigen, was in ihr vorging. Mit einem Seufzer näherte Thomas sich und lächelte sie an.
„Roxanne“, rief er, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Sie drehte sich zu ihm und schenkte ihm ein echtes Lächeln, bei dem sich ihr Körper sichtlich entspannte. „Thomas, was darf’s für dich sein, Schatz?“
Ihr britischer Akzent war noch ausgeprägt, und ließ ihn sofort an zu Hause denken und an seine zwei Schwestern, die er hatte zurücklassen müssen. Wehmut durchströmte ihn. Aber er konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Es hatte keinen Sinn, jetzt daran zu denken.
„AB positiv, bitte.“
Roxanne nahm ein Glas unter dem Tresen hervor und betätigte einen der Hähne. „Dessert vor dem Abendessen?“
Er grinste. AB positiv galt als die süßeste Blutgruppe. Er zwinkerte ihr zu. „Wenn du’s nicht weitersagst, mach ich es auch nicht.“
Als sie ein warmes Lachen von sich gab, hörte Thomas das neidische Flüstern der anderen Vampire neben sich.
„Was hat er, das wir nicht haben?“, murrte einer von ihnen.
Roxannes Kopf schoss in Richtung des Mannes, der gesprochen hatte. Sie nagelte ihn mit einem Blick fest. „Klasse. Das hat er. Also verschwindet.“ Sie scheuchte sie weg, und zu Thomas‘ Überraschung befolgten die Männer ihre Anweisung.
„Du musst nicht meine Schlachten für mich kämpfen, Roxanne.“
Sie lächelte ihn sanft an. „Du kämpfst doch ständig meine. Ich revanchiere mich nur, mein Lieber.“
Thomas deutete mit dem Daumen in Richtung der Vampire, die sich jetzt in der Nähe des Kamins versammelt hatten. „Wenn du sie so anlächeln würdest, wie du mich anlächelst, würden deine Trinkgelder auch besser sein.“
„Ich lächle nur, wenn mir danach ist.“ Sie stellte das Glas Blut vor ihn. „Aufs Haus.“
Eine schwere Hand landete auf Thomas‘ Schulter und ließ ihn herumfahren.
„Versucht Roxanne, dich wieder mal mit Blut zu verführen?“,
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