Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
Zwerg, den Rijana und Ariac in Ursann getroffen hatten, mitgebracht.
»Es freut mich, dass ihr Ursann überlebt habt«, sagte dieser ehrlich. »Wie ich gehört habe, hat Scurr Jagd auf euch gemacht.«
Rijana und Ariac nickten nachdenklich. Sie mussten beide an die schlimme Zeit der Flucht denken, in der sie nicht gewusst hatten, ob Ariac überleben würde.
Endlich hatten sie das Gebirge durchquert und ritten nun in raschem Tempo durch Balmacann.
Unablässig überlegten sie, wie sie Saliah befreien sollten. Die Zwerge meinten – typisch für sie -, man solle einfach das Schloss stürmen. Der direkte Weg war ihnen immer der liebste. Doch die Menschen waren sich einig, dass das keine gute Idee war. Viel zu viele Blutrote Schatten befanden sich in Balmacann, am Ende sogar König Scurr selbst – die Gefahr war viel zu groß.
Eines Nachts, sie hatten das Donnergebirge erst seit einem Tag hinter sich gelassen, saß Tovion auf einem Felsen und blickte in den Mond. Er war für die zweite Wache eingeteilt, aber im Augenblick war alles ruhig. Über ihm konnte er Ariacs Umrisse ausmachen, der dort gerade Wache hielt.
Tovion musste an Saliah denken. Hoffentlich ging es ihr gut,
hoffentlich hatte König Scurr sie nicht gefoltert, um etwas aus ihr herauszubekommen, so wie er es bei Ariac getan hatte. Im Vertrauen hatte Nelja ihm von den Peitschenhieben auf Ariacs Rücken erzählt.
Tovion musste schlucken. Sicherlich war Saliah stärker, als man ihr auf den ersten Blick ansah. Aber ob sie Scurr widerstehen konnte?
Ein Geräusch rechts von ihm ließ ihn herumfahren. Eilig zog er sein Schwert. Als jedoch zunächst ein großer Berghase, dann ein Fuchs, der ihn verfolgte, aus dem Gebüsch gerannt kamen, entspannte er sich und setzte sich wieder hin. Schmunzelnd sah er, wie sich der Hase in einem Erdloch versteckte.
Doch dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz, und er lief ins Lager, wo er gleich Brogan wachrüttelte.
»Wach auf! Ich hab’s!«
Auch alle anderen, die um ihn herum geschlafen hatten, fuhren hoch. Sie erwarteten einen Angriff und hatten, teilweise noch im Halbschlaf, zu den Waffen gegriffen.
»Verdammt, Tovion, was soll denn das?«, schimpfte Broderick, der gerade erst von seiner Wache zurückgekehrt war und tief geschlafen hatte.
»Ich weiß, wie wir Saliah befreien können!«, strahlte Tovion.
Gerade kam Ariac keuchend herbeigelaufen. Auch er hatte Angreifer befürchtet.
»Alles in Ordnung«, beruhigte ihn Brogan, »Tovion hat nur einen Befreiungsplan.«
Der eben noch mürrisch dreinschauende Rudrinn blickte den Freund nun hoffnungsvoll an.
»Na los, sprich!«
»Auf Camasann gab es eine geheime Bibliothek, in der Bücher und Schriftrollen aufbewahrt wurden, die«, er lächelte verlegen, »wie soll ich sagen, nun ja, nicht ganz offizielle Theorien über die Völker unserer Welt enthielten.«
Seine Freunde wirkten ein wenig überrascht, nur Brogan zog seine grauen Augenbrauen zusammen.
»Schüler haben dort aber keinen Zugang.«
Mit einem verschmitzten Lächeln blickte Tovion zu Nelja, die den Zauberer gar nicht anzusehen wagte.
»Damals, als er krank war, hat er sich furchtbar gelangweilt, weil er schon alle Bücher der Bibliothek durchhatte. Was sollte ich denn machen?«, meinte sie entschuldigend.
»Alle Bücher?« Obwohl Rudrinn wissen wollte, was Tovion vorhatte, wunderte ihn dies doch. Die Bibliothek von Camasann erstreckte sich über mehrere Räume, in denen Regale standen, die bis an die Decke reichten.
»Er weiß eben Bücher zu schätzen«, meinte Nelja herausfordernd.
»Bücher hin oder her, was ist denn jetzt?« Der junge Pirat platzte beinahe vor Spannung.
»Da gab es ein Buch, in dem es um Zwerge ging.« Angestrengt runzelte Tovion die Stirn, während er versuchte, sich zu erinnern. »Der Verfasser des Buches stellte die These auf, dass die Zwerge vor vielen Jahrtausenden weitläufige Tunnelsysteme durch alle Länder angelegt hätten, um, falls es einmal Krieg gegen eines der Völker geben sollte, ungehindert angreifen zu können. Auch in Balmacann soll es diese Tunnel geben. Vielleicht gelingt es uns so, ungesehen ins Schloss einzudringen.«
Während Rudrinn ihn hoffnungsvoll anstarrte, wirkte Brogan ein wenig skeptisch. »Wie war der Name des Verfassers?«
»Ich glaube, Eldevion Ravenstone hieß er.«
Nun entfuhr dem alten Zauberer ein Stöhnen. »Eldevion Ravenstone – das war ein verrückter Zauberer. Er stellte die Theorie auf, er müsse ein direkter Nachfahre Thondras sein,
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